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Interview Karl-Josef Laumann (Teil 2)
„Die Apothekenzahl ist von untergeordneter Bedeutung“
Die Apothekenzahl kennt in Deutschland derzeit nur eine Richtung: abwärts. Auch die Apothekenlandschaft in Nordrhein-Westfalen dünnt zunehmend aus. Im zweiten Teil des DAZ.online-Interviews erklärt NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann, warum er die Apothekenzahl als solches recht unwichtig findet, wie er jungen Pharmazeuten und Ärzten eine Perspektive bieten will und was er von alternativen Versorgungsformen hält.
Nordrhein-Westfalen ist eines der Länder, die am meisten unter den sinkenden Apothekenzahlen zu leiden haben: Ende 2012 hatte es in den Kammerregionen Nordrhein und Westfalen-Lippe gemeinsam noch 4470 Apotheken gegeben, Ende des vergangenen Jahres gab es in NRW nur noch 4123, das entspricht einem Minus von knapp 8 Prozent. Dabei fällt aber auf, dass insbesondere die Städte betroffen sind: In Dortmund gab es alleine im vergangenen Jahr sechs Schließungen, prozentual gesehen gab es ähnliche Verluste in Bielefeld und Münster. Und: Der Ort mit der geringsten Apothekendichte Deutschlands liegt ebenfalls in NRW – die Stadt Bottrop.
Mit NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) haben wir daher über die Versorgungsdichte gesprochen: Sieht sein Ministerium Handlungsbedarf?
DAZ.online: In NRW sinkt die Apothekenzahl. Machen Sie sich bereits Sorgen um die flächendeckende Arzneimittelversorgung? Gibt es eine bestimmte Apothekenzahl, ab der Sie sagen würden, dass ein Versorgungsproblem besteht?
Laumann: Ich setze mich für den Erhalt der Apotheke vor Ort in der Fläche als wichtigen Faktor für die bürgernahe und patientenorientierte Gesundheitsversorgung ein. Unser Ziel muss die flächendeckende und ordnungsgemäße Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln sein – für eine gute Versorgung ist die Apothekenanzahl jedoch von untergeordneter Bedeutung. Entscheidend ist die Apothekenverteilung in der Fläche, insbesondere im ländlichen Bereich. Ich sehe Apothekenschließungen in Ballungsräumen mit einer hohen Apothekendichte für die flächendeckende Versorgung mit Arzneimitteln weniger kritisch als in ländlichen Gebieten.
Teil 1 des Laumann-Interviews
Interview Karl-Josef Laumann (CDU) – Teil 1
„Der Arzneimittel-Versandhandel birgt insgesamt Risiken“
DAZ.online: Welches sind aus Ihrer Sicht die Hauptursachen für die sinkende Apothekenzahl?
Laumann: Seit ca. 1990 sind die Apothekenanzahlen in Deutschland bis ca. ins Jahr 2005 kontinuierlich angestiegen. Seit 2005 nehmen die Zahlen wieder ab, so dass wir seit Ende 2018 wieder auf dem Niveau von 1990 liegen. Hierbei handelt es sich überwiegend um einen Marktbereinigungsprozess.
Laumann: Arzneimittelautomaten lehne ich ab
DAZ.online: Was kann das Land NRW tun, um jungen Apothekern die Niederlassungen in ländlichen Regionen attraktiv zu machen, um somit ein weiteres Absinken der Apothekenzahlen zu verhindern?
Laumann: Wie bereits gesagt kommt es beim Erhalt der flächendeckenden Versorgung nicht auf die Anzahl der Apotheken an, sondern auf die Verteilung. Seit geraumer Zeit kämpfe ich dafür, dass wieder mehr Ärzte ihre Praxen im ländlichen Raum eröffnen. Nordrhein-Westfalen ist das erste Bundesland, das die Landarztquote bekommt. Was heißt das: Überall dort, wo zu wenig Fachärzte und -ärztinnen für Allgemeinmedizin für die Versorgung der Menschen in Nordrhein-Westfalen zur Verfügung stehen, verpflichten sich die Teilnehmer der Landarztquote, nach Studium und Ausbildung ihre ärztliche Tätigkeit in ländlichen Gebieten auszuüben. Hierdurch entsteht auch für Apotheken im ländlichen Raum eine wirtschaftliche Grundlage. Finanzielle „Ansiedlungshilfen“ für Apotheken halte ich weder für nachhaltig noch für zielführend.
DAZ.online: Was halten Sie von alternativen Versorgungsformen? Video-Pharmazie? Arzneimittel-Abgabeautomaten? Dann gab es ja auch immer wieder Vorschläge, bürokratische Hürden für Landapotheken zu senken, um solche Niederlassungen attraktiver zu machen. Beispielsweise könnte man die Rezeptur weglassen…
Laumann: Der Apothekerberuf wird sich vor dem Hintergrund der Digitalisierung – wie andere Bereiche des Gesundheitswesens auch – wandeln. Die sich in diesem Zusammenhang ergebenden Möglichkeiten können die Apotheke vor Ort unterstützen, ihren gesetzlichen Versorgungsauftrag zu erfüllen. Etwa durch eine bessere Vernetzung von Ärzten und Apothekern. Anderen Entwicklungen gegenüber bin ich skeptisch: Aus meiner Sicht muss es sich bei der Apotheke vor Ort stets um eine vollversorgende Apotheke handeln. Arzneimittelabgabeautomaten oder Arzneimittelabgabestellen lehne ich ab. Wichtig sind vor allem die persönliche Beratung und die pharmazeutischen Leistungen der Apotheken.
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