FDA veröffentlicht Stichproben-Ergebnisse

USA: Zwischen 0,3 und 20 µg NDMA in einer Valsartan-Tablette

Stuttgart - 09.10.2018, 11:15 Uhr

Wie viel NDMA steckt in den Fertigarzneimitteln, die aus verunreinigtem Valsartan hergestellt wurden? Die FDA hat Stichproben genommen. (s/ Symbolbild, Foto: djama / stock.adobe.com)

Wie viel NDMA steckt in den Fertigarzneimitteln, die aus verunreinigtem Valsartan hergestellt wurden? Die FDA hat Stichproben genommen. (s/ Symbolbild, Foto: djama / stock.adobe.com)


Die FDA hat am 28. September 2018 den Import aller Wirkstoffe und Fertigarzneimittel von Zhejiang Huahai aus China in die USA verboten. Am selben Freitag befand auch die EMA den Standort Chuannan von Zhejiang Huahai für nicht GMP-konform, jedoch nur bezüglich der Valsartan-Herstellung. Was bislang keine der beiden Behörden geliefert hatte, waren konkrete Zahlen zur tatsächlichen NDMA-Belastung in Valsartan-Fertigarzneimitteln. Einige Messwerte hat die FDA nun vergangenen Freitag veröffentlicht.

Ein Rückruf aller Präparate in der EU, die Valsartan von Zhejiang Huahai enthalten, ist vergangenen Sommer im großen Stile erfolgt und Zhejiang Huahai darf Valsartan nicht mehr in die EU einführen. Zudem wurde das viel diskutierte CEP-Zertifikat des EDQM außer Kraft gesetzt und das Untersuchungsverfahren der EMA auf alle Sartane mit Tetrazol-Ringen ausgeweitet. Der Zeitplan der EMA wurde vergangenen Donnerstag aktualisiert, sodass nun für Dezember 2018 ein Fazit der EMA oder eine weitere Liste mit neuen Fragen für den Valsartan-Fall erwartet werden kann.

In der Folge des GMP-Non-Compliance-Reports für die Valsartan-Herstellung von Zhejiang Huahai vom September wurde empfohlen, auch im Hinblick auf andere Valsartan-CEPs Maßnahmen zu ergreifen, in denen Zhejiang Huahai als Hersteller von Zwischenprodukten aufgeführt wird. Zudem wurde empfohlen, auch die Einfuhr von Zwischenprodukten von Zhejiang Huahai in die EU zu untersagen. Umgesetzt wurde diese Empfehlung bislang scheinbar nicht. Neue Rückrufe sind auch in den USA nicht erfolgt.

Während also nicht klar ist, ob und wie weit sich der Fall Valsartan noch ausweiten könnte, beschäftigt die betroffenen Valsartan-Patienten noch immer vor allem die Frage, wie viel an kanzerogener Nitrosamin-Verunreinigung konkret in den Fertigarzneimitteln enthalten war. 

Das Krebsrisiko, das durch die Einnahme der belasteten Valsartan-Präparate entstanden sein könnte, wurde bislang sowohl von der EMA als auch von der FDA nur geschätzt. Zudem hat eine dänische Studie das kurzfristige Krebsrisiko untersucht.

Wie viel NDMA aber tatsächlich über bestimmte Fertigpräparate zu den Patienten gelangt ist, das hatte bislang nur das Zentrallaboratorium Deutscher Apotheker (ZL) (schon frühzeitig) untersucht und veröffentlicht. Von der EMA gibt es bislang keine konkreten öffentlichen Zahlen – die FDA hat solche nun am vergangen Freitag veröffentlicht (siehe Tabelle). Wir haben den Zahlen der FDA zum Vergleich die Ergebnisse des ZL gegenübergestellt – ein Zusammenhang zwischen den gegenübergestellten Präparaten beziehungsweise Herstellern besteht jedoch nicht.

Stichprobenergebnisse der FDA (Zwei bis drei Chargen pro Unternehmen getestet) Ergebnisse des ZL zum Vergleich (Eine Charge pro Unternehmen getestet)
Hetero Labs Ltd Valsartan 320mg 0,3-0,4 µg/Tablette Valsartan Heumann 320 mg  20,8 µg/Tablette
Prinston Pharmaceutical Valsartan 320mg/HCTZ 25mg 13-20 µg/Tablette Valsartan Heumann 160 mg  9,9 µg/Tablette
Prinston Pharmaceutical Valsartan 320mg 15-16 µg/Tablette Valsartan-CT 160 mg  3,7 µg/Tablette
Teva Pharmaceuticals Valsartan 320mg 8-17 µg/Tablette Valsartan 1A Pharma 320 mg  18,5 µg/Tablette
Teva Pharmaceuticals Valsartan 320mg/HCTZ 25mg 7-10 µg/Tablette Valsartan Hexal 320 mg  16,4 µg/Tablette
Torrent Pharmaceuticals Amlodipine 10mg/Valsartan 320 mg/HCTZ 25mg 10-12 µg/Tablette Valsartan Stada 320 mg  22,0 µg/Tablette
Torrent Pharmaceuticals Amlodipine 10mg/Valsartan 320 mg 5-9 µg/Tablette Valsartan Zentiva 160 mg  10,1 µg/Tablette
Torrent Pharmaceuticals Valsartan 320mg 0,5-0,6 µg/Tablette Valsartan Zentiva comp. 160 mg/12,5 mg 4,1 µg/Tablette

