Digitalisierung

Besser als Vivy & Co: Ärzte loben elektronische Patientenakte der Gematik

Berlin - 09.01.2019, 15:15 Uhr

Für die Bundesärztekammer bietet die elektronische Patientenakte der Gematik mehr Nutzen als die vielbeworbenen Smartphone-Apps einiger Kassen. (s / Foto: Monet / stock.adobe.com)

Für die Bundesärztekammer bietet die elektronische Patientenakte der Gematik mehr Nutzen als die vielbeworbenen Smartphone-Apps einiger Kassen. (s / Foto: Monet / stock.adobe.com)


Im Gegensatz zu Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) bewertet die Bundesärztekammer das Konzept der Gematik für die elektronische Patientenakte positiv. Aus Sicht der Mediziner bilden die Vorschläge der Gesellschaft für Telematikanwendungen die Bedürfnisse der Ärzte im Versorgungsalltag besser ab, als die Apps der Krankenkassen.

Geprüft und für praxistauglich befunden: Die Bundesärztekammer (BÄK) vergibt dem Konzept der Gematik für die elektronische Patientenakte (ePA) gute Noten. Was die Gesellschaft für Telematikanwendungen bei der elektronischen Patientenakte vorgelegt hat, komme den Vorstellungen der BÄK „sehr nahe“, erklärte Nobert Butz, Leiter des BÄK-Dezernats Telemedizin und Telematik, gegenüber der Ärzte Zeitung. Die Berufskammer lobt bei den Gematik-Plänen insbesondere die strukturierte Datenablage.

Gematik betont Interoperabilität

Nachdem in den vergangenen Monaten die Krankenkassen mit Anwendungen wie beispielsweise „Vivy“ oder „TK-Safe“ von sich reden machten, präsentierte die Gematik kurz vor Weihnachten ihre Pläne zur elektronischen Patientenakte. In dem mehr als 1000 Seiten umfassendem Dokumentenpaket hat die Betreibergesellschaft die notwendigen Spezifikationen, Zulassungsverfahren und Feldtestkonzepte für die ePA festgelegt.

Der Gematik, die auch für die Zulassung der Systeme anderer Softwareanbieter zuständig ist, kommt es bei der ePA auf Einheitlichkeit und Interoperabilität an. „So können gesetzlich Versicherte, die eine elektronische Patientenakte nutzen möchten, auch frei zwischen Anbietern wählen und im Rahmen eines Anbieterwechsels alle Akten-Inhalte, inklusive der Metadaten, Protokolle und Zugriffsberechtigungen, vollständig auf den neuen Anbieter übertragen lassen“, erklärte Alexander Beyer, Geschäftsführer der Gematik anlässlich der Veröffentlichung des Konzepts.

BÄK: praktischer Nutzen wichtiger als „Gimmicks“

Die Gematik hat auch einen Prototypen für die ePA entwickelt, der in drei „Schubladen“ aufgeteilt ist. Ein Fach ist für Abrechnungsdaten mit den Krankenkassen vorgesehen und in das zweite kann der Patient seine eigenen gesammelten Daten ablegen. Die dritte Schublade bezeichnet Butz als die „medizinische“, in die die Leistungserbringer Befunde, Notfalldaten und Medikationspläne einstellen. Aus der Gematik-Akte lassen sich  themenbezogen Datenpakte ziehen, wie beispielsweise Röntgenbefunde der Schulter.

„Davon sind TK-Safe oder Vivy in den derzeitigen Versionen weit entfernt. Das zeigt, dass diese Akten die Bedarfe der Patientenversorgung nicht auf dem Schirm haben“, so Butz gegenüber der Ärzte Zeitung. Eine Smartphone-App, in der der Patient seine Daten sammelt, sei auch nicht mehr als ein „Gimmick“. Im Gegensatz zu den Kassen-Apps bilde die Gematik-Akte die Bedürfnisse der Ärzte, die tagtäglich damit arbeiten sollen, wesentlich besser ab und liefere praktischen Nutzen. Aus Sicht der Kammer fehlen bei der Gematik-Akte zwar noch „ein paar Komponenten“, die jedoch in der Folgeversion bereits berücksichtigt seien.

Spahn findet Gematik-Dokumente „zu lang“

Völlig anders fiel das Urteil von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) aus. Nach der Veröffentlichung des Konzeptes kündigte er einen Umbau der Gematik an. Spahn kritisierte laut Ärzte Zeitung unter anderem die Länge des Gematik-Dokumentenpakets. Der Textumfang ist für Butz allerdings kein geeignetes Bewertungskriterium. Technische Spezifikationen seien nun mal umfangreich, so der BÄK-IT-Experte.

Wie geht es weiter?

Mit der Veröffentlichung ihres Konzepts im vergangenen Dezember erfüllte die Gematik ihre gesetzliche Verpflichtung gemäß § 291a SGB V. Demzufolge musste die Betreibergeslleschaft die technischen Rahmenbedingungen für die ePA bis zum 31. Dezember 2018 definieren. Nach dem Gesetzentwurf zum TSVG werden die gesetzlichen Krankenkassen verpflichtet, ihren Versicherten spätestens ab dem 1. Januar 2021 eine von der Gematik zugelassene elektronische Patientenakte zur Verfügung zu stellen.

Als „Datenautobahn" für die digitale Patientenakte sowie Anwendungen wie beispielsweise der elektronische Medikationsplan dient die Telematikinfrastruktur (TI). Deren Ausbau war bislang mit erheblichen mit Verzögerungen gepflastert. Während die Ärzte im vergangenen Jahr nach und nach mit den notwendigen Hardware-Konnektoren ausgestattet wurden, liegt die TI-Anbindung der Apotheken  noch weit zurück.

In der vergangenen Woche sind allerdings erste Fortschritte zu verzeichnen gewesen. So steht inzwischen fest, wie viel Geld die Apotheker für die Einrichtung der neuen technischen Ausrüstung und die Verwendung der TI regelmäßig erhalten sollen.




Dr. Bettina Jung, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online
redaktion@daz.online


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