- DAZ.online
- News
- Spektrum
- Landapotheken in Ö...
Notdienste gefährdet
Landapotheken in Österreich kämpfen mit Arbeitszeitregelungen
Bisher war es in Österreich durchaus üblich, dass Apotheker nach einem Nachtdienst ganz normal Tagdienste versehen haben. Das wird aber wegen neuer Arbeitszeitregelungen nicht mehr lange möglich sein und stellt vor allem Betreiber kleinerer Apotheken auf dem Land vor Probleme. Ihnen fehlt das Personal, um die Dienste wie gewohnt weiter leisten zu können.
In der niederösterreichischen Bezirkshauptstadt Hollabrunn mit 11.681 Einwohnern gebe es zwei Apotheken, die sich bei den Nacht- und Wochenenddiensten abwechseln, schreibt das Nachrichtenportal „kurier.at“. Beide kämen dabei monatlich auf jeweils 15 Nachtdienste und zwei Wochenenddienste. Im Österreich-Vergleich sei das sehr viel, betont die Sprecherin der österreichischen Apothekerkammer Elisabeth Ort. Und mit den geltenden EU-Regelungen sei das auch nicht mehr lange vereinbar. Der Grund: Die Notdienst-verrichtenden Apotheker kommen damit einfach auf zu viele Arbeitsstunden.
Arbeitszeitgesetz mit Sonderbestimmungen
Beschäftigungen von Fachkräften in Apotheken richten sich in Österreich nach dem allgemeinen Arbeitszeitgesetz. Es legt die tägliche und wöchentliche Normalarbeitszeit und die Höchstgrenzen der Arbeitszeit fest, und wurde Anfang des Jahres im Einklang mit geltendem EU-Recht angepasst. Die wöchentliche Normalarbeitszeit liegt bei 40 Stunden (max. zehn Stunden pro Tag). Das Arbeitszeitgesetz beinhaltet auch die Möglichkeit für Sonderbestimmungen für Arbeitnehmer, die als Apothekenleiter oder als andere vertretungsberechtigte Apotheker in öffentlichen Apotheken beschäftigt sind, weil diese angesichts der Bereitschaftsdienste mit der gesetzlichen Höchstarbeitszeit ansonsten nicht auskommen würden.
Hiernach kann der Kollektivvertrag für solche Arbeitnehmer verlängerte Dienste zulassen, und zwar von bis zu 25 Stunden sowie innerhalb eines „Durchrechnungszeitraumes“ von 17 Wochen eine durchschnittliche Wochenarbeitszeit von bis zu 48 Stunden.
Außerdem sind für einen Übergangszeitraum bis zum 31. Dezember 2019 verlängerte Dienste von bis zu 32 Stunden, ggf. auch bis zu 34 Stunden möglich und innerhalb eines „Durchrechnungszeitraumes“ von 17 Wochen eine durchschnittliche Wochenarbeitszeit von bis zu 60 Stunden in Apotheken, die mindestens 60 Bereitschaftsdienste im Turnus pro Kalenderjahr leisten müssen. Dabei müssen bestimmte Ruhezeiten eingehalten werden.
Neue Notdienstregelung muss her
Die Zeit läuft, und nun suchen die Apotheken in Hollabrunn einen Ausweg. „Noch haben wir bei den Arbeitszeiten eine Übergangsregelung. Aber spätestens Ende 2019 brauchen wir eine Lösung“, erklärt der Präsident der Landesgeschäftsstelle Niederösterreich der Österreichischen Apothekerkammer Peter Gonda gegenüber „kurier.at“. „Wir müssen eine neue Turnus-Lösung auf den Weg bringen, denn bei Übertretungen gibt es massive Strafen.“ Wie diese Lösung aussieht, sei aber noch völlig unklar.
Nach Auskunft der Apothekerkammer laufe aktuell eine Datenerhebung, berichtet das Portal weiter. Sie soll zeigen, wie viele Kunden zu welcher Uhrzeit auf die Dienste der Apotheken angewiesen sind. Nachts sei die Nachfrage am Land aus Erfahrung kaum vorhanden. Eine Rolle spielten bei der Erhebung auch die Ordinationszeiten der angesiedelten Ärzte. Die Öffnungszeiten der Apotheken sollen entsprechend angepasst werden.
Auch eine Rufbereitschaft wäre möglich
Im schlimmsten Fall könnte das für die Bevölkerung bedeuten, dass sie bei einem Notfall in der Nacht oder am Wochenende ins Auto steigen und bis zu 15 Kilometer fahren müssten, so wird befürchtet. Das sei laut Gesetzgeber zumutbar. Knapp in besagtem Radius des Beispiels Hollabrunn befänden sich zwei weitere Apotheken, auf deren Schultern die Notdienste dann eventuell mit verteilt werden könnten. Im Nachbarbezirk Horn sie ein solche Regelung bereits Realität. Als weitere Möglichkeit werde eine Ruferreichbarkeit in Betracht gezogen. Hierbei müsse der Kunde bis zu 20 Minuten lang warten muss, bis der Apotheker vor Ort sei.
Jede Apotheke kommt mehrmals im Monat dran
Nach den aktuellen Zahlen der Österreichischen Apothekerkammer gibt es im Alpenland derzeit rund 1.360 öffentliche Apotheken sowie 29 Filialapotheken. Von den 5.867 Apothekern (Stand 31.12.2017), die dort beschäftigt sind, sind etwa drei Viertel Angestellte. Durchschnittlich sind rund vier Apotheker in einer Apotheke tätig. Jede hat durchschnittlich 49 Stunden pro Woche geöffnet. Der Volldienst angestellter Apotheker beträgt 40 Stunden pro Woche, aber viele arbeiten in Teilzeit. Jede Nacht sowie an Wochenenden und Feiertagen leisten etwa 265 Apotheken in Österreich Bereitschaftsdienst. Jede kommt mehrmals im Monat dran. In kleineren Gemeinden müssen die Apotheken vor Ort mitunter jede Nacht erreichbar sein.
0 Kommentare
Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.