Frischzellentherapie

Gericht: Arzt darf keine Gefrierzellen herstellen

Berlin - 27.02.2019, 13:30 Uhr

                                
                                        


 Bei der Frischzellentherapie wird Patienten eine Zellaufschwemmung von fetalen oder juvenilen Lämmern oder Kälbern injiziert. (c / Joshua Daniels/ stock.adobe.com)

Bei der Frischzellentherapie wird Patienten eine Zellaufschwemmung von fetalen oder juvenilen Lämmern oder Kälbern injiziert. (c / Joshua Daniels/ stock.adobe.com)


Bundesgesundheitsminister Jens Spahn will Therapien mit Frischzellen, die unter anderem aus jungen Lämmern gewonnen werden, verbieten. Bevor es soweit ist, hat das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz entschieden, dass einem auf diese umstrittene Behandlung spezialisierten Arzt zu Recht untersagt wurde, Gefrierzellen herzustellen und am Menschen anzuwenden.

Aus ungeborenen oder jungen Lämmern und Kälbern gewonnene Frischzellen sollen angeblich verjüngen und gegen verschiedene Krankheiten helfen. Doch diese vielerorts bereits verbotene Therapie steht in der Kritik. Nicht zuletzt, weil mit Frischzellen Krankheitserreger übertragen werden könnten und die Gefahr immunallergischer Reaktionen besteht. Dennoch erfreut sich diese Behandlungsform in Deutschland einer gewissen Beliebtheit und zieht auch Patienten aus anderen Ländern, etwa aus Fernost, an. Das geht für die weit gereisten Patienten nicht immer gut aus.

Lars Nickel, Leiter der Arzneimittelabteilung im Bundesgesundheitsministerium (BMG), erklärte kürzlich beim Pharma-Recht-Tag in Frankfurt, dies habe schon zu diplomatischen Verwicklungen geführt. Was hier laufe, erfülle mit Sorge und werde nicht länger toleriert, sagte Nickel anlässlich eines Vortrags zu den aktuellen Vorhaben des BMG im Pharmabereich.

Und so ist im Entwurf für das Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung (GSAV) eine neue Verordnungsermächtigung für das BMG im Arzneimittelgesetz vorgesehen. Zum Schutz der Gesundheit soll das Ministerium Verbote und Beschränkungen per Rechtsverordnung durchsetzen können. So auch in der Frischzellenverordnung.

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Bevor es nun zu diesem gesetzlichen Verbot in Deutschland kommt, hat das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz bereits ein Urteil zu sogenannten Gefrierzellen gefällt. Geklagt hatte ein approbierter Arzt aus dem Landkreis Südliche Weinstraße, der sich auf die Frischzellentherapie spezialisiert hat. Seit einigen Jahren friert er die Zellsuspension vor der Anwendung am Patienten ein (Gefrierzellen). Gewonnen werden diese Gefrierzellen aus Schafsföten, die von unmittelbar zuvor getöteten trächtigen Mutterschafen stammen.

Gefrierzellen sind bedenkliche Arzneimittel

Ende Dezember 2015 untersagte das Landesamt für Soziales, Jugend und Versorgung dem Arzt weiterhin Gefrierzellen zur späteren Anwendung beim Menschen herzustellen sowie bereits hergestellte und aufbewahrte Gefrierzellen bei Menschen anzuwenden. Es begründete dies damit, dass die hergestellten Gefrierzellensuspensionen bedenkliche Arzneimittel im Sinne des Arzneimittelgesetzes seien. Und damit sei ihre Anwendung verboten. Der Arzt legte zunächst (erfolglos) Widerspruch ein und beschritt anschließend den Klageweg.

Nun hat auch das Oberverwaltungsgericht die Verfügung des Landesamts als rechtmäßig bestätigt. In einer Pressemeldung führt das Gericht aus, was ein „bedenkliches“ Arzneimittel im Sinne des Arzneimittelgesetzes ausmacht: Es müsse nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis der begründete Verdacht bestehen, dass es bei bestimmungsgemäßem Gebrauch schädliche Wirkungen hat, die über ein nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft vertretbares Maß hinausgehen.

Offenbleiben könne, ob ein solcher Verdacht im Hinblick auf das Risiko der Übertragung von Krankheitserregern durch die Ausgestaltung der Haltungsbedingungen von Schafen signifikant reduziert werden könnte. Denn jedenfalls bestehe ein Verdacht schädlicher Wirkungen hinsichtlich des Risikos immunologischer und allergischer Reaktionen. Dies ergebe sich nachvollziehbar und überzeugend aus einem Gutachten des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte vom 14. Juli 2016. Hingegen gibt es aus Sicht des Gerichts keine hinreichenden Belege für einen konkreten positiven therapeutischen Nutzen. „Vor diesem Hintergrund gingen die schädlichen Wirkungen der Gefrierzellenanwendung über ein vertretbares Maß hinaus“, so das Gericht.

Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 19. Februar 2019, Az.: 6 A 10136/18.OVG



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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