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Nebenklage-Anwalt zum Zyto-Prozess
„Das Urteil schwächelt in Sachen der Mordvorwürfe“
Gab es einen PHarma-Schwarzmarkt?
DAZ.online: Ein anderer Punkt sind die Unterschiede zwischen Wareneinkauf und Warenverkauf: Ist ausreichend sichergestellt, dass sie sich nicht etwa doch durch Schwarzmarktgeschäfte erklären lassen?
Schulz: Für die Richter hat sich nach der erfolgten Beweisaufnahme diese Variante wohl nicht erschlossen. Die Verteidigung des Apothekers hätte bei dieser Tatsachenfrage nachlegen müssen, nachdem der vermeintliche Entlastungszeuge genau das Gegenteil von dem bekundet hat, was in sein Wissen gestellt wurde: dass nämlich in einer Tiefgarage aus dem Kofferraum heraus Arzneimittel „schwarz“ verkauft wurden.
Kein gutes Licht auf die Überwachungsbehörden
DAZ.online: Welches Licht wirft das Urteil auf die Überwachungsbehörden?
Schulz: Nicht das Allerbeste! Wenngleich der Vorsitzende Richter in der mündlichen Urteilsbegründung sehr viel deutlichere Worte als im schriftlichen Urteil zur Frage des systemischen Versagens der Apothekenaufsicht geäußert hat, finden sich hier konkrete Tatsachenfeststellungen, die geeignet sind, den Boden für Amtshaftungsansprüche vorzubereiten.
DAZ.online: Sie haben schon zuvor Entschädigungen für die Patienten gefordert. Wie stellen Sie sich dies konkret vor?
Schulz: Einige Anwälte der Nebenkläger arbeiten an einer Zivilklage gegen den Apotheker. Andere stehen mit dem Gesundheitsministerium in Kontakt, um zu erreichen, dass das Land NRW – wie bereits in der Vergangenheit geschehen – einen Opferfonds auflegt, der den bis zu 10.000 möglichen Betroffenen finanzielle Hilfe bereitstellt. Man wird abwarten müssen, welches dieser strategischen Ziele sich zuerst realisieren lässt.
Schulz: Der Ball liegt beim Bundesgerichtshof
DAZ.online: Wie geht es nun weiter – wissen Sie schon wie sie Ihre Revision begründen wollen?
Schulz: Die Nebenkläger verfolgen taktische und strategische Zielsetzungen: Zunächst ging es darum, der Verteidigungsstrategie des Apothekers auf Freispruch entgegenzutreten – das Ergebnis spricht für sich! Wer Freispruch fordert und 12 Jahre Haft bekommt, müsste eigentlich realisieren, dass nicht effizient verteidigt wurde. Ein frühes Geständnis und ein Täter-Opfer-Ausgleich hätte durchaus ein Strafmaß ergeben können, bei dem der Apotheker vielleicht schon Weihnachten 2018 als Freigänger unter dem elterlichen Weihnachtsbaum gesessen hätte. Diese Option hat er – aus welchen Gründen auch immer – für sich nicht in Betracht gezogen.
Jetzt muss der Bundesgerichtshof entscheiden, ob das erstinstanzliche Urteil Bestand hat oder für den Fall einer Urteilsaufhebung eine andere Strafkammer des Landgerichts Essen über eine mögliche Verurteilung auch wegen versuchten beziehungsweise vollendeten Mordes zu befinden hat. Ein erfahrener Strafverteidiger wäre dieses Risiko niemals eingegangen und hätte seinem Mandanten eindringlich den sicheren Weg empfohlen. Aber auch im Strafrecht gilt die Lebensweisheit: Wie man sich bettet, so liegt man.
1 Kommentar
Schwarzmarkt
von atopom am 21.11.2018 um 15:53 Uhr
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