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Achtung Privatrezept
Apotheker bleibt auf Mehrkosten für Glivec sitzen
Retaxationen von Krankenkassen sind ärgerlich, aber ein bekanntes Phänomen in Apotheken. Doch auch bei der Vorlage eines Privatrezepts kann sich ein Apotheker nicht immer sicher sein, dass ihm die Kosten für ein abgegebenes Arzneimittel gänzlich erstattet werden. Das kann dann der Fall sein, wenn der Kunde, der das Rezept einlöst, nur im PKV-Basistarif versichert ist und dies in der Apotheke bekannt ist. Das zeigt ein Urteil des Landgerichts Bremen.
In der Apotheke ist gemeinhin nicht zu erkennen, ob ein Kunde, der ein Privatrezept einreicht, „normal“ versichert ist oder aber nur im PKV-Basistarif, in dem der Leistungsumfang etwa dem der gesetzlichen Krankenversicherung entspricht. In der Regel kann ihr das auch gleichgültig sein, denn sie bekommt das Geld direkt vom Patienten. Ist in der Apotheke jedoch bekannt, dass ein Kunde im Basistarif versichert ist, treffen das Personal und den Inhaber besondere Aufklärungspflichten. Das musste jetzt ein Apotheker vor dem Landgericht Bremen erfahren.
Was war geschehen? Über Jahre bezog ein Patient in einer Apotheke das Arzneimittel Glivec. Er hatte mit der Apotheke eine Abrede getroffen, wonach diese die Kosten für das kostspielige Medikament selbst mit der Versicherung abrechnet.
Besondere Leistungsbestimmungen im Basistarif
Ende 2016 lief das Patent für Glivec aus und in der Folge kamen preisgünstige Generika auf den Markt. Das war dem Apotheker bekannt. Als besagter Patient im Februar 2017 erneut eine Glivec-Verordnung auf Privatrezept (ohne Aut-idem-Ausschluss) vorlegte, erhielt er von einer Apothekenmitarbeiterin wie gewohnt sein Glivec. Doch bei der späteren Abrechnung erstattete die private Versicherung der Apotheke fast 6000 Euro weniger als dieses Arzneimittel kostete, nämlich nur 9.606,07 Euro – so viel, wie die das preisgünstigste Generikum kostet. Die Kasse verwies dazu auf ihre Leistungsbestimmungen. Danach sind im Fall, dass für das verordnete Arzneimittel mehrere wirkstoffgleiche Präparate verfügbar sind, nur die Aufwendungen für eines der drei preisgünstigsten Arzneimittel erstattungsfähig, sofern diese zeitgerecht lieferbar sind. Der Apotheker forderte daraufhin seinen Kunden auf, den Differenzbetrag an ihn zu zahlen. Als dies nicht geschah, erhob er Klage.
Das Landgericht Bremen hat die Klage jedoch als unbegründet zurückgewiesen. Grundsätzlich habe zwar zunächst eine Kaufpreisforderung in Höhe von 15.558,99 Euro gegenüber dem beklagten Patienten bestanden – daran ändere auch die Vereinbarung über die direkte Abrechnung der Apotheke mit der Versicherung nichts. Doch diese Forderung sei zu einem Teil durch die Zahlung der Versicherung erloschen. Den anderen Teil könne der Patient mit einem ihm gegen den Apotheker zustehenden Schadensersatzanspruch aufrechnen.
Apotheke trifft Pflicht zur wirtschaftlichen Aufklärung
Dieser Schadensersatzanspruch in Höhe der restlichen Kaufpreisforderung ergebe sich aus dem bürgerlichen Recht (§ 280 BGB) wegen der Verletzung (vor)vertraglicher Aufklärungspflichten. Der Grund: Der klagende Apotheker sei im Rahmen der mit dem Beklagten bestehenden Vereinbarung zur Kostenabrechnung wegen des regelmäßigen Kaufs des Arzneimittels Glivec verpflichtet gewesen, den Kunden über die fehlende Erstattungsfähigkeit für Glivec im Basistarif aufzuklären, nachdem günstigere Generika hierfür verfügbar waren. Diese Pflicht zur sogenannten wirtschaftlichen Aufklärung ergebe sich aus der Pflicht zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des Kunden sowie aus dem Grundsatz von Treu und Glauben (§§ 241 Abs. 2, 242 BGB).
Zwar müsse der Apotheker nicht die Details des Versicherungsschutzes eines Patienten erfragen, räumt das Gericht ein. Doch weiß er, dass dieser lediglich im Basistarif versichert ist, so müsse er den Patienten über das Risiko aufklären, dass die Versicherung die Kosten nicht erstattet. Eine solche Pflicht sei dem Apotheker auch nicht unzumutbar. „Da der Basistarif dem Umfang der der gesetzlichen Versicherung entspricht, sind für den Kläger als Apotheker diese Abrechnungsfragen tägliches Geschäft und er weiß, welche Kosten erstattungsfähig sind und kann das Risiko beurteilen“, heißt es im Urteil.
Vorliegend hatte eine Mitarbeiterin des Apothekers das Arzneimittel abgegeben – doch auch dies muss sich der Kläger dem Urteil zufolge zurechnen lassen. Diese Wissenszurechnung erfolge aufgrund der „Wissensverantwortung“ des Klägers als Apothekeninhaber. „Er hat die Pflicht, das in der Organisation vorhandene Wissen ordnungsgemäß zu organisieren“, so das Gericht.
Urteil des Landgerichts Bremen vom 10. Oktober 2018, Az.: 1 O 1524/17
6 Kommentare
Mehrkosten Basistarif
von Dr. med. Lutz Maubach am 20.06.2019 um 10:54 Uhr
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SGB V §129
von Michael Melms am 23.02.2019 um 10:38 Uhr
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Die Apotheke ist immer der Dumme
von ratatosk am 21.02.2019 um 10:08 Uhr
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Was ist mit dem Arzt?
von Stefan Schwenzer am 21.02.2019 um 9:23 Uhr
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Deswegen
von Karl Friedrich Müller am 20.02.2019 um 14:16 Uhr
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Revision
von Michael Mischer am 20.02.2019 um 8:53 Uhr
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