Digitalisierung

ABDA legt Plan für eigenes E-Rezept vor

Berlin - 10.08.2018, 13:40 Uhr

Geht es nach dem Wunsch der ABDA, soll bis Mitte 2020 ein eigenes E-Rezept-Modell flächendeckend ausgerollt werden können. Dabei sollen Patienten ihr E-Rezept auch via Smartphone in die Apotheke bringen können. (b / Foto: Imago)

Geht es nach dem Wunsch der ABDA, soll bis Mitte 2020 ein eigenes E-Rezept-Modell flächendeckend ausgerollt werden können. Dabei sollen Patienten ihr E-Rezept auch via Smartphone in die Apotheke bringen können. (b / Foto: Imago)


Nie wieder will sich die ABDA den Vorwurf anhören, dass die Apotheker die Digitalisierung verschlafen hätten. Vor einigen Wochen kündigte ABDA-Präsident Friedemann Schmidt daher an, dass die Standesvertretung Nägel mit Köpfen machen werde und ein eigenes E-Rezept-Projekt starte. Eine erste Projektskizze dazu hat die ABDA nun an das Bundesgesundheitsministerium geschickt. Aus den Mitgliedsorganisationen hört man aber auch vereinzelt kritische Stimmen.

Dass Arzneimittelverordnungen nicht mehr lange auf Papier stattfinden werden, davon geht nun auch die ABDA ganz sicher aus. Schon beim DAV-Wirtschaftsforum vor einigen Monaten hatte DAV-Chef Fritz Becker klargestellt, dass die Apotheker dazu bereit sind, das E-Rezept einzuführen. Allerdings gehe die Planung und Umsetzung nur mit den Apothekern und nicht an ihnen vorbei. In der Projektskizze des von Friedemann Schmidt angekündigten eigenen ABDA-E-Rezeptes heißt es zur Zukunft der elektronischen Verordnung: „Perspektivisch wird die E-Verordnung die derzeit übliche analoge Verordnung ablösen. Diese Entwicklung ist maßgeblich von der Politik unterstützt und wird mit entsprechenden Gesetzesvorhaben untersetzt.“

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Bei der Umsetzung dieses apothekereigenen E-Rezeptes setzt die ABDA auf eine gemeinsame Lösung aller Marktteilnehmer. Ende Juni kamen daher der Bundesverband Deutscher Apotheken-Softwarehäuser (ADAS), der neu gegründete Bundesverband Deutscher Apothekenrechenzentren (VDARZ) und ABDA-Vertreter zusammen, um über die Ausgestaltung zu sprechen. Das Ergebnis war ein „Letter of Intent“, in dem die Marktbeteiligten die ersten groben Züge und Voraussetzungen des Projektes formulierten. Wichtig sind den Apothekern zwei Punkte: Die Erhaltung der freien Apothekenwahl und dass die Apotheker-Lösung des E-Rezeptes mit der Telematikinfrastruktur (TI) kompatibel ist. Zur Erklärung: Die TI ist gewissermaßen die gesetzlich vorgegebene Datenautobahn für die Digitalisierung im Gesundheitswesen, die gerade aufgebaut wird.

Was die konkrete Umsetzung des E-Rezept-Projektes betrifft, schwebt der ABDA Folgendes vor: In zwei Stufen soll das Projekt erprobt werden. Stufe 1 beinhaltet ein regionales Modellprojekt der ABDA (die Region ist noch nicht festgelegt), bei der die Praxistauglichkeit für Ärzte, Apotheker und Patienten ausgelotet werden soll. In Stufe 2 soll dann schon ein komplexeres Netz getestet werden, bei dem sich der Patient, die Apotheker und Ärzte, die Apothekenrechenzentren und die Kassen alle elektronisch vernetzen. Hier die Details zu beiden Stufen:

Stufe 1

Die Planung des regionalen Modellprojektes – so wünscht es sich die ABDA – soll im Januar 2019 beginnen. Im Dezember 2019 will die ABDA das regionale Modellprojekt ausrollen. Dieses Testprojekt ist eine „Light-Version“ des E-Rezeptes: Konkret soll der Arzt ein „digitales Abbild“ des Rezeptes erstellen und es als elektronischen Datensatz und/oder Bilddatei an eine Plattform senden. Der Patient soll auch in dieser Testphase das E-Rezept zur Apotheke bringen – wie das genau geschehen soll, verrät die ABDA in ihrer Skizze aber nicht – möglich wäre die eGK, mobile Handy-Apps oder andere elektronische Datenübermittlungslösungen. In der Apotheke soll dann ein Abrechnungsdatensatz erzeugt werden, der an die Rechenzentren übertragen wird.

