AMTS im Krankenhaus

Stationsapotheker: Allein Ländersache?

Berlin - 31.10.2018, 11:30 Uhr

Stationsapotheker sollen in Niedersachsen künftig für mehr Patientensicherheit in den Kliniken sorgen. (m / Foto: imago)

Stationsapotheker sollen in Niedersachsen künftig für mehr Patientensicherheit in den Kliniken sorgen. (m / Foto: imago)


Wird das niedersächsische Modell der Stationsapotheker bundesweite Strahlwirkung haben? Sowohl die Gesundheitsministerkonferenz als auch der niedersächsische Landtag wollen jedenfalls, dass sich das Bundesgesundheitsministerium mit Fragen rund um den Stationsapotheker befasst. Doch dieses gibt sich vorerst zurückhaltend.

Die Versorgung eines Krankenhauses mit Arzneimitteln kann durch eine eigene Krankenhausapotheke, eine fremde Krankenhausapotheke oder durch eine krankenhausversorgende Apotheke erfolgen. Der Mindestumfang der Versorgung ist im Apothekengesetz – und damit bundesweit einheitlich – vorgegeben und von allen versorgenden Apotheken zu erbringen.

Der niedersächsische Landtag hat jedoch vergangene Woche eine Novellierung seines Krankenhausgesetzes beschlossen. Und diese geht im Hinblick auf die pharmazeutische Betreuung der Kliniken etwas weiter. So haben die Krankenhäuser in Niedersachsen bis spätestens 2022 verpflichtend und flächendeckend Stationsapotheker einzuführen. Das Krankenhaus muss sicherstellen, dass es ausreichend Apotheker auf den Stationen gibt und es bestimmt, in welchem Umfang diese für die jeweiligen Fachrichtungen beratend tätig sein sollen. Aufgabe der Stationsapotheker ist sodann, „im Rahmen der Zusammenarbeit mit ärztlichem und pflegerischem Personal zu einer sicheren, zweckmäßigen sowie wirtschaftlichen Arzneimitteltherapie und damit zu einer effizienteren Betriebsführung beizutragen“.

Klarstellung zu krankenhausversorgenden Apotheken

Der Gesundheitsausschuss des Landtags hatte kurz vor der Abstimmung im Plenum noch eine Ergänzung des neuen § 19 des Niedersächsischen Krankenhausgesetzes (NKHG) empfohlen: Die Sicherstellung der genannten Aufgabe soll im Vertrag nach § 14 Abs. 3 oder 4 des Apothekengesetzes mit der krankenhausversorgenden Apotheke geregelt werden, wenn das Krankenhaus nicht über eine eigene Krankenhausapotheke verfügt. Dies war zuvor nicht so deutlich. Die Befürchtung der kliniversorgenden Apotheken war, dass das Prinzip der „pharmazeutischen Versorgung des Krankenhauses aus einer Hand“ aufgegeben werde. 

Der neue § 19 NKHG im Wortlaut

Stationsapothekerin oder Stationsapotheker

(1) In jedem Krankenhaus ist spätestens ab dem 1. Januar 2022 sicherzustellen, dass in ausreichender Zahl Apothekerinnen oder Apotheker als Beratungspersonen für die Stationen eingesetzt werden (Stationsapothekerinnen oder Stationsapotheker). Das Krankenhaus bestimmt anhand der Größe und der Fachrichtung der Stationen und der von ihnen erbrachten Leistungen, in welchem Umfang Stationsapothekerinnen oder Stationsapotheker jeweils für die vorhandenen Fachrichtungen beratend tätig sein sollen; dabei sind Fachrichtungen besonders zu berücksichtigen, in denen besonders häufig

1. die Arzneimittelversorgung anzupassen ist,

2. verschiedene Infusionen nebeneinander oder nacheinander angewendet werden,

3. mehrere Medikamente nebeneinander eingesetzt werden oder

4. neuartige Behandlungen stattfinden.

(2) Die Stationsapothekerin oder der Stationsapotheker hat die Aufgabe, im Rahmen der Zusammenarbeit mit ärztlichem und pflegerischem Personal zu einer sicheren, zweckmäßigen sowie wirtschaftlichen Arzneimitteltherapie und damit zu einer effizienteren Betriebsführung beizutragen. Zur Aufgabe nach Satz 1 gehört  

1. die Prüfung der für eine Patientin oder einen Patienten vorgesehenen Medikamente auf Wechselwirkungen, auf ihre Risiken und Nebenwirkungen sowie auf risikoärmere Alternativen,

2. die umgehende Prüfung nach der Aufnahme der Patientin oder des Patienten im Krankenhaus, inwieweit deren Medikationsplan an die Arzneimittelliste des Krankenhauses anzupassen ist,

3. die pharmazeutische Beratung des ärztlichen und pflegerischen Personals, das an der stationären Behandlung der Patientin oder des Patienten beteiligt ist.

