Else-Kröner-Fresenius-Preis

Apotheker ohne Grenzen erhalten Auszeichnung für Argentinienprojekt

Berlin - 26.11.2018, 09:00 Uhr

Dr. Carina Vetye, Leiterin des Argentinienprojektes bei Apotheker ohne Grenzen, setzt sich seit 17 Jahren für chronisch Kranke in einem Armenviertel von Buenos Aires ein. ( r / Foto: Neele Schedler)

Dr. Carina Vetye, Leiterin des Argentinienprojektes bei Apotheker ohne Grenzen, setzt sich seit 17 Jahren für chronisch Kranke in einem Armenviertel von Buenos Aires ein. ( r / Foto: Neele Schedler)


Seit 17 Jahren setzt sich die Apothekerin Dr. Carina Vetye für chronisch Kranke in Argentinien ein. Am vergangenen Donnerstag wurde die Apothekerin mit dem Else-Kröner Fresenius-Preis für Medizinische Entwicklungsarbeit ausgezeichnet. Das Langzeitprojekt von Apotheker ohne Grenzen in einem Armenviertel von Buenos Aires verdeutlicht zudem, wie wichtig pharmazeutische Kompetenz in der Patientenversorgung ist.

Bei der Arbeit von Hilfsorganisationen geht es nicht nur um Hunger, Seuchen oder akute Traumata. Sondern auch um die stilleren Gefahren durch chronische Erkrankungen, die in ärmeren Ländern den Teufelskreis zwischen Armut und Krankheit verstärken. Denn ohne Behandlung führen Herz-, Gefäß und Stoffwechselerkrankungen schneller zur Arbeitsunfähigkeit oder zum Tode, als in wohlhabenden Ländern, wo der Zugang zu Therapien einfacher ist.

Nachhaltige Verbesserungen sind Knochenarbeit

Die Gesundheitsversorgung für Chroniker lässt sich nicht in einem kurzfristigen, medienwirksamen Hilfseinsatz verbessern, sondern erfordert langjährige, oft mühselige Entwicklungszusammenarbeit. Wie sie Dr. Carina Vetye von Apothekern ohne Grenzen seit 17 Jahren in einem Slum von Buenos Aires, Argentinien leistet. Für ihren unermüdlichen Einsatz für chronisch Kranke erhielt die Apothekerin den Else-Kröner-Fresenius-Preis für Medizinische Entwicklungsarbeit. Vetye nahm die Auszeichnung am vergangenen Donnerstag  von Dr. Dieter Schenk, Vorsitzender des Stiftungsrates der Else Kröner-Fresenius-Stiftung und Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung in Berlin entgegen.

Reden hilft: Bei der Patientenversorgung der Slumbewohner geht es oft um die ganze Familie.  (Foto: Apotheker ohne Grenzen)

Medikation und Wissensvermittlung

Die Apothekerin hat ihre Arbeit in Argentinien 2002 aufgenommen und lernte dabei die dramatischen Folgen von Diabetes und Armut kennen. „Ich werde beim lebendigen Leib verfaulen“, so stellt sich die Prognose für Betroffene dar. Denn die Diabetesbehandlung ist für die Slumbewohner zu teuer. Ähnlich düster ist die Prognose für unbehandelte Hypertonie, Fettstoffwechselstörungen oder Arthrose. Neben den finanziellen Mittel fehlt es auch an Wissen über Gesundheitsprävention. So sind preisgünstige Lebensmittel häufig reich an Zucker und Fetten, was das Risiko für Stoffwechselerkrankungen steigert.

„Zweibeinige Packungsbeilage“

In Zusammenarbeit mit einem städtischen Gesundheitszentrum in einem Armenviertel in Buenos Aires gründete Vetye 2008 eine Apotheke, in der die erkrankten Bewohner kostenlos lebenswichtige Medikamente erhalten können. In der Apotheke im Gesundheitszentrum Nr. 16, das ein Einzugsgebiet von rund 25.000 Personen hat, sind die Patienten in Versorgungsprogrammen eingebunden und erhalten regelmäßige Beratung. „Ich bin die zweibeinige Packungsbeilage“, erklärte die Preisträgerin schmunzelnd. Während vor Projektbeginn nur etwa 20 Prozent der Chroniker in dem Armenviertel medikamentös versorgt werden konnten, profitieren nun nahezu alle von den Dienstleistungen der Apotheke. Auch das Gesundheitspersonal vor Ort wird von der AoG-Apothekerin geschult.

Doch es gebe noch viel zu tun, erklärte Projektleiterin. Das Preisgeld von 100.000 Euro diene der weiteren Finanzierung des Argentinienprojekts. 

Neele Schedler
Die AoG-Mitglieder mit ihrer Preisträgerin Dr. Carina Vetye (Mitte)

Patienten brauchen pharmazeutische Kompetenz

Die Arbeit in den Slums ist hart. Die Menschen in den Armenvierteln leben eng zusammengepfercht unter schlechten hygienischen Bedingungen und mit vergitterten Fenstern. Denn neben Erkrankungen stellt auch die hohe Kriminalität eine ständige Bedrohung für Leib und Leben dar.

„Carina Vetye und ihr Team haben Menschen, die sich schon aufgegeben haben, Hoffnung und Würde zurückgegeben“, betonte AOG-Mitglied Christiane Fehrmbacher Lutz in ihrem Redebeitrag, mit dem sie ihre Kollegin beglückwünschte. Vetyes Projekt zeigt auch, wie wichtig pharmazeutischer Einsatz in der Gesundheitsversorgung ist, betont die Apothekerin aus Augsburg.



Dr. Bettina Jung, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online
redaktion@daz.online


Diesen Artikel teilen:


0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.