BMG-Antwort auf AfD-Anfrage

Wegen Lunapharm: Regierung will Parallelhandel „noch sicherer“ machen

Berlin - 01.10.2018, 10:15 Uhr

Die sogenannte Lunapharm-Affäre ist kein Einzelfall. Auch in der Vergangenheit gab es Unregelmäßigkeiten in der Lieferkette von Improtarzneimitteln. ( r / Foto: imago images)

Die sogenannte Lunapharm-Affäre ist kein Einzelfall. Auch in der Vergangenheit gab es Unregelmäßigkeiten in der Lieferkette von Improtarzneimitteln. ( r / Foto: imago images)


Mit acht europäischen Ländern stehen die Brandenburger Behörden inzwischen wegen der sogenannten Lunapharm-Affäre in Kontakt. Dies geht aus der Antwort des Bundesgesundheitsministeriums auf eine Anfrage der AfD-Bundestagsfraktion zur Sicherheit von Importarzneimitteln hervor. Ähnliche Vorfälle wie bei Lunapharm sind aus der Vergangenheit bekannt. Trotzdem findet die Regierung nicht, dass die aktuell geltenden Regeln zu einem Behördenversagen führen.

Vor einigen Tagen hinterfragte die AfD-Bundestagsfraktion in einer Kleinen Anfrage den Umgang der Bundesregierung mit der Valsartan-Krise. Den Anlass für eine weitere AfD-Anfrage unter Federführung des Mediziners Professor Axel Gehrke, gesundheitspolitischer Sprecher der AfD-Fraktion, stellten die Vorgänge rund um den Brandenburger Händler Lunapharm dar. Das in Mahlow ansässige Unternehmen steht unter Verdacht, mutmaßlich in Griechenland und anderen Ländern gestohlene Krebsarzneimittel in Verkehr gebracht zu haben.

Acht Fragen - fünf Antworten

Der AfD-Fraktion ging es unter anderem darum zu erfahren, welche weiteren Länder möglicherweise unter Verdacht stehen könnten, Lunapharm beliefert zu haben. In der Antwort des Bundesgesundheitsministeriums (BMG), die DAZ.online vorliegt, schreibt die parlamentarische Staatssekretärin Sabine Weiss (CDU): „Den Bundesoberbehörden sind im Rahmen ihrer koordinierenden Funktion Anfragen der Brandenburger Behörden an folgende Staaten und die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) bekannt: Großbritannien, Lettland, Polen, Italien, Zypern, Niederlande, Frankreich und Griechenland.“ Von den zuständigen Behörden aus diesen acht Ländern haben die Brandenburger Behörden bis auf die Niederlande, Frankreich und Griechenland schon Antworten erhalten.

Illegaler Arzneimittelhandel

Lunapharm-Affäre

Zwar gab es wegen der griechischen Apotheke, die Lunapharm beliefert haben soll, in der Vergangenheit Austausch mit den griechischen Behörden. Doch in den Landtagssitzungen im Juli und August wurde seitens des Gesundheitsministeriums wiederholt erwähnt, dass bestimmte weitere Auskünfte aus Griechenland noch fehlen würden. Auf Nachfrage der AfD bestätigte das Ministerium außerdem, dass in Zypern die Ermittlungsbehörden wegen mutmaßlich illegaler Arzneimittellieferungen ermitteln. 

Ministerium bestätigt: Lunapharm kein Einzelfall

Die AfD hatte sich außerdem nach Vorfällen aus der Vergangenheit erkundigt. „Auch aus anderen Mitgliedstaaten sind solche Fälle bekannt geworden“, bestätigt Weiss. So gab es im Jahr 2014 Verdachtsfälle zu Arzneimittelfälschungen aus Spanien. „Die spanische Behörde vermutete, dass diese Arzneimittel auch nach Deutschland gelangt sein könnten. Hinweise zu Unregelmäßigkeiten beim Transport oder bei der Lagerung oder Hinweise auf Qualitätsminderungen von Arzneimitteln liegen der Bundesregierung in diesem Zusammenhang nicht vor“, schildert Weiss.

Ebenfalls in 2014 rief die rumänische Arzneimittelbehörde Rituximab- und Trastuzumab-Präparate zurück, die von dem rumänischen Händler Chenomed nach Deutschland importiert wurden und die offenbar aus illegalen Quellen stammten. Auf Nachfrage der AfD erläuterte das BMG, dass die Zuständigkeit für den Rückruf in diesem Fall bei der rumänischen Behörde gelegen habe. 

