GSAV und Innovationen

BMG will mehr Transparenz bei patientenindividuellen Arzneimitteln

Berlin - 14.02.2019, 12:30 Uhr

Bestimmte patientenindividuelle Zubereitungen haben keine Arzneimittelzulassung. Wichtige Pharmakovigilanzdaten fehlen. Mit dem GSAV erhofft sich die Bundesregierung mehr Transparenz. ( r / Foto: imago)

Bestimmte patientenindividuelle Zubereitungen haben keine Arzneimittelzulassung. Wichtige Pharmakovigilanzdaten fehlen. Mit dem GSAV erhofft sich die Bundesregierung mehr Transparenz. ( r / Foto: imago)


Bei „neuartigen Therapien“ (ATMP) ist die Datenlage häufig dünn. Das Bundesgesundheitsministerium will die Transparenz bei diesen Präparaten erhöhen: So sieht das geplante Arzneimittelgesetz vor, dass nicht zulassungs- oder genehmigungspflichtige ATMP künftig beim Paul-Ehrlich-Institut angezeigt werden müssen.

Valsartan, Lunapharm und Bottrop – das waren die Triebfedern für viele Eckpunkte des neuen Arzneimittelpakets von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU). Doch in dem Entwurf für ein Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung (GSAV) geht es auch um etwas weniger prominente Sicherheitsthemen.

Gemeint sind neue Regelungen für Orphan Drugs und Arzneimittel für neuartige Therapien (ATMP, Advanced Therapy Medicinal Products), die Dr. Lars Nickel und Dr. Anna-Maria Mattenklotz vom Bundesgesundheitsministerium auf der Handelsblatt-Konferenz „Pharma 2019“ am gestrigen Mittwoch vorstellten.

Meldepflicht auch für ATMP ohne Zulassung

Bei diesen innovativen Produkten unterscheiden sich die regulatorischen Anforderungen von denen klassischer Arzneimittel, um sie Patienten schneller verfügbar zu machen. Die Schattenseite – häufig fehlt es an Pharmakovigilanz- oder Anwendungsdaten. Da kann ein „komisches Gefühl“ entstehen, erklärte Nickel. Ein Extrembeispiel sind Präparate, die weder zulassungs- und genehmigungspflichtig sind. Laut GSAV-Entwurf soll der behandelnde Arzt die Anwendung auch bei diesen ATMP beim Paul-Ehrlich-Institut künftig anzeigen und Nebenwirkungen dokumentieren müssen.

Was sind ATMP?

Zur Erklärung: Bei ATMP handelt es sich um patientenindividuelle Zubereitungen wie Gentherapeutika, somatische Zelltherapeutika und biotechnologisch bearbeitete Gewebeprodukte. Ihre Anwendung ist spezialisierten Zentren vorbehalten. Meist handelt es sich um Therapien für schwere oder seltene Erkrankungen. Ein bekanntes Beispiel für ein zugelassenes ATMP ist die kostspielige Gentherapie Kymriah. Für ATMP, die nicht routinemäßig hergestellt und an Dritte abgegeben werden, ist laut § 4b AMG keine Zulassung erforderlich. Ein Beispiel dafür ist die Arthrosebehandlung mittels Fettstammzelltherapie.

Außerdem wird mit dem GSAV-Entwurf der G-BA dazu ermächtigt, Richtlinien zur Qualitätssicherung für die Anwendung aller ATMP vorzugeben.

Datenerhebungen bei Orphan Drugs

Auch bei der Gruppe der Orphan Drugs soll der G-BA eine größere Rolle spielen. Hier geht es vornehmlich um mögliche Kostensenkungen. Und zwar soll das Selbstverwaltungsorgan laut GSAV-Entwurf zusätzliche Datenerhebungen anordnen und dabei die Verordnung auf teilnehmende Vertragsärzte und Einrichtungen beschränken dürfen. Die Kosten hat der Arzneimittelhersteller zu tragen. Sind die Ergebnisse negativ, kann sich dies auf den Erstattungsbetrag auswirken. Ähnliches gilt, wenn die Erhebung nicht durchgeführt werde, erklärte Mattenklotz.

Der Orphan-Drug-Status beinhaltet, dass diese Medikamente zur Behandlung seltener Erkrankungen von vorneherein einen Zusatznutzen haben. Das Ausmaß definiert der G-BA. An dieser Stelle ist anzumerken, dass die Bewertung des Zusatznutzens durch das IQWiG (Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen) auf randomisierten, kontrollierten Zulassungsstudien normalerweise basiert. Anwendungsbezogene Datenerhebungen waren bisher nicht ausschlaggebend.



Dr. Bettina Jung, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online
redaktion@daz.online


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