Lunapharm-Affäre

Staatsanwaltschaft: Keine Hinweise auf Bestechlichkeit in Gesundheitsamt

Berlin - 01.08.2018, 12:35 Uhr

Die Staatsanwaltschaft Neuruppin hat nach ersten Ermittlungen bekanntgegeben, dass sie in der Lunapharm-Affäre keine Hinweise auf Bestechlichkeit in der Aufsichtsbehörde sieht. (s / Foto: Imago)

Die Staatsanwaltschaft Neuruppin hat nach ersten Ermittlungen bekanntgegeben, dass sie in der Lunapharm-Affäre keine Hinweise auf Bestechlichkeit in der Aufsichtsbehörde sieht. (s / Foto: Imago)


In der sogenannten Lunapharm-Affäre, in der es um die Einfuhr und Auslieferung von mutmaßlich in Griechenland gestohlenen Arzneimitteln geht, hat die Justiz keine Hinweise auf Korruption im Brandenburger Landesamt für Gesundheit gefunden. Auf politischer Ebene setzt Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) seine Gesundheitsministerin Diana Golze (Linke) wegen des Skandals jedoch zunehmend unter Druck. Und: Offenbar hat der Händler Lunapharm noch bis zuletzt illegal ausgeliefert.

Der Leiter der Schwerpunktstaatsanwaltschaft für Korruption in Neuruppin, Frank Winter, teilte am heutigen Mittwoch mit, dass die Staatsanwaltschaft ihre Prüfung aufgrund einer Strafanzeige des Amtes gegen zwei Mitarbeiter eingestellt habe. Brandenburgs unter Druck stehende Gesundheitsministerin Diana Golze (Linke) hatte ein Versagen der behördlichen Aufsicht eingeräumt. Der Präsident des Landesamtes für Arbeitsschutz, Verbraucherschutz und Gesundheit (LAVG), Detlev Mohr, hatte im Gesundheitsausschuss des Landtags erklärt, ohne Vorsatz sei das Verhalten der beiden Mitarbeiter kaum erklärlich. Deshalb habe er die Justiz gebeten, den Verdacht der Vorteilsnahme zu prüfen.

Oberstaatsanwalt Winter sagte, man habe für die Prüfung umfangreich Akten gesichtet, Zeugen seien aber nicht gehört worden. Unter anderem die Einbeziehung in- und ausländischer Behörden in die Aufklärung der Herkunft der Medikamente durch die beiden Mitarbeiter spreche gegen ein korruptes Verhalten. Die Staatsanwaltschaft sei aber auch nicht zu einer allgemeinen Rechtmäßigkeitsprüfung von Verwaltungshandeln berufen. Unabhängig davon ermittelt die Staatsanwaltschaft Potsdam gegen Verantwortliche des Pharmaunternehmens.

Golze: „Mir fällt ein Stein vom Herzen“

Gesundheitsministerin Golze erklärte, sie begrüße, dass die Justiz keinen Anfangsverdacht festgestellt habe. „Mir fällt ein großer Stein vom Herzen, denn damit ist klar, dass die Fehler, die passiert sind, nicht auf kriminelle Energie von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Landesamtes zurückzuführen sind“, heißt es in einer Mitteilung. Nun sei es „unsere Aufgabe“  zu klären, warum es dennoch dazu kam, dass die Aufsicht nicht rechtzeitig einschritt. Golze zeigte sich überzeugt: „Die Erkenntnisse und Vorschläge der Task Force werden uns dabei helfen, Maßnahmen zu ergreifen, die geeignet sind sicherzustellen, dass nur wirksame und legale Medikamente in Brandenburg in Umlauf kommen und die Sicherheit der Patientinnen und Patienten gewährleistet ist“.

Zuletzt hatte Regierungschef Dietmar Woidke (SPD) seine Ministerin in der Affäre in die Pflicht genommen. Woidke erklärte am gestrigen Dienstag nach einer Sitzung des Kabinetts der Landesregierung: „Wir erwarten von der Ministerin, – wie es angekündigt worden ist – dass alle offenen Fragen beantwortet werden und dass das Vertrauen der Menschen in die Sicherheit der Medikamente wiederhergestellt wird.“ Auf Nachfrage stellte sich der Regierungschef nur noch eingeschränkt hinter seine Ministerin. Momentan sei sie bei der Organisation der Aufklärung auch mit der Berufung von Spezialisten in eine Arbeitsgruppe „gut unterwegs“, meinte Woidke. „Aber ich glaube auch, dass wir momentan gut beraten sind, sie diese Vorgänge aufklären zu lassen und uns dann abschließend ein Urteil zu bilden.“

Tagesspiegel: Lunapharm lieferte bis kurz vor Lizenzentzug

Dem Brandenburger Pharmahändler Lunapharm wurde inzwischen die Lizenz entzogen. Das Unternehmen soll in Griechenland gestohlene und womöglich unsachgemäß gelagerte Krebsmedikamente an Apotheken in mehrere Bundesländer geliefert haben. Schon 2016 gab es darauf erste Hinweise, doch erst vor zwei Wochen wurde nach einem Fernsehbericht der Firma die Betriebserlaubnis entzogen.

Derzeit werden Rückstellproben des Pharmahändlers in Labors untersucht. Davon erhoffen sich Woidke und das Ministerium Aufschluss darüber, ob die Wirksamkeit der Medikamente trotz möglicher unsachgemäßer Lagerung gewährleistet war. Diese Untersuchungen könnten jedoch Wochen dauern, räumte der Ministerpräsident ein. Auch sei die Aussagekraft der Ergebnisse bezüglich der illegal gehandelten Medikamente fraglich.

Transport nach Bayern gestoppt

Der „Tagesspiegel“ meldete am heutigen Mittwoch außerdem, dass Lunapharm wohl bis kurz vor dem Entzug der Betriebserlaubnis noch Arzneimittel auslieferte. Dem Bericht zufolge hat eine Auswertung des letzten Lieferberichtes vom 20. Juli ergeben, dass das Unternehmen bis zuletzt „getrickst“ habe. An diesem Tag habe eine Inspektion der Firma stattgefunden. Dabei sei aufgefallen, dass wenige Stunden zuvor ein Transport in Richtung Bayern gestartet war.

Laut „Tagesspiegel“ habe die Überprüfung des Transportes und der darin enthaltenden Ware ergeben, dass die Transportpapiere gar nicht zur Ware passten. In dem gestoppten Transporter seien laut einer Sprecherin des Gesundheitsministeriums verschiedene Präparate gefunden worden, die aus verschiedenen EU-Ländern, aber auch aus Griechenland stammten. Es lägen „keine Erkenntnisse vor“, ob die Mittel wirksam sind. Auch bei den dort sichergestellten Medikamenten habe es sich teilweise um Zytostatika gehandelt, die aus Griechenland importiert, über Litauen nach Deutschland gelangten und hierzulande umverpackt wurden.



bro / dpa
brohrer@daz.online


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1 Kommentar

„Mir fällt ein Stein vom Herzen“

von Klaus Hansen am 01.08.2018 um 20:15 Uhr

Wie sieht es mit einer Entschuldigung aus Frau Ministerin?
Sie haben zwei Ihrer Mitarbeiter nicht nur in der Öffentlichkeit bloßgestellt, sondern auf eine bloße Vermutung hin angezeigt. Übernehmen Sie jetzt wenigstens dafür die Verantwortung?

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