Im Übrigen soll durch Beratung darauf hingewirkt werden, dass

1. Arzneimittel und apothekenpflichtige Medizinprodukte in der versorgenden Apotheke ordnungsgemäß angefordert werden,

2. Arzneimittel und apothekenpflichtige Medizinprodukte ordnungsgemäß gelagert und verwendet werden,

3. notwendige Maßnahmen zur Patientensicherheit und zur Arzneimittelsicherheit getroffen werden.

(3) Zur Stationsapothekerin oder zum Stationsapotheker sollen nur Personen bestimmt werden, welche die Weiterbildung im Fachgebiet Klinische Pharmazie abgeschlossen oder bereits begonnen haben.

(4) Verfügt das Krankenhaus nicht über eine eigene Krankenhausapotheke, so soll die Sicherstellung der Aufgabe nach den Absätzen 1 und 2 im Vertrag nach § 14 Abs. 3 oder 4 des Apothekengesetzes mit der krankenhausversorgenden Apotheke geregelt werden. 

In Universitätskliniken und Krankenhäusern, in denen bereits Stationsapothekerinnen und Stationsapotheker eingesetzt werden, erfolgt die Übernahme dieser Aufgabe aus der eigenen Krankenhausapotheke bzw. der krankenhausversorgenden Apotheke. „Diese Anbindung an die versorgende Apotheke hat sich bewährt und soll daher übernommen werden“, erklärte ein Sprecher des niedersächsischen Ministeriums für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung.

Was wird aus den Prüfbitten von GMK und Landtag?

Gleichwohl sorgte gerade der Umstand, dass es durch das Apothekengesetz bundesrechtliche Vorgaben gibt – das Grundgesetz weist das Recht des Apothekenwesens dem Bund zu – für Probleme im Gesetzgebungsverfahren. Ob die Länder – die zweifellos für die Krankenhausorganisation zuständig sind – neben den bundesgesetzlichen Regelungen auch eigene Regelungen für die Einsetzung von Stationsapothekern treffen dürfen, ließ der federführende Gesundheitsausschuss trotz der kompetenzrechtlichen Bedenken am Ende offen. Er setzt darauf, einen rechtssicheren Kompromiss gefunden zu haben.

GMK: Kann der Bund unterstützende Regeln schaffen?

Aber könnte der Bund auch etwas tun, um für mehr Patientensicherheit und Arzneimitteltherapiesicherheit in deutschen Kliniken zu sorgen? Die Gesundheitsministerkonferenz (GMK), in der alle Landesgesundheitsminister und -senatoren der Republik vertreten sind, hat im Sommer eine Prüfbitte an das Bundesgesundheitsministerium (BMG) beschlossen: Es möge prüfen, „ob und wie die ländereigenen Regelungen durch Regelungen auf Bundesebene unterstützt werden können, insbesondere im Krankenhausbereich z.B. durch Regelungen zur Hinzuziehung von Apothekerinnen und Apothekern für das Medikationsmanagement  im Rahmen der patientenindividuellen Arzneimitteltherapie auf den Stationen, durch die verbindliche Einrichtung von Arzneimittelkommissionen und durch die verbindliche Nutzung von Medikationsdatenbanken bei Polymedikation“.

Und auch der niedersächsische Landtag verabschiedete vergangene Woche in einem Entschließungsantrag eine Bitte an die Landesregierung, nämlich sich „auf Bundesebene dafür einzusetzen, Refinanzierungsmöglichkeiten von Stationsapothekerinnen und Stationsapothekern durch den Bund zu prüfen und im Sozialgesetzbuch V oder einer anderen Rechtsvorschrift zu verankern“.

DAZ.online wollte wissen, ob das BMG sich zu diesen Fragen bereits eine Meinung gebildet hat. Die Antwort fällt allerdings noch vage aus:  


Ein dauerhafter Einsatz von Apothekerinnen / Apothekern auf den Stationen der Krankenhäuser ist bereits nach geltendem Recht möglich und wird in einigen Kliniken auch praktiziert. Er ist aber nicht bundesweit verpflichtend vorgeschrieben. Eine landesrechtliche Regelung im jeweiligen Krankenhausrecht, die auch regionalen Besonderheiten und einem etwaigen besonderen Handlungsbedarf Rechnung tragen könnte, ist möglicherweise vorzugswürdig. Eine entsprechende Verpflichtung oder ergänzende Regelungen im Apothekenrecht müssten vor dem Hintergrund der unterschiedlichen Versorgungsstrukturen sorgfältig geprüft werden.

Stellungnahme aus dem BMG


Diese Prüfung ist also offensichtlich noch nicht abgeschlossen. Ob sich nun zunächst andere Bundesländer Niedersachsens neues Krankenhausgesetz zum Vorbild nehmen, bleibt ebenfalls abzuwarten.



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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