Alle NDMA-Werte liegen über dem als sicher angenommenen Wert

Um das Kontaminationsrisiko der Fertigprodukte mit NDMA besser einschätzen zu können, hatte das ZL extra eine gaschromato­grafische Methode mit gekoppelter Massenspektrometrie (GC/MS-Methode) entwickelt. Mit deren Hilfe waren 16 stichprobenartig ausgewählte Val­sartan-Präparate analyisert worden. Die untersuchten Produkte waren noch am Tag des angekündigten Rückrufs vor dem Start der Rückrufaktion von Apotheken bezogen worden.

Übereinstimmend mit den Meldungen der pharmazeutischen Hersteller Mylan Dura, Novartis, TAD und Aurobindo konnte in deren untersuchten Produkten kein NDMA nachgewiesen werden. Es waren auch diese Hersteller, die gleich zu Beginn der Rückrufaktion mitteilten, dass sie ihren Wirkstoff nicht von Zhejiang Huahai Pharmaceutical beziehen. In den übrigen stichprobenartig untersuchten Produkten bewegte sich der NDMA-Gehalt zwischen 3,7 µg pro Tablette und 22,0 µg pro Tablette. Das Fazit, das die AMK anhand von Risikoberechnungen aus diesen Ergebnissen zog, lautete, dass die gemessene NDMA-Verunreinigung als „besorgniserregend“ einzustufen ist. Eine weitere Exposition sei unbedingt zu verhindern. 

Da sich bei den FDA-Ergebnissen die NDMA-Menge zwischen 0,3 µg und 20 µg bewegt, dürfte hier ein ähnliches Fazit gelten, wodurch das Ausmaß des Valsartan-Falls nochmals unterstrichen wird. Neben Zhejiang Huahai wurde im Valsartan zweier weiterer Wirkstoffhersteller NDMA gefunden: Zhejiang Tianyu und Hetero Labs Limited, letzterer vertreibt in den USA Valsartan unter dem Label Camber Pharmaceuticals Inc.. Wie die FDA bereits zuvor bekannt gegeben hatte, zeigen die Ergebnisse der Stichproben, dass die NDMA-Belastung bei Hetero Labs geringer ausfällt, jedoch über den 0,096 µg liegt, die von Seiten der FDA als weitgehend sichere Tagesdosis erachtet wird. Weil bei potenten, gentoxischen Kanzerogenen wie im Falle einiger N-Nitrosamine nicht zweifelsfrei von einer unwirksamen Schwellendosis auszugehen ist, unterbleibt die Angabe eines solchen Wertes in der EU.

Sörgel ruft Patienten auf, ihr verunreinigtes Valsartan einzusenden

Ein Experte, der sich des Valsartan-Falls ganz freiwillig angenommen hat und für zügige Aufklärung sorgen möchte, ist Prof. Dr. Fritz Sörgel, Institutsleiter des IBMP in Nürnberg (Institut für Biomedizinische und Pharmazeutische Forschung). Er hatte bereits im August eine Informationsveranstaltung für Betroffene organisiert und ist auch im Labor nicht untätig geblieben: So war er einer der Ersten, die neben NDMA auch NDEA in Valsartan nachwiesen. Jetzt bittet er in einem Facebook-Aufruf um die Unterstützung der Betroffenen, damit er seine Arbeit im Labor fortführen kann. 


Wir bestimmen den NDMA- (erstes gefundenes Kanzerogen) und NDEA-Gehalt (zweites gefundenes Kanzerogen) in allen uns zur Verfügung stehenden Tabletten. Wir untersuchen derzeit ALLE Sartane, soweit sie noch in Apotheken erhältlich sind. Und wir suchen noch nach weiteren Stoffen. Es ist schon eine große Anzahl Tabletten verloren gegangen, weil sie an den Großhandel zurückgeschickt oder von den Patienten entsorgt wurden.

Prof. Dr. Fritz Sörgel im Facebook-Aufruf


Deshalb bitten die Forscher die betroffenen Valsartan-Patienten, bei der vollständigen Aufklärung der Vorgänge bei den Herstellern zu helfen. „Es wäre von enormer Bedeutung, wenn endlich ausreichend Daten zur Verunreinigung von Valsartan-Tabletten öffentlich und für die wissenschaftliche Auswertung zur Verfügung stünden.“ Doch weder die Herstellerfirmen noch die Behörden werden dort vorhandene Rückstellmuster zur Verfügung stellen und wenige Institute beschäftigen sich derzeit mit dem Thema, meint Sörgel weiter. Somit sollen die betroffenen Patienten mit der Einsendung ihrer Tabletten viel zur Aufklärung beitragen können. Aus organisatorischen Gründen könnten nur Eingänge von Tabletten bis 20. Oktober 2018 angenommen werden.



Diana Moll, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (dm)
redaktion@daz.online


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