Zyto-Skandal

Staatsanwaltschaft stellt Ermittlungen gegen Zyto-Apotheker und Pharmareferenten ein

Karlsruhe - 05.11.2018, 12:00 Uhr

Der inzwischen verurteilte Zyto-Apotheker Peter S. kann nicht dafür belangt werden, dass er einen Pharmareferenten der Firma Hexal beschenkte. ( r / Foto: hfd)

Der inzwischen verurteilte Zyto-Apotheker Peter S. kann nicht dafür belangt werden, dass er einen Pharmareferenten der Firma Hexal beschenkte. ( r / Foto: hfd)


Küchenmöbel, Bargeld und Hotelkosten

Außerdem habe er im Jahr 2014 im Zusammenhang mit Fortbildungsveranstaltungen von Hexal für Arzthelferinnen S. einen Gefallen getan: Um Teilnehmerinnen zu gewinnen, übernahm Peter S. laut Urteil Fahrtkosten wie auch Hotelkosten. Mehrere Male habe H. Rechnungen und Belege eingesammelt und S. übergeben, welcher ihm Briefumschläge mit Bargeld gab; dieses habe er später bei Besuchen der onkologischen Praxen den Arzthelferinnen übergeben und mitgeteilt, dass es das Geld von Peter S. sei.

Der Pharmareferent brachte vor dem Arbeitsgericht vor, ein wichtiger Grund für eine fristlose Kündigung liege nicht vor. Auch seien die Verhaltensrichtlinien nicht verbindlich im Arbeitsverhältnis verankert – und unklar formuliert. Daher sei ihm nicht gegenwärtig gewesen, dass er eine arbeitsvertragliche Pflichtverletzung begehe. Die Lieferung der Haushaltswaren sei außerdem gegen seinen ausdrücklichen Willen erfolgt: H. habe von Peter S. nur erfahren wollen, wo er einen Rabatt bekäme. Eine Rufschädigung von Hexal sei durch das Verhalten des Klägers nicht zu besorgen gewesen. Außerdem sei das Arbeitsverhältnis jahrelang beanstandungsfrei verlaufen – und Compliance-Verstöße anderer Mitarbeiter sanktionslos geblieben, argumentierte H.

Hexal: Ex-Mitarbeiter beging Rufschädigung

Das sah Hexal deutlich anders: H. habe durch sein Verhalten massiv gegen die Richtlinie verstoßen und eine Vermögensschädigung sowie Rufschädigung begangen, so dass das Vertrauensverhältnis endgültig zerstört und eine Weiterbeschäftigung nicht zumutbar sei. Auch habe er die Höhe des Darlehensbetrages, den er von Peter S. entgegengenommen und nicht zurückgeführt habe, nicht offengelegt. Die Fortbildungen der Arzthelferinnen habe Hexal wegen geringen Interesses eigentlich einstellen wollen, doch habe H. durch sein Mitwirken an der Fahrkostenerstattung dafür gesorgt, dass sie weiter stattfanden. Durch die persönliche Übergabe der Geldumschläge habe er den guten Ruf Hexals gefährdet, da er damit einer Vielzahl von Personen offenkundig gemacht habe, dass er sich als Vertriebsmitarbeiter „für die persönlichen Interessen des Herrn S. einspannen ließ“.

Besonders schwer wiegt für die Pharmafirma jedoch die Rufschädigung im Zusammenhang mit der Lieferung der Haushaltswaren und der Entgegennahme von Bargeld. „Denn erst diese Sachverhalte hätten den Strafverteidigern des Herrn S. ermöglicht, den Kläger und damit auch die Beklagte öffentlichkeitswirksam mit den Machenschaften des Herrn S. in Verbindung zu bringen“, heißt es im Urteil. Dadurch sei in der Öffentlichkeit hängengeblieben, dass Hexal etwas mit dem Prozess gegen den „P.-Apotheker“ zu tun haben könnte – „P.“ steht offenbar für „Pansch“ oder „Pfusch“. Hierdurch habe sich genau das Risiko realisiert, dass durch die Richtlinien verhindert werden solle: Zuverlässigkeit und Seriosität der Novartis-Gruppe als Anbieter im Pharmamarkt seien in Zweifel gezogen worden. H. habe klar sein müssen, dass er massive Interessenkonflikte erzeuge und die Reputation der Beklagten und der Novartis-Gruppe erheblich gefährde.

Gericht gibt Hexal Recht

Das Arbeitsgericht urteilte, H. habe in mehrfacher Weise gegen die Hexal-Richtlinie verstoßen. Die Einlassung, ihm sei die Entstehung eines Interessenskonflikts nicht gewahr gewesen, „konnte daher vom Gericht nur als Schutzbehauptung gewertet werden“, heißt es im Urteil. Durch seine massiven Verstöße gegen die Firmenrichtlinien habe er dazu beigetragen, dass Hexal mit möglichen Schwarzmarktgeschäften oder anderen Deals mit dem sogenannten „P.-Apotheker“ in Verbindung gebracht wurde. Dies sei für ein Pharmaunternehmen, „welches auf absolute Zuverlässigkeit und Seriosität bauen muss und angewiesen ist, mehr als nur misslich“.

Besonders schwer wog für das Gericht die Ansicht des Klägers, dass sein Verhalten schon deshalb nicht rechtswidrig sein könne, weil er von Peter S. zu keiner Zeit Leistungen gefordert habe und diesem keine Sonderbehandlung habe zukommen lassen. Dabei stelle schon die Annahme der Leistungen – sei es mit oder ohne Gegenleistung – einen massiven Verstoß gegen die arbeitsvertraglichen Pflichten dar, weshalb auch eine fristlose Kündigung ohne vorherige Abmahnung begründet sei. Daher wies das Gericht die Kündigungsschutzklage ab. Das Urteil ist inzwischen rechtskräftig.



Hinnerk Feldwisch-Drentrup, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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