Universität München

Wo ist die Münchner W3-Professur für Klinische Pharmazie?

Stuttgart - 31.10.2018, 07:00 Uhr

Und wo ist die klinische Pharmazie in München? Die fehlt nicht nur auf dem Lageplan. (Foto: DAZ.online)

Und wo ist die klinische Pharmazie in München? Die fehlt nicht nur auf dem Lageplan. (Foto: DAZ.online)


München gehört zu den Pharmazie-Standorten, an denen es immer noch keine Professur für klinische Pharmazie gibt – und das obwohl der betreffende Lehrstuhl eigentlich genehmigt und ausgeschrieben war. Delegierte in Bayern wollen nun wissen, was in dem Berufungsverfahren schief gelaufen ist. Bei der Kammerversammlung am 20. November soll der Vorstand beauftragt werden, „Informationen einzuholen“. 

Die Geschichte der Klinischen Pharmazie in München ist keine besonders ruhmreiche. Das Fach, dem viele eine herausragende Bedeutung für die Zukunft des Apothekerberufs beimessen, wird seit jeher stiefmütterlich behandelt. So gibt es nach wie vor keinen Lehrstuhl. Die Lehre in diesem Fach ist auf mehrere andere Lehrstühle (Pharmazeutische Chemie, Biologie, Technologie sowie Pharmakologie) aufgeteilt. Hohes ehrenamtliches Engagement von Apothekern aus der öffentlichen Apotheke und der Klinik vermag es nicht, die Mängel in der Ausbildung auszugleichen. 

Dabei hat man seitens der Universität mittlerweile, bald 20 Jahre nach Einführung der Klinischen Pharmazie, guten Willen gezeigt und 2018 einen W3-Lehrstuhl für Klinische Pharmazie geschaffen und ausgeschrieben. Doch besetzt ist dieser bis heute nicht. Delegierte der bayerischen Landesapothekerkammer wollen nun wissen warum. Bei der Kammerversammlung am 20. November soll der Vorstand aufgefordert werden, möglichst umfassende Informationen darüber einzuholen, wie es zur Nichtbesetzung eines genehmigten und im Frühjahr 2018 ausgeschriebenen W3-Lehrstuhls für Klinische Pharmazie an der LMU kam. 

Den berufspolitischen Zielsetzungen des eigenen Berufsstandes in den Rücken gefallen?

In dem Antrag, der DAZ.online vorliegt, heißt es, es häuften sich „alarmierende, aber nicht offiziell bestätigte Aussagen aus mehreren LMU-internen Quellen“, denen zufolge eine Besetzung des Lehrstuhls durch die LMU auch nicht mehr geplant sei. Vielmehr habe der Berufungsausschuss auf Antrag des Vorsitzenden, Prof. Dr. Thomas Carell*, seines Zeichens organischer Chemiker, beschlossen, den Lehrstuhl dem Department Pharmazie wegzunehmen und dem Department Organische Chemie zuzuschlagen – in München gehören Chemie und Pharmazie zur selben Fakultät. Die Begründung soll „mangelnde Qualifikation sämtlicher Bewerber“ gewesen sein. Gegenstimmen habe es kaum gegeben, heißt es in dem Antrag, obwohl in dem Ausschuss auch Professoren des Departments Pharmazie stimmberechtigt sind. Das verwundert offenbar auch die Antragsteller. Denn im Antrag heißt es weiter: „In letzter Konsequenz würde dies bedeuten, dass mehrere Professoren aus dem Department Pharmazie, die im Berufungsausschuss stimmberechtigt sind, den berufspolitischen Zielsetzungen des eigenen Berufsstandes in den Rücken gefallen sind.“

Ergänzung (7. November): Professor Thomas Carell war nach eigener Aussage nicht Vorsitzender der Kommission, es habe auch keine Verschiebung der Professur in irgend einen anderen Bereich gegeben, erklärt er. 

War der Berufungsausschuss qualifiziert, einen Bewerber auszuwählen?

Dann wurde eine Katalog mit Fragen formuliert, die die Antragsteller vom Kammervorstand gerne geklärt wüssten. Dieser solle die erforderlichen Informationen bei den zuständigen Stellen einholen, heißt es. 

Die Delegierten wollen unter anderem Folgendes wissen:

  • Wer sind die Mitglieder des Berufungsausschusses?
  • Wie viele Kandidaten haben sich für den Lehrstuhl beworben?
  • Ist es richtig, dass alle Bewerber für ungenügend qualifiziert erachtet wurden?
  • Auf wessen Initiative hin geschah dies?
  • Wurde der Lehrstuhl tatsächlich dem Department für organische Chemie zugeschlagen?
  • Ist in diesem Fall zwischenzeitlich eine Besetzung mit einem Chemiker erfolgt?

Darüber hinaus gibt es weitere Fragen zur Schaffung des Lehrstuhls sowie zur Qualitätssicherung und Transparenz des Berufungsverfahrens, zum Beispiel nach welchen Kriterien die Qualifikation der Bewerber beurteilt wurde oder, ob man einen renommierten Professor für Klinische Pharmazie für den Bewertungsprozess konsultiert habe. Eine weitere Frage bezieht sich darauf, dass Professoren des Departments Pharmazie, sofern sie überhaupt Apotheker sind, in der Regel nur im praktischen Jahr Patientenkontakt haben, Chemiker auf fachlicher Ebene jedoch gar nicht und was man getan habe, diese schlechten Voraussetzungen für die Beurteilung eines Klinischen (mithin patientenorientierten) Pharmazeuten auszugleichen.

Der Antrag ging sämtlichen Delegierten zu

Die Antworten auf diese Fragen sollen laut Antrag der Delegiertenversammlung in schriftlicher Form vorgelegt werden, außerdem möchte der Antragsteller, dass der Fragenkatalog dem Berufungsausschuss sowie zur Kenntnisnahme dem Präsidenten der LMU und dem zuständigen Staatsministerium vorgelegt wird. Unterzeichnet ist der Antrag von Dr. Markus Zieglmeier, Apotheker am Städtischen Krankenhaus München-Bogenhausen. Dem Vernehmen nach steht aber eine ganze Reihe von Kollegen dahinter, er soll in Absprache erstellt worden sein, heißt es aus Delegiertenkreisen.

Der Antrag ging sämtlichen Delegierten dieser Tage zu. Bei der Kammerversammlung in München am 20. November wird er diskutiert werden. Mit Spannung darf man wohl vor allem erwarten, was Professor Franz Bracher, Lehrstuhlinhaber am Department Pharmazie sowie Mitglied der Kammerversammlung, zu dem Thema zu sagen hat, zum Beispiel, ob er selbst Mitglied des fraglichen Berufungsausschusses war.



Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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