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Ermittlungen
War die Rückübertragung der Bottroper Zyto-Apotheke illegal?
Kurz nach seiner Verhaftung hat der Bottroper Zyto-Apotheker Peter S. die Apotheke an seine Mutter zurückübertragen, diese hatte sich zuvor ein entsprechendes Recht zusichern lassen. Doch hat die Rückübertragung womöglich auch den Zweck gehabt, Pfändungen zu verhindern – was strafbar sein könnte. Gegen den Notar hat die Staatsanwaltschaft nach Informationen von DAZ.online ein Ermittlungsverfahren eingeleitet und für Peter S. einen Insolvenzantrag gestellt.
Als der Bottroper Zyto-Apotheker Peter S. Ende November 2016 verhaftet wurde, kam ein Arzneimittelskandal ans Licht der Öffentlichkeit, der das Vertrauen vieler Krebspatienten in die Qualität ihrer Arzneimittel erschütterte: Der Pharmazeut dosierte laut dem Urteil des Landgericht Essen vom Juli letzten Jahres mehr als 14.000 Krebsmittel deutlich unter und betrog die Krankenkassen um rund 17 Millionen Euro. Mehr als 40 Betroffene hatten sich dem Verfahren als Nebenkläger angeschlossen, viele machen Ansprüche geltend – doch wird es für sie womöglich schwierig, diese auch durchzusetzen.
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S. war zwar sehr vermögend – doch übertrug er die Zyto-Apotheke knapp zwei Monate nach seiner Inhaftierung seiner Mutter zurück. Diese hatte sich etwa für den Fall, dass ihr Sohn die Apotheke verkaufen möchte, ein entsprechendes Recht einräumen lassen, als sie im Jahr 2012 die Apotheke samt Grundstück ihrem Sohn übergeben hatte. S. erklärte, sie tatsächlich verkaufen zu wollen – und beauftragte während seiner Untersuchungshaft einen Notar, die Apotheke wieder seiner Mutter zu übertragen.
Sollte eine Pfändung durch die Rückübertragung vereitelt werden?
Nach Informationen von DAZ.online zweifeln Nebenkläger jedoch an der Rechtmäßigkeit der Übertragung: Wie im Rückübertragungsvertrag festgehalten ist, drohte damals eine Pfändung, da das Amtsgericht Essen einen „dinglichen Arrest“ ausgesprochen hatte. Und das Vereiteln einer Pfändung durch die Rückübertragung der Apotheke könnte strafbar gewesen sein. Denn wer bei einer ihm drohenden Zwangsvollstreckung mit der Absicht, die Befriedigung des Gläubigers zu vereiteln, Bestandteile seines Vermögens veräußert oder beiseiteschafft, kann nach Paragraph 288 des Strafgesetzbuchs mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft werden.
Ermittlungsverfahren gegen den Notar eingeleitet
Der Notar hätte die Beurkundung der Rückübertragung womöglich gar nicht vornehmen dürfen, argumentiert der Nebenklagevertreter Andreas Schulz. Notare sind verpflichtet, Handlungen abzulehnen, bei denen erkennbar der Verdacht besteht, dass unerlaubte oder unredliche Zwecke verfolgt werden. Nach Einschätzung des Anwalts dürfte dies auf die Rückübertragung der Bottroper Apotheke zutreffen. Die Staatsanwaltschaft Essen hat nach Informationen von DAZ.online gegen den Notar ein Ermittlungsverfahren eingeleitet und dieses zuständigkeitshalber an die Staatsanwaltschaft Wuppertal weitergeleitet. Das Landgericht Wuppertal hat als Dienstaufsichtsbehörde des Notars zudem den Sachverhalt sowie die Vorwürfe geprüft und aufgrund des bestehenden Verdachts „das Erforderliche“ veranlasst. Auf Anfrage wollte der Pressesprecher des Gerichts zu dem Fall nicht Stellung nehmen.
Nebenklagevertreter Schulz hält es für möglich, dass frühere
Patienten des Apothekers Forderungen gegen ihn durchsetzen können – und zwar im
Rahmen eines Insolvenzverfahrens über eine so genannte Vorsatzanfechtung von
Verträgen des Apothekers, mit denen dieser womöglich Vermögensgegenstände
angesichts etwa seiner drohenden Insolvenz abgegeben hat. Derartige Geschäfte
können bis zu zehn Jahre rückwirkend aufgehoben werden
Es könnte ein Insolvenzverfahren eröffnet werden
Nach Informationen von DAZ.online könnte demnächst vom Amtsgericht Essen ein Insolvenzverfahren eröffnet werden: Die Staatsanwaltschaft Essen hat einen Insolvenzantrag gestellt, wie die Pressesprecherin auf Nachfrage bestätigt. Dies hinge mit der zu erwartenden Einziehung von 17 Millionen Euro zusammen, welche vom Landgericht Essen im Urteil von Juli 2018 verfügt wurde. Voraussetzung für einen derartigen Antrag seitens der Staatsanwaltschaft ist, dass sie keine Zweifel an der Eröffnung des Insolvenzverfahrens hat.
Haben Peter S. und seine Mutter tatsächlich mit Gläubigerbenachteiligungsvorsatz gehandelt, um das Vermögen vor entsprechenden Forderungen zu sichern? Ein Strafverteidiger des Apothekers erklärte zunächst gegenüber DAZ.online, er würde eine Stellungnahme zu diesem Vorwurf ernsthaft in Erwägung ziehen – welche jedoch bis Redaktionsschluss ausblieb. DAZ.online kontaktierte gleichfalls eine Medienrechtskanzlei, welche in der Vergangenheit die Mutter von S. vertreten hatte. Auch von dieser Seite erfolgte keine Stellungnahme.
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