GSAV-Stellungnahme

AOK: Apotheker werden fiktive Preise abrechnen

Berlin - 20.12.2018, 11:30 Uhr

Der AOK-Bundesverband rechnet damit, dass die Zyto-Apotheker nach der gesetzlichen Umstellung einfach fiktive Preise bei den Kassen abrechnen. (Foto: Imago)

Der AOK-Bundesverband rechnet damit, dass die Zyto-Apotheker nach der gesetzlichen Umstellung einfach fiktive Preise bei den Kassen abrechnen. (Foto: Imago)


Die Krankenkassen laufen Sturm gegen die vom Bundesgesundheitsministerium geplanten Umstellungen am Zyto-Honorar der Apotheker. Nach dem GKV-Spitzenverband erklärt nun auch der AOK-Bundesverband in einer Stellungnahme, dass der im Entwurf des Gesetzes für Sicherheit in der Arzneimittelversorgung (GSAV) vorgesehene Arbeitspreis von 110 Euro viel zu hoch sei. Der AOK-BV wünscht sich eine Umsetzung des Honorargutachtens. Außerdem fordert der Verband strenge Kontrollen in Zyto-Apotheken.

Die Diskussion um die Vergütung der Zyto-Apotheken kommt nicht zur Ruhe. Während im vergangenen Jahr über die exklusiven Ausschreibungen der Kassen auf Apothekenebene gestritten wurde, bis diese abgeschafft wurden, ging es in den vergangenen Monaten vornehmlich um die Preise und die Höhe der Vergütung. Nach langwierigen Verhandlungen zwischen Apothekern und Kassen zur Hilfstaxe will Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) mit dem Gesetz für Sicherheit in der Arzneimittelversorgung nun ein ganz neues Vergütungs- und Preissystem einführen. Hier nochmals seine Vorschläge im Überblick:

  • Der Arbeitspreis der Zyto-Apotheker soll künftig als Fixhonorar in einer Höhe von 110 Euro gezahlt werden, also deutlich mehr als jetzt, wo für Zytostatika 81 Euro abgerechnet werden können, und für Antikörperzubereitungen 71 Euro. Das Ministerium schätzt, dass die Kassen pro Jahr so etwa 120 Millionen Euro mehr an die Zyto-Apotheker überweisen.
  • Die Apotheker sollen bei der Abrechnung mit den Kassen nur noch den tatsächlichen Einkaufspreis erhalten, anstelle des Listenpreises abzüglich Abschlag. Die Preisverhandlungen sollen künftig ausschließlich zwischen Kassen und Herstellern auf regionaler Ebene stattfinden. 

Nach dem GKV-Spitzenverband protestiert nun auch der AOK-Bundesverband gegen diese Vorschläge. Aus Sicht der AOKen geht Spahn „fälschlicherweise“ davon aus, dass eine Umstellung der Vergütungsregelung Skandale wie in Bottrop verhindern könnten. „Dabei werden Apothekerwünsche pauschal umgesetzt, was zu erheblichen Mehrkosten von über 500 Millionen Euro sowie Unwirtschaftlichkeiten in der GKV führt.“ Auch der GKV-Spitzenverband hatte schon angegeben, dass die neue Zyto-Vergütung zu Mehrausgaben von etwa 470 Millionen Euro führen werde. Vielmehr wünscht sich der AOK-BV die Umsetzung des Honorargutachtens der Agentur 2HM für den Zyto-Markt. Zur Erinnerung: Dort wurde ein Einsparvolumen von etwa 253 Millionen Euro berechnet. Mit der Begründung:


Parenterale Zubereitungen werden aktuell deutlich höher vergütet als es der Arbeitsaufwand rechtfertigt. Hier wurde ggf. der technische Fortschritt in der bisherigen Bestimmung der Zuschläge vernachlässigt. Die aktuelle Primärerhebung der Aufwände und damit verbundenen Kosten legen eine deutliche Reduktion der Zuschläge in der AMPreisV und in der Folge ggf. in der Hilfstaxe nahe.“

Honorargutachten 2HM


Der Kassenverband rechnet vor, dass demnach ein Arbeitspreis zwischen 22 und 33 Euro angemessen wäre.