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Stufe 2

Die zweite Stufe ist wesentlich konkreter gefasst in der Projektskizze. Hierbei geht die ABDA nämlich schon davon aus, dass alle Beteiligten einen sogenannten Konnektor haben, um sich an die TI anzubinden. Der Arzt soll einen Verordnungsdatensatz erstellen, auf dem eine elektronische Signatur steht. Diesen Datensatz soll der Arzt einerseits auf einem Server speichern, aber auch an den Patienten weitergeben – laut ABDA entweder auf der eGK, in einer Smartphone-App oder ausgedruckt auf Papier. Der Patient sucht sich eine Apotheke aus und bringt das E-Rezept in die Apotheke. Der Apotheker ruft sich die auf dem Server gespeicherten Daten herunter, beliefert den Patienten und schickt den Datenabrechnungssatz an sein Rechenzentrum. Was den Zeitplan betrifft, will die ABDA erreichen, dass die E-Verordnung auf diesem beschriebenen Weg bis Ende Juni 2020 flächendeckend verfügbar ist.

Nach Informationen von DAZ.online hat die ABDA in den vergangenen Tagen zudem eine Umfrage unter ihren Mitgliedern gestartet: Die Kammern und Verbände wurden gebeten, der ABDA eine Liste der Projekte mitzuteilen, die in den Bundesländern bereits bestehen in Sachen E-Rezept. Offenbar will die Standesvertretung damit vermeiden, dass es zu einem „Flickenteppich“ in der Planung und Konzeption des E-Rezeptes kommt.

Freude und Kritik bei den ABDA-Mitgliedern

Hört man sich in den Mitgliedsorganisationen um, überwiegt derzeit die Freude darüber, dass die Standesvertretung jetzt die Initiative in Sachen Digitalisierung ergriffen hat. Auch die gemeinsame Abstimmung mit Rechenzentren und Softwarehäusern wird positiv gesehen, weil man ein solches riesiges Vorhaben nur gemeinsam mit allen Marktteilnehmern stemmen könne. Einige Mitglieder wären – was die Projektskizze betrifft – aber gerne intensiver eingebunden worden. Nach Informationen von DAZ.online hat die ABDA den Mitgliedern zwar die Übereinstimmung mit Rechenzentren und Softwarehäusern (Letter of Intent) mitgeteilt – die ans BMG übermittelte Projektskizze soll aber nie an die Kammern und Verbände verschickt worden sein. Einige kritische Stimmen gibt es auch zum Zeitplan und zur Anbindung an die Telematik: Sehr viel länger als bis Mitte 2020 würde es mit der Telematik wohl auch nicht dauern, bis eine vernünftige Infrastruktur geschaffen ist, in der auch E-Rezepte transportiert werden können. Denn schließlich ist das E-Rezept als eine Anwendung in der TI für die Zukunft vorgegeben. Einige Apotheker in den Mitgliedsorganisationen fragen sich daher: Welchen zeitlichen und strategischen Vorteil hat die Initiative der ABDA?

Ärzte und Kassen müssen überzeugt werden

Bis zur Umsetzung des eigenen E-Rezept-Projektes muss die ABDA auch außerhalb des Apothekerlagers noch viele Hürden nehmen. Eine der größten wird sicherlich die Überzeugung der Ärzte sein: Wenn die Ärzte und ihre Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) hier nicht mitspielen, haben die Apotheker eigentlich schon verloren. Insofern müssen die Standesvertreter jetzt nicht nur in der Politik für ihr Vorhaben werben, sondern auch bei den Medizinern und – mindestens genau so wichtig – bei den Krankenkassen.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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1 Kommentar

Futur im E-Rezeptgeschäft.

von Heiko Barz am 13.08.2018 um 11:46 Uhr

Ohne die genauen Verfahren zu kennen und zu bewerten ist aber jetzt schon zu ahnen, wie die „digitale Zukunft für uns Basis-Apotheker aussehen wird.
Zum Großteil werden wir hauptsächlich im RX- Bereich zu Versandapothekern, bei denen die individuelle Patientenbetreuung am Postkasten oder an der Wohnungstür auf der Strecke bleibt.
Ich glaube, dass die „Juppi“-Politiker, zu denen ich auch Spahn zähle, einfach in ihrem „Digilalisierungshype“- auch aus Unerfahrenheit der Apothekengeschichte- nicht wissen, welchen individuellen Wertestandart sie - mit den ihnen eigenen digitalen Trieben - in kürzester Zeit auf dem Altar der Beliebigkeit zerschlagen.
Das unabhängige E-Rezept ist im digitalen Raum von vielen Seiten angreifbar. Man stelle sich nur Apotheker mit Häckerfähigkeiten vor, die sich dann Rezeptdatensätze zu ihrem Vorteil ergaunern werden. ( Wäre das so abwegig?)

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