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Arzneimittelrechtliche Gefährdungshaftung
Valsartan: 80-jährige Krebs-Patientin klagt gegen Hersteller
Der Freiburger Rechtsanwalt Heiko Melcher hat die offenbar erste Patientenklage gegen Pharmaunternehmen wegen mit N-Nitrosodimethylamin (NDMA) verunreinigter Valsartane eingereicht. Seine Mandantin ist eine 80-jährige Frau, die an Nierenkrebs erkrankt ist.
Die Valsartan-Krise hat im vergangenen Jahr weltweit für Verunsicherung gesorgt. Allein in Deutschland geht man davon aus, dass rund 900.000 Menschen die mit potenziell krebserregenden Nitrosaminen verunreinigten Arzneimittel eingenommen haben. Die betroffenen Pharmaunternehmen hatten ihren Wirkstoff unter anderem von der chinesischen Firma Zhejiang Huahai Pharmaceutical bezogen. Es zeigte sich aber in der Folge, dass noch mehr Wirkstoffhersteller produktionsbedingt verunreinigte Substanzen auf den Markt gebracht hatten. Zudem fanden sich auch in anderen Sartanen nitrosaminhaltige ( zum Beispiel NDMA und NDME) Verunreinigungen.
Bekanntlich kam es zu massenhaften Rückrufen. Diese verliefen zwar nicht auf Patientenebene – ein akutes Risiko sahen die Behörden für sie nicht – dennoch sorgten sich viele Betroffene um ihre Gesundheit, ebenso ihre Angehörigen. Vielen stellte sich die Frage: Kann ich rechtlich gegen die Unternehmen vorgehen? Grundsätzlich bietet das Arzneimittelgesetz Möglichkeiten, Pharmaunternehmen in Haftung zu nehmen. Insbesondere kommt eine Gefährdungshaftung nach § 84 AMG in Betracht.
Nun hat der Freiburger Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht, Heiko Melcher, für eine 80-jährige Patientin eine Klage beim Landgericht Konstanz eingereicht – offenbar die erste dieser Art, wie der Anwalt vermutet. Seine Mandantin hat über Jahre hinweg valsartanhaltige Arzneimittel eingenommen. Mittlerweile hat sie Nierenkrebs und befindet sich bereits in palliativmedizinischer Behandlung.
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Mit der Klage macht Melcher für seine Mandantin gegenüber drei Pharmaunternehmen – 1 A Pharma, Mylan und Hexal – Auskunfts-, Schmerzensgeld- und Feststellungsansprüche geltend. Die rühren dem Anwalt zufolge zum einen aus der Gefährdungshaftung nach § 84 AMG, aber auch daraus, dass die Unternehmen notwendige Kontrollen im Herstellungsland unterlassen hätten.
Ein nicht ganz geringes Risiko
Anlass für die jetzige Klageerhebung sei zum einen eine erhebliche Verschlechterung der gesundheitlichen Situation der Patientin gewesen. Zum anderen die Veröffentlichung eines ersten Gutachtens über die Gesundheitsgefahren der Verunreinigungen in dem von der Europäischen Kommission eingeleiteten Risikobewertungsverfahren.
In diesem Risikobewertungsverfahren wurde eine konservative Einschätzung zum möglichen Krebsrisiko zugrunde gelegt – mit dem Ergebnis, dass es bei 100.000 Patienten, die täglich über sechs Jahre hinweg NDMA-verunreinigtes Valsartan von Zhejiang Huahai eingenommen haben, zu 22 zusätzlichen Krebsfällen kommen könnte. Das Vorkommen von NDEA in diesen Arzneimitteln könnte zu acht zusätzlichen Krebsfällen bei 100.000 Patienten führen, wenn sie das Medikament mit der höchsten täglichen Dosis über vier Jahre eingenommen hätten.
Bei 900.000 betroffenen Patienten in Deutschland könnten demnach 270 Patienten infolge der Verunreinigungen an Krebs erkranken. ,,Ein immerhin nicht ganz unerhebliches und somit nicht ganz geringes Risiko“, meint Rechtsanwalt Melcher.
Es gilt, die Kausalität zu belegen
Er ist für seine erste Klage zuversichtlich – auch wenn seine Mandantin den Ausgang des Prozesses voraussichtlich nicht mehr erleben wird. Eine Verhandlung vor Gericht wird es nach Einschätzung des Anwalts wohl erst im Herbst geben. Er hofft, das Gericht überzeugen zu können, dass es wirklich die Einnahme der verunreinigten Arzneimittel war, die zu der Krebserkrankung geführt hat – immerhin hat seine Mandantin nicht geraucht und nicht getrunken, was ebenfalls als Ursache für ein Krebsleiden gelten könnte. Vorlegen kann der Anwalt zudem eine gute Dokumentation: Medikationslisten des Krankenversicherers zeigen konkret, welches Arzneimittel die Frau wann genommen hat.
Dieser ersten Zivilklage gegen Valsartan-Hersteller werden sicherlich weitere folgen. Melcher vertritt eigenen Angaben zufolge bislang rund 50 Geschädigte. Es seien bereits weitere Klagen in Vorbereitung.
Indessen befassen sich auch Staatsanwaltschaften mit Anzeigen gegen einzelne Hersteller. So laufen beispielsweise bei der Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth Vorermittlungen gegen das Pharmaunternehmen Heumann.
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