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Legalisierung
SPD Berlin diskutiert über Cannabis-Abgabe in Apotheken
Die politische Diskussion über eine eventuelle Cannabis-Legalisierung nimmt an Fahrt auf. Nachdem es zuletzt aus der CDU ein erstes liberales Gesprächssignal gab, prescht nun die SPD Berlin vor: Der Parteitag der Hauptstadt-SPD wird sich im November mit einem Antrag beschäftigen, bei dem es um Cannabis-Modellversuche geht. Als mögliche Abgabestelle werden in dem Antrag die Apotheken vorgeschlagen – schließlich seien diese eine vertrauenswürdige Einrichtung.
Wird es noch in dieser Legislaturperiode erste Modellversuche zu einer Cannabis-Legalisierung geben? Es gibt zumindest immer mehr Hinweise aus der Politik, die darauf hindeuten. Da wäre zunächst die FDP, die mit dem Thema Wahlkampf gemacht hat und als einen ihrer ersten Anträge im Bundestag vor einigen Monaten vorschlug, Modellprojekte über eine kontrollierte Cannabis-Abgabe zu starten. Als möglichen Abgabeort hatte FDP-Parteivize Marie-Agnes Strack-Zimmermann schon vor der Bundestagswahl 2017 immer wieder die Apotheken ins Spiel gebracht. Diesem Kurs folgte zuletzt nun erstmals auch ein Unions-Politiker: Erwin Rüddel (CDU), seines Zeichens Vorsitzender des Gesundheitsausschusses, befürwortet nun solche Testprojekte und auch die Abgabe in Apotheken.
Anders als die Grünen, die FDP und die Linke hatte sich die SPD zumindest auf Bundesebene in der vergangenen Legislaturperiode zurückhaltend verhalten bei diesem Thema – wahrscheinlich auch wegen der Koalitionstreue. Im März 2018 kündigte die damals frisch gewählte gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, Sabine Dittmar, im DAZ.online-Interview allerdings an, dass sich bei dem Thema „etwas bewegen“ könne in der SPD. Und so nutzte Dittmar die Chance ihres Koalitionskollegen Erwin Rüddel (CDU) in der vergangenen Woche aus und erklärte in einer Pressemitteilung, dass nun eine „neue Ära“ im Umgang mit Cannabis beginne. Auch sie sprach sich für Modellprojekte und ein „Abgabesystem“ aus – die Apotheken nannte sie aber nicht als möglichen Abgabeort.
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Etwas konkreter sind die Vorstellungen in der SPD dazu auf Landesebene: In der SPD Berlin mehren sich derzeit die Stimmen, die eine Legalisierung innerhalb kontrollierter Testprojekte fordern. Mehrere Medien berichteten in den vergangenen Tagen, dass der Kreisverband Mitte einen Antrag für den Parteitag im November beschlossen habe, in dem es um genau solche Modellprojekte geht. DAZ.online hat sich den Antrag genauer angeschaut und mit dem gesundheitspolitischen Sprecher der SPD-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus, Thomas Isenberg, gesprochen.
„Regulieren statt Kriminalisieren“
In dem Antrag mit dem Namen „Regulieren statt Kriminalisieren“ fordern die Berliner Sozialdemokraten die SPD-Bundesebene auf, sich dafür einzusetzen, dass eine „staatlich kontrollierte Produktion und Abgabe von Cannabisprodukten an Erwachsene und deren legalen Besitz geschaffen werden“. Bislang waren Modellversuche zur Cannabis-Abgabe auf kommunaler Ebene immer wieder gescheitert. Zuletzt hatte es die Stadt Münster im vergangenen Jahr versucht und einen Antrag auf ein Testprojekt beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) gestellt. Die Behörde erteilte den Plänen aber eine Absage. Der SPD-Kreisverband Mitte will genau das nun ändern: Die „bundesrechtlichen Grundlagen“ für Projekte in den Bundesländern sollten jetzt geändert werden, verlangen die Sozialdemokraten. Zum Start eines „wissenschaftlichen Forschungsprojektes nach § 3 Absatz 2 Betäubungsmittelgesetz“ sollten die Rahmenbedingungen wesentlich vereinfacht werden. Konkret sollen die Länder selbst entscheiden dürfen, ob ein Cannabis-Projekt ins Leben gerufen werden kann oder nicht.
Das Modellprojekt stellt sich die SPD so vor: Das Werbeverbot müsse weiterhin gelten, die Cannabis-Produkte müssten ähnlich wie Tabak und Alkohol besteuert werden. Drogen- und Interventionsprojekte sollten finanziell gut ausgestattet werden. Die Landesregierungen sollen sich darüber austauschen. Und: In der Begründung heißt es, man wolle die Cannabis-Konsumenten vom Schwarzmarkt holen – eine Abgabe über „seriöse Abgabeorte“ sei sinnvoller. Und da kommen dann die Apotheken ins Spiel. Wörtlich heißt es:
Wir lassen zu, dass Konsumentinnen und Konsumenten auf dem Schwarzmarkt gepanschtes Cannabis beziehen und dort auch schnell in Kontakt zu härteren Drogen kommen, angefixt durch zwielichtige Dealer und Dealerinnen im Halbdunkel unserer U-Bahnstationen. Auch deshalb brauchen wir für Marihuana seriöse Abgabeorte mit seriöser Beratung, wie beispielsweise in Apotheken oder anderweitigen staatlichen Abgabestellen. Eine so regulierte Legalisierung würde dem Schwarzmarkt die Grundlage entziehen und gleichzeitig mehr Verbraucherschutz bieten.“
Thomas Isenberg ist Mitglied im Berliner SPD-Kreisverband Mitte. Gegenüber DAZ.online erklärte er, dass man sich innerparteilich noch nicht entschieden habe, welcher Abgabeort favorisiert werde – die Apotheke oder lizenzierte Shops. Für die Apotheke spreche aber Folgendes: „In unserem Antrag haben wir die Cannabis-Abgabe zunächst als Entweder-Oder-Lösung verfasst: Die Abgabe in den Modellprojekten soll entweder in lizenzierten Fachgeschäften oder in Apotheken stattfinden. Der Vorteil in Apotheken wäre sicherlich, dass der Distributionsweg schon etabliert ist: Die Apotheke ist ein vertrauenswürdiger Abgabekanal. Bei neuen, lizenzierten Fachgeschäften müsste man diesen Distributionsweg erst definieren und etablieren.“
Beschließt der Parteitag der SPD Berlin den Antrag, muss sich dann als nächstes der Bundesparteitag mit dem Thema befassen.
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