Baden-Württemberg

Landesregierung fördert E-Rezept-Projekt mit einer Million Euro

Berlin - 31.08.2018, 13:50 Uhr

Baden-Württembergs Gesundheitsminister Manne Lucha (Grüne) will das E-Rezept-Projekt der Apotheker mit knapp 1 Million Euro fördern. (s / Foto: Imago)

Baden-Württembergs Gesundheitsminister Manne Lucha (Grüne) will das E-Rezept-Projekt der Apotheker mit knapp 1 Million Euro fördern. (s / Foto: Imago)


Baden-Württemberg wird zur Testregion für das E-Rezept. Das Gesundheitsministerium des Landes und die Apotheker (Kammer und Verband) gaben am heutigen Freitag bekannt, dass das von ihnen entworfene Modellprojekt zur Einführung elektronischer Verordnungen mit staatlichen Finanzmitteln unterstützt wird. Dabei sollen Ärzte aus Online-Arztpraxen E-Rezepte auf einem Server speichern, der Patient soll einen Zugriffscode in die Apotheke seiner Wahl bringen, mit dem der Apotheker das E-Rezept dann sehen und beliefern kann.

Es geht voran beim Thema E-Rezept: DAZ.online hatte kürzlich berichtet, dass sich Landesapothekerkammer und -verband in Baden-Württemberg um staatliche Fördermittel bemühen, um ein erstes, groß angelegtes Modellprojekt zur Erprobung des E-Rezeptes an den Start zu bringen. Die Initiative hatte Erfolg: Mitteilungen der Apotheker und des Gesundheitsministeriums zufolge soll das Projekt mit dem Namen „GERDA – Geschützter E-Rezept Dienst der Apotheken“ mit rund einer Million Euro gefördert werden.

Konkret geht es um die Erprobung elektronischer Rezepte im Rahmen des Fernbehandlungsprojektes „Docdirekt“. Docdirekt ist eine Online-Praxis, die von der KV Baden-Württemberg, also von den Ärzten selbst, betrieben wird. Die technische Infrastruktur sowie die Kommunikationsplattform bei Docdirekt wurden von dem Unternehmen „Teleclinic“ entworfen. Bei Docdirekt können sich Patienten via Video im Internet von Ärzten beraten lassen. Möglich ist diese Fernbehandlung, weil die baden-württembergische Landesärztekammer 2016 das Fernbehandlungsverbot teilweise aufgehoben hatte, um genau solche Modellprojekte zuzulassen. Deswegen ist Docdirekt auch nicht flächendeckend für GKV-Patienten im Ländle verfügbar, sondern nur in den Regionen Stuttgart und Tuttlingen.

Manne Lucha (Grüne), Gesundheitsminister in Baden-Württemberg, erklärte dazu:  „Nach der Genehmigung von telemedizinischen Modellprojekten zur ärztlichen Fernbehandlung in Baden-Württemberg durch die Landesärztekammer Baden-Württemberg ist die Erprobung eines elektronischen Rezepts die nächste logische Stufe. Wenn eine ärztliche Behandlung zukünftig online möglich ist, muss auch ein elektronisches Rezept ausgestellt werden können. Ich freue mich sehr darauf, gemeinsam mit der Landesapothekerkammer und dem Landesapothekerverband das E-Rezept für gesetzlich Versicherte modellhaft umzusetzen. Baden-Württemberg geht auch hier – wie bereits bei der Online-Sprechstunde und der sektorenübergreifenden Versorgung – deutschlandweit voran und zeigt auch dem Bund neue Wege auf!“

Und auch Fritz Becker, Präsident des Landesapothekerverbandes, zeigte sich erfreut: „Das elektronische Rezept wird die Versorgung der Patienten mit Arznei- und Hilfsmitteln und damit auch die Arbeit der Apotheken in unserem Land epochal verändern. Bei der Entwicklung und Umsetzung sind deshalb Augenmaß, viel Erfahrung und Detailkenntnis gefragt. Dies alles bringen wir als baden-württembergische Apothekerschaft mit und wollen deshalb diese Technologie federführend entwickeln. Wir freuen uns sehr, dass das für unseren Berufsstand zuständige Sozialministerium unser Engagement unterstützt und finanziell fördert.“