AOK: Apotheker sollten nicht Apotheker kontrollieren

Aber die AOKen stören sich auch an Spahns Vorschlag, dass die Apotheker nur noch die Einkaufspreise erhalten und dass die Preise zwischen Kassen und Herstellern ausgehandelt werden sollen. Wörtlich erklärt der AOK-Bundesverband dazu: „Es ist davon auszugehen, dass die Apotheken in Zukunft den Krankenkassen die fiktiven Listenpreise in Rechnung stellen, entweder weil sie tatsächlich nicht mehr verhandeln oder weil es nicht möglich sein wird, herausfinden, welcher Einkaufspreis im konkreten Abrechnungsfall tatsächlich gezahlt wurde. Denn die tatsächlichen Einkaufskonditionen wären nur mit hohem Aufwand wirkstoff- und packungsbezogen nachzuvollziehen. Es ist schon jetzt abzusehen, dass die notwendigen Prüfungen seitens der Apotheken nicht auf Akzeptanz stoßen werden.“

Die im Entwurf vorgeschriebenen Zyto-Rabattverträge zwischen Kassen und Herstellern könnten aus Sicht der AOK zum Rohrkrepierer werden. Schließlich adressierten diese nur einen Teilmarkt und würden auf wenig Gegenliebe bei den Herstellern stoßen. Der AOK-Verband erinnert auch daran, dass die bisherigen Bemühungen um Selektivverträge wenig erfolgreich waren. In einigen Regionen hatte es bei den Ausschreibungen gar keine Bewerbungen der Hersteller gegeben, so der Kassenverband. Außerdem stört sich die AOK daran, dass die „gerade erst gestärkten Elemente der bestehenden Regelungen wie die Hilfstaxe und das Adressieren der Verwürfe faktisch abgeschafft“ werden. Als Lösung schlägt die AOK vor, zu den apothekenexklusiven Ausschreibungen zurückzukehren, die dann gemeinsam und einheitlich mit allen Kassen abgeschlossen werden könnten.

Kontrollen alle zwei Jahre und nicht durch Apotheker

Die AOKen stören sich aber auch an den Umstellungen am Kontrollsystem im Bereich der Zyto-Apotheken. Im GSAV-Entwurf hat das BMG vorgeschlagen, dass es häufiger zu unangemeldeten Kontrollen in Apotheken kommen soll. Im Bundesgesetz sollen diese unangemeldeten Kontrollen als verpflichtend festgeschrieben werden. Die Frequenz der Kontrollen soll aber weiterhin durch die Landesbehörden geregelt werden. Die AOK findet, dass es grundsätzlich nicht Apotheker sein sollten, die ihre Berufskollegen überprüfen. Es sei „kritisch zu hinterfragen, ob die Überwachung von Apotheken durch andere Apotheker, die nicht hauptberuflich bei der zuständigen Behörde beschäftigt sind, erfolgen sollte.“

Außerdem fordert der Verband eine höhere Prüffrequenz, „da effektive und regelmäßige Kontrollen einen wichtigen Beitrag zur Qualitätssicherung in der Versorgung leisten.“ Deswegen solle ein Mindeststandard der Prüfungshäufigkeit festgelegt werden, „dieser könnte mindestens alle zwei Jahre betragen“. Und weiter: „Ebenso wäre eine regelhafte Untersuchung von Arzneimittelproben im Rahmen der unangemeldeten Prüfung angemessen, denn nicht immer wird man vom äußeren Anschein der Herstellung auf die pharmazeutische Qualität schließen können.“



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


Diesen Artikel teilen:


0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.