- DAZ.online
- News
- Politik
- Apotheker, Ärzte und AOK...
Versorgungsengpässe
Apotheker, Ärzte und AOK attackieren Impfstoff-Hersteller und Politik
Der Versorgungsengpass mit Grippeimpfstoffen wird zum Politikum. Das Bundesgesundheitsministerium hat einen offiziellen Engpass im Bundesanzeiger veröffentlicht, sodass die Bundesländer Impfstoffe auch aus anderen Ländern importieren können. Das passiert auch in einigen Regionen. Der AOK, den Ärzten und den Apothekern aus Baden-Württemberg reicht das jedoch nicht: In einer gemeinsamen Mitteilung fordern sie Konsequenzen für die Hersteller und eine nationale Impfstoff-Reserve.
Vor etwa zwei Wochen reagierte das Bundesgesundheitsministerium (BMG) auf die andauernden Engpässe bei den Grippeimpfstoffen, es hat bereits am 23. November 2018 einen offiziellen Versorgungsengpass im Bundesanzeiger bekannt gemacht, der es den Bundesländern ermöglicht, besondere Maßnahmen in die Wege zu leiten. Dazu gehört unter anderem der Import von Impfstoffen aus anderen Ländern in Europa. Das ist inzwischen in einigen Regionen des Landes auch in die Wege geleitet: Bayern hat sich beispielsweise 20.000 Dosen aus Frankreich gesichert, das erklärte jüngst Dr. Hans-Peter Hubmann, Vorsitzender des Bayerischen Apothekerverbandes (BAV).
Mehr zum Thema
Von gut versorgt bis ausgebrannt
Grippeimpfstoff-Lieferengpässe: So ist die Lage in den einzelnen Regionen
In Baden-Württemberg schien die Versorgungslage bislang eigentlich entspannter als in anderen Bundesländern. Noch am 21. November teilte eine Sprecherin des dort zuständigen Ministeriums für Soziales und Integration mit: „Von einem massiven Mangel ist uns nichts bekannt.“ Zwar habe es Meldungen gegeben, wonach in manchen Regionen Baden-Württembergs der Impfstoff vergriffen sei. Für ein größeres Gebiet gelte das bisher aber nicht.
Trotzdem haben sich im Südwesten nun Ärzte, Apotheker und die AOK zusammengetan, um weitergehende Maßnahmen und Konsequenzen aus dem Engpass einzufordern. AOK-Chef Dr. Christopher Hermann fordert die Bundespolitik auf, die Hersteller stärker in die Pflicht zu nehmen.
Die Impfstoffhersteller haben ihre Zusage an die Politik, die im Zusammenhang mit der Abschaffung der Lieferverträge der Kassen zu Impfstoffen gegeben wurde, nicht eingelöst. An die Stelle der Planungssicherheit ist offensichtlich die Sorge um Überkapazitäten getreten. Wir reden hier nicht über irgendwelche Produkte, sondern über unverzichtbare Bestandteile unserer Gesundheitsversorgung. Wenn der Gesetzgeber die Impfstoffhersteller derart aus ihrer Pflicht entlässt, muss er selbst für die Versorgungssicherheit eintreten. Das kann durch Einlagerung von Reservekapazitäten durch den Bund erfolgen.“
Becker fordert nationale Arzneimittelreserve
Auch Fritz Becker, Präsident des Landesapothekerverbandes, ist erzürnt. Er fordert den Aufbau einer nationalen Impfstoff- und Arzneimittelreserve.
Die Apotheken können nur die Impfstoffe ausgeben, die sie bekommen. Offensichtlich scheint das Laissez-faire-System nicht zu funktionieren. Wir fordern daher eine nationale Reserve an wichtigen Impfstoffen und anderen Arzneimitteln, in der wir etwa den Bedarf von mehreren Monaten vorhalten, die Lieferengpässe überbrücken und die hohe Importabhängigkeit in diesem Bereich ausgleichen können. Wir sehen hier die Arzneimittelhersteller und den Großhandel in der Umsetzungspflicht, die Kosten dafür muss der Bund tragen. Für saisonale Impfstoffe muss ein fixer, für alle verbindlicher Zeitplan her, damit die sinnvollen Vorbestellphasen besser genutzt werden können.“
Schließlich äußerte sich auch Dr. Norbert Metke, Chef der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) in Baden-Württemberg. Der Mediziner erklärt, dass er kein Verständnis dafür habe, dass die Versorgungslage in Deutschland bei Impfstoffen so schlecht ist. Metke wörtlich:
Seit diesem Jahr haben wir wieder die gleiche Situation wie vor den Kassen-Lieferverträgen: Es sind nicht genügend Impfstoffe gegen die Grippeviren vorhanden. Aktuell haben unsere Ärzte bereits den Großteil ihrer Impfstoffe verbraucht. Gemeinsam werden wir dafür Sorge tragen, die verfügbaren Restbestände auch entsprechend der Versorgung zukommen zu lassen. So fragen wir die noch vorhandenen Impfdosen bei unseren Mitgliedern ab und stellen die Information über eine entsprechende Plattform unseren Mitgliedern zur interkollegialen Versorgung der zu Impfenden zur Verfügung. Die gleiche Situation kann auch bei anderen Arzneimitteln auftreten. Kritisch wird es, wenn dann keine Alternative verfügbar ist wie etwa bei patentgeschützten Arzneimitteln. Wir haben kein Verständnis, dass es in einem der höchst entwickelten Staaten der Welt nicht möglich ist, ausreichend Impfstoff und Arzneimittel zur Verfügung zu stellen. Wir wollen gar nicht daran denken, was passiert, wenn wir einmal eine plötzliche Epidemie haben. Hier besteht unbedingt dringender Handlungsbedarf.“
2 Kommentare
Impfstoffe
von mountainbiker am 05.12.2018 um 19:27 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
Der AOK-Chef
von Christiane Patzelt am 05.12.2018 um 16:55 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.