E-Rezept auch auf dem Handy übertragbar

Erst kürzlich hatte die ABDA bekanntgegeben, dass die Apotheker ein eigenes E-Rezept-Versorgungsmodell entwickeln wollen. Dazu hatte die Standesvertretung eine Projektskizze ans Bundesgesundheitsministerium gesendet, in der die Erprobung des Modells in zwei Stufen beschrieben wird. Den Apothekern war es immer sehr wichtig, dass die freie Apothekenwahl erhalten bleibt. Dazu passend erklärte Dr. Günther Hanke, Präsident der Landesapothekerkammer Baden-Württemberg, nun: „Die Kammer ist von der Ärzteschaft schon frühzeitig in deren telemedizinische Projekte eingebunden worden. Dabei wurde schnell klar, dass das elektronische Rezept eine Schlüsseltechnologie für das Funktionieren von Telemedizin darstellt. Allen Beteiligten ist bewusst, dass hier kein Zuweisungs- und Geschäftsmodell entstehen darf. Ziel der Projektpartner ist es, dass die Patientin und der Patient alleinige Herren ihrer hochsensiblen Gesundheitsdaten sind und die freie Arzt- und Apothekenwahl erhalten bleibt. Hierfür ist die Landesapothekerkammer als Körperschaft des öffentlichen Rechts unter Aufsicht des Sozialministeriums der Garant.“

Rezept-Übermitlung auch per Smartphone

DAZ.online hatte bereits berichtet, wie das Modell in Baden-Württemberg ungefähr ablaufen könnte: Nach der Beratung in der Online-Arztpraxis soll der Arzt das E-Rezept auf einem Server speichern, dem Patienten aber gleichzeitig einen Zugriffscode auf dieses E-Rezept geben. Der Patient kann sich dann eine Apotheke auswählen, seinen Code dort „hinbringen“ und damit dem Apotheker den Zugriff auf die Verordnung ermöglichen. Wie das technisch funktionieren soll, war bislang noch unklar.

Am heutigen Freitag teilten der Verband und die Kammer einige neue Details zu dem Projekt mit: Demnach soll der Patient den Zugriffscode nicht nur selbst in die Apotheke „bringen“ können, vielmehr sollen auch „Dienste der Leistungserbringer oder eines Drittanbieters“ verwendet werden können, beispielsweise in Form einer Handy-App oder einer Desktopanwendung, um das Rezept weiterzuleiten. Weiterhin sollen „definierte Schnittstellen“ gebildet werden, über die die Ärzte ein verschlüsseltes Rezept auf dem Rezeptspeicher ablegen können, heißt es in der Mitteilung. Und:Zur Anmeldung und Legititmation der Apotheker auf dem Rezeptserver wollen Kammer und Verband offenbar das sogenannte N-ident-Verfahren nutzen, das derzeit aufgebaut wird, damit sich die Apotheken beim Securpharm-System legitimieren können. Mit Hilfe der „digitalen Identität“, die die Apotheker für die Teilnahme bei Securpharm benötigen, sollen sie sich auch am Rezeptspeicher anmelden. Mit der technischen Umsetzung des Modellprojektes wollen die Apotheker die ABDA-Tochter Netzgesellschaft Deutscher Apotheken mbH (NGDA) beauftragen.

Die Projektentwicklung von GERDA ist auf ein gutes halbes Jahr ausgelegt. Erste Tests soll es Anfang des zweiten Quartals 2019 geben. Allerdings haben die Apotheker auch einige juristische Fragen zu beantworten: Bislang ist nämlich die Vorlage eines Papierrezepts noch zwingend notwendig. Hinzu kommt das sogenannte „DrEd-Verbot“, das vorschreibt, dass der Ausstellung einer Verordnung ein direkter Arztkontakt vorangegangen sein muss. Sehr wichtig wird es auch sein, die Kassen mit an Bord zu holen: Denn auch sie müssen die eingereichten E-Rezepte akzeptieren.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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