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BMG-Antwort auf FDP-Anfrage
Ministerium: Keine „Resteverwertung“ beim Cannabisanbau
Der Importbedarf an medizinischem Cannabis steigt rasant – dies bestätigt die Antwort des Bundesgesundheitsministeriums auf eine kleine Anfrage der FDP-Bundestagsfraktion. Medizinalhanf aus deutschem Anbau wird es vor 2020 nicht geben. Sollten dabei Überschüsse entstehen, plant die Bundesregierung, diese zu vernichten. Dies finden die Liberalen unwirtschaftlich und regen an, über einen Cannabisexport nachzudenken.
Der Weg zur deutschen Cannabisernte ist mit Verzögerungen gepflastert. Deshalb hinterfragte die FDP-Bundestagsfraktion vor einigen Tagen, ob die Regierung noch hinter dem Medizinalhanf-Anbau stehe und wann mit dem Produktionsbeginn gerechnet werden könne. Die Antwort des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) auf diese Provokation ist kurz und knapp: Ja, und man gehe von einer ersten Ernte im Jahre 2020 aus, antwortet der parlamentarische Staatsekretär Dr. Thomas Gebhart (CDU).
FDP: erste BfArM-Ausschreibung „schlampig“
Ursprünglich sollte der deutsche Anbau 2019 starten. Jedoch musste das zuständige Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) das erste Vergabeverfahren Ende März wegen einer Niederlage vor Gericht stoppen. Ende Juli hat die Behörde eine neue Ausschreibung gestartet. Die Auftragserteilung soll im ersten Quartal 2019 stattfinden. „Das Vorgehen des BfArM mit Medizinalcannabis ist weiter unbefriedigend: Durch eine schlampige Ausschreibung wurde die Produktion in Deutschland um mindestens ein Jahr verzögert“, kritisiert der FDP-Gesundheitspolitiker und Hauptfragesteller Dr. Wieland Schinnenburg.
Chancengleichheit für deutsche Firmen?
An der ersten Ausschreibung gab es einiges zu kritisieren, so seien deutsche Firmen benachteiligt gewesen, weil Erfahrung im Cannabisanbau, der in der Bundesrepublik nicht erlaubt ist, eine Bewerbungsvoraussetzung war. Laut dem BMG solle dies für die neue Ausschreibung nicht mehr zutreffen: Bieter, die Erfahrung im Anbau weiterer Arzneipflanzen haben, sollen die gleichen Chancen wie erfahrene Cannabisproduzenten bekommen. Laut Ausschreibungstext müssen Cannabis-unerfahrene Firmen eine separate Anbau- und Verarbeitungsreferenz zur Arzneipflanzenproduktion nachweisen. Ist der Bieter dagegen bereits im Medizinalhanf-Geschäft, genügt eine Cannabisreferenz.
10,4 Tonnen für vier Jahre
Ein weiterer Kritikpunkt am ersten Verfahren war, dass die vom BfArM veranschlagte Produktionsmenge von 6,6 Tonnen für vier Jahre zu gering sei. Die Freien Demokraten hinterfragten, ob die für den zweiten Anlauf geplante Menge den Bedarf decken könne. Das BfArM hat im neuen Verfahren die Gesamtmenge für vier Jahre auf 10,4 Tonnen, also 2,6 Tonnen pro Jahr, erhöht, erklärt das BMG. Außerdem solle in den Bieterverträgen eine Öffnungsklausel enthalten sein, die im Bedarfsfall gestattet, den Jahresplanungsbedarf um bis zu 30 Prozent zu erhöhen. Die notwendigen Vorraussetzungen für diesen Bedarfsfall erläutert das BMG allerdings nicht.
Ausreichende Reaktionen auf Lieferengpässe?
Reagiert die Regierung nun auf die angespannte Versorgungslage? Auch die jüngsten Verhandlungen des BMG könnten darauf hindeuten, dass die Engpässe inzwischen beim BMG angekommen sind. So hat Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) Medienberichten zufolge Ende August in einem Telefonat mit dem niederländischen Gesundheitsminister Hugo de Jonge vereinbart, die jährliche Einfuhrmenge von 700 Kilogramm auf 1,5 Tonnen zu erhöhen.
Was Spahn auf dem kleinen Dienstweg mit dem holländischen Kollegen vereinbart hat, müssen sich die Erlaubnisinhaber allerdings sortenspezifisch beim BfArM genehmigen lassen. Und die absolute Steigerung der Importmenge liegt bei weniger als 70 Kilogramm im Monat, relativiert eine Sprecherin des BfArM gegenüber DAZ.online.
Diese Erhöhung wirkt wie ein Tropfen auf dem heißen Stein angesichts der Tatsache, dass laut BMG seit der Gesetzesänderung im März 2017 bis einschließlich Juni 2018 sechs Importfirmen ihre Importmengen auf etwa 10,4 Tonnen pro Jahr erhöht haben.
Mit der im zweiten Vergabeverfahren geplanten Produktionsmenge von 2,6 Tonnen pro Jahr wird Deutschland voraussichtlich weiterhin auf Importe angewiesen sein. Auch die aktuellen Verordnungszahlen des GKV-Spitzenverbandes, in denen Privatverordnungen und Selbstzahler nicht einmal enthalten sind, weisen auf einen weiterhin steigenden Bedarf hin.
Deutschland soll kein Cannabis-Exportland werden
Medizinalhanf ist derzeit Mangelware. Doch die Liberalen denken mit ihrer Anfrage schon einen Schritt weiter. Sollte der deutsche Anbau eines Tages zustande kommen, werden die Firmen nicht grammgenau produzieren, sondern es werden neben Pflanzenresten auch überschüssige Cannabisblüten anfallen. Was mit den Resten und Überschüssen passieren soll, möchten die Liberalen wissen. Außerdem interessiert sich die FDP dafür, ob die Bundesregierung in Betracht zieht, Medizinalhanf zu exportieren.
Sowohl Pflanzenreste als auch eine Überproduktion sollen durch Verbrennung vernichtet werden, erklärt das BMG. Die Regierung sehe auch keinen Anlass, über einen Export nachzudenken. Diese Vorgehensweise ist weder nachhaltig noch wirtschaftlich, findet Fragesteller Schinnenburg: „Ich fordere Minister Spahn auf, sofort einzugreifen und das BfArM anzuweisen, eine deutlich größere Menge auszuschreiben und auch einen Export vorzusehen, keinesfalls jedoch eine Vernichtung.“
3 Kommentare
Fremdschämen,
von bettina am 15.02.2019 um 17:29 Uhr
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Cannabis
von Lamann, Thomas am 11.10.2018 um 11:52 Uhr
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Gott wie peinlich...
von horst am 04.09.2018 um 17:25 Uhr
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