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Gesundheitskompetenz
Mit pharmazeutischer Kompetenz gegen den „Informations-Overflow“
Beim Themenforum des Deutschen Apothekertages 2018 am gestrigen Donnerstag drehte sich alles um das Thema Gesundheitskompetenz. In Zeiten von Digitalisierung und zunehmender Informationsflut sind der persönliche Austausch und die kompetente Beratung in der Apotheke vor Ort wichtiger denn je, damit gesundheitsrelevante Informationen auch wirklich beim Patienten ankommen.
„Wir brauchen dringend mehr verständliche Gesundheitsinformationen!“, mit diesem Zitat des früheren Gesundheitsministers Hermann Gröhe eröffnete Moderator Gerhard Schröder, Redakteur beim Deutschlandfunk, das diesjährige Themenforum des Deutschen Apothekertags 2018. „Gesundheitskompetenz – wieviel weiß der Patient wirklich?“, das Thema mag erst einmal recht banal klingen. Doch, dass mehr dahinter steckt, wurde in den Einführungsvorträgen und der anschließenden Diskussionsrunde deutlich.
Zum Einstieg präsentierte Dr. Eva-Maria Berens, wissenschaftliche Mitarbeiterin der Arbeitsgruppe für Versorgungsforschung und Pflegewissenschaft der Fakultät für Gesundheitswissenschaften an der Universität Bielefeld, die erschreckenden Zahlen der 2016 veröffentlichten Studie über Health Literacy in Deutschland (HLS-GER): Mehr als die Hälfte (54,3 Prozent) der deutschen Bevölkerung sehe sich im Umgang mit gesundheitsrelevanten Informationen vor erhebliche Schwierigkeiten gestellt, so Berens. Besonders stark ausgeprägt sei die Problematik bei Menschen mit niedrigerem Sozialstatus und geringerem Bildungsniveau, bei älteren Personen sowie Menschen mit Migrationshintergrund. Auch bei chronisch Kranken seien häufig Schwierigkeiten zu verzeichnen, da die Informationen – beispielsweise hinsichtlich Arzneimittelwechselwirkungen – hier besonders komplex sind. Während Patienten in der Regel selten Probleme haben, Informationen zu finden, ist ein Großteil von ihnen mit der Beurteilung der gefundenen Informationen überfordert. Hingegen fällt es nur sehr wenigen schwer, den Anweisungen von Arzt oder Apotheker zu folgen. Der persönlichen Beratung komme somit ein hoher Stellenwert zu, so Berens. Apotheker fallen bei der Interaktion mit den Patienten besonders positiv auf: Im Vergleich zu anderen Berufsgruppen wie beispielsweise Hausärzten sind Verständnisschwierigkeiten bei den Patienten im Austausch mit Pharmazeuten deutlich seltener.
Der Faktor Mensch als kritische Größe
Dass nicht nur die Gesundheitskompetenz sondern auch die digitale Kompetenz ungleich verteilt sind, betonte Dr. Alexander Schachinger, Gründer und Geschäftsführer der EPatient RSD GmbH – einem Unternehmen, das den digitalen Gesundheitsmarkt analysiert. In den Bereichen Alter und Bildung sei eine deutliche Überlappung zu erkennen, die sich ungünstig verstärke, so Schachinger. Von der digitalen Kompetenz hängt jedoch ab, ob beispielsweise eine App nutzbringend eingesetzt werden könne. Dass eine App zur Medikamenteneinnahme besser wirke, wenn diese von medizinischem Fachpersonal erläutert wird, verdeutlichen die Ergebnisse einer niederländischen Studie. „Der Faktor Mensch ist auch im Bereich digitale Versorgungslösungen eine kritische Größe!“, so Schachinger.
Arnold: Informationen für Patienten selektieren und evaluieren
Doch wie können Gesundheitsinformationen patientengerecht vermittelt werden und welche Rolle kommt der Apotheke vor Ort dabei zu? Diese Fragen beschäftigten die nachfolgende Diskussionsrunde. So betonte ABDA-Vizepräsident und Apothekeninhaber Mathias Arnold den wachsenden Beratungsbedarf in den Apotheken aufgrund der zunehmenden Behandlungskomplexität. Zudem sei auf Seiten der Patienten ein „Informations-Overflow“ zu beobachten, nicht zuletzt durch die mediale Berichterstattung. Hier sieht Arnold die Apotheker in der Plicht „die Informationen für den Patienten zu selektieren und zu evaluieren.“ Damit Informationen wirklich beim Patienten ankommen, sei zudem der regelmäßige enge Kontakt essenziell. Insbesondere bei Stammkunden könne man immer wieder kurze Botschaften mit auf den Weg geben, so Arnold. Dies sei weitaus zielführender als einmal im Jahr ein stundenlanges Gespräch zu führen. Mit einem „Informations-Overflow“ sieht sich auch Thorben Krumwiede, Geschäftsführer der Unabhängigen Patientenberatung Deutschland (UDP), in der Beratung von Patienten immer wieder konfrontiert. Man müsse daher Wege finden, die Qualität der verfügbaren Informationen zu gewährleisten. Laut Arnold wäre in diesem Zusammenhang beispielsweise eine verlässliche Zertifizierung von Apps hilfreich. Zudem wäre es wünschenswert, Apps in Apotheken abzugeben. Dies ermögliche dem Apotheker, die Qualität der App erst einmal selbst zu prüfen. Vielleicht wären in Zukunft auch apothekenpflichtige Apps vorstellbar, meint Schachinger und erntete dafür kräftigen Applaus aus dem Publikum. Hier würden sich beispielsweise Online-Coaching-Programme, die von den Krankenkassen erstattet werden, anbieten.
Vom Modellversuch in die Regelversorgung!
Ob die Krankenkassen auch eine verstärkte Einbindung der Apotheker in der Prävention honorieren würden, ließ Dr. Kai Kolpatzik vom AOK-Bundesverband offen. Dazu müssten erst einmal die Ergebnisse der derzeit laufenden Modellversuche abgewartet werden. Doch, dass es für viele Apotheker an der Zeit sei, aus Modellversuchen endlich in die Regelversorgung zu kommen, machte eine Wortmeldung aus dem Plenum deutlich: „Die Defizite sind klar und wir Apotheker haben Lösungsansätze dafür!“
1 Kommentar
Problem NEM - Wilder Westen ignoriert
von Alfons Neumann am 13.10.2018 um 3:50 Uhr
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