Regierung will Parallelhandel sicherer machen

Die AfD-Fraktion fragt kritisch danach, ob aufgrund des Importgeschäftes ein systematisches Sicherheitsproblem vorliege. Und ob es, wie auch Brandenburgs ehemalige Gesundheitsministerin Diana Golze (Linke) vor ihrem Rücktritt erklärte, Regeln gäbe, die zum Behördenversagen führen. Und: Gibt es Sicherheitslücken im Importgeschäft? Wenn ja, wie sind diese zu schließen?. Das BMG räumt zwar ein, dass die Causa Lunapharm kein Einzelfall sei. Doch der Frage nach den Sicherheitslücken weicht das Ministerium aus: „Die Bundesregierung setzt sich auf europäischer Ebene dafür ein, die Regelungen zum Parallelhandel mit Arzneimitteln noch sicherer zu gestalten. Aus Sicht der Bundesregierung existieren keine Regeln, die zu einem Behördenversagen führen.“ Was genau die Bundesregierung auf europäischer Ebene anstrebt, geht allerdings nicht aus der Antwort hervor.

Brandenburg will Importquote kippen

Doch welche „Regeln“, die ein Sicherheitsproblem darstellen könnten, sind eigentlich gemeint? Im Zuge der Lunapharm-Affäre geriet beispielsweise die ohnehin umstrittene Importquote erneut in die Kritik. Der Apothekerschaft ist die Klausel seit eh und je ein Dorn im Auge, denn aus Sicht der Pharmazeuten ist sie ein Einfallstor für Arzneimittelfälschungen. Auch Herstellerverbände sehen sie inzwischen als überholt an. Der Brandenburger Landtag hat beschlossen, eine Bundesratsinitiative zur Streichung der Importquote auf den Weg zu bringen. Auf der Tagung der 42. Arbeitsgemeinschaft der obersten Landesgesundheitsbehörden am 21. und 22. November in Münster möchte Brandenburg nach Auskunft des Landesgesundheitsministeriums bei den anderen Ländern um Mehrheiten werben. Derzeit verhandeln der Deutsche Apothekerverband und der GKV-Spitzenverband über eine Modifikation der Importquote im Rahmenvertrag.

Die Haltung des BMG zur Importquote ist noch offen. So erklärte vor wenigen Tagen Thomas Müller, der beim BMG für Arzneimittelthemen zuständig ist, dass kriminelle Energien auch ohne Importquote vorhanden seien, solange Arzneimittel in Deutschland teurer seien als in anderen Ländern.

Ein weiterer Kritikpunkt, der im Zusammenhang mit „Behördenversagen“ öfter fällt, ist die Schwerfälligkeit im deutschen Arzneimittelüberwachungssystem. Die Überwachung von Arzneimittel- und Wirkstoffherstellern obliegt derzeit den Landesbehörden. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) kann sich angesichts der jüngsten Medikamentenskandale vorstellen, die Kompetenzen des Bundesinstituts für Arzneimittel zu erweitern.  



Dr. Bettina Jung, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online
redaktion@daz.online


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2 Kommentare

gestohlene Krebsmedikamente

von Mühe am 02.10.2018 um 11:25 Uhr

Alle Achtung, der Parallelhandel soll auf europäischer Ebene noch sicherer gemacht werden. Wenn ich das richtig verstanden habe, war der Parallelhandel in der Vergangenheit also schon sicher und kriminelle Energie ist auch ohne Importquote vorhanden. Wenn das so ist verstehe ich, dass erst mal abgewartet wird. Kommt Zeit kommt Rat. Herr wirf Hirn vom Himmel!

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gestohlene Krebsmedikamente

von Gunter Kowalski am 01.10.2018 um 10:43 Uhr

Schön das berichtet wird, man habe aus Großbritannien, Lettland, Polen, Italien, Zypern antworten erhalten. Welche Fragen wurden denn gestellt und welche Antworten wurden gegeben? Niederlande, Frankreich und erstaunlicherweise Griechenland antworten nicht. Kann es sein dass man gefragt hat, ob die Artikel gestohlen seien und die Antwort war "nein". Kann es sein, dass das Schweigen der anderen das gleiche bedeutet?

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