Gesundheitsausschuss des Bundesrates

Bundesländer wollen Importförderklausel abschaffen

Berlin - 04.03.2019, 16:30 Uhr

Gefährden komplexe Vertriebswege die Arzneimittelsicherheit? Aus Sicht des Gesundheitsausschusses des Bundesrates offenbar schon. (b/Foto: imago)

Gefährden komplexe Vertriebswege die Arzneimittelsicherheit? Aus Sicht des Gesundheitsausschusses des Bundesrates offenbar schon. (b/Foto: imago)


Ist die Importförderklausel bald Geschichte? Am 15. März will der Bundesrat darüber abstimmen. Der Gesundheitsausschuss hatte am vergangenen Mittwoch bereits empfohlen, die Klausel zu streichen. Hintergrund ist das Gesetzgebungsverfahren zum Arzneimittelpaket von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU), zu dem die Bundesländer insgesamt 38 Beschlussempfehlungen eingebracht haben.

Die Importförderklausel ist seit Jahren umstritten. Nun zeichnet sich die Chance ab, dass die Regelung zur Förderung von Importarzneimitteln gemäß §129 des SGB V kippen könnte. Denn am 15. März steht der Gesetzentwurf zum GSAV (Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung) auf der Agenda des Bundesrates. Der aktuelle Regierungsentwurf beinhaltet zwar eine Neufassung der Importklausel, jedoch keine Streichung.

Damit das GSAV Inkrafttreten kann, wird die Zustimmung des Bundesrates benötigt. Unter Federführung des Gesundheitsausschusses haben die Länder am vergangenen Mittwoch insgesamt 38 Beschlussempfehlungen für diesen Termin vorbereitet. Und eine davon lautet, die Importförderklausel zu streichen. Eine Neufassung würde aus Sicht der Länder nicht ausreichen.

Brandenburg will Klausel aus der Welt schaffen

Nach Informationen von DAZ.online kam unter anderem ein Antrag zur Abschaffung der Klausel aus Brandenburg. Damit bleiben die Brandenburger ihrer Linie treu. Denn seitdem im vergangenen Sommer die Vorkommnisse um den umstrittenen Brandenburger Händler Lunapharm bekannt wurden, hat sich die Landesgesundheitsministerin Susanne Karawanskij (Linke) für die Abschaffung der Klausel eingesetzt. Am 14.12.2018 hatte der Bundesrat bereits eine Entschließung gefasst.

Nun kommt die Klausel im Zusammenhang mit dem GSAV-Gesetzgebungsverfahren erneut in den Bundesrat. Die Begründung der aktuellen Beschlussempfehlung des BR-Gesundheitsausschusses und die der Brandenburger Initiative aus 2018 ähneln sich dabei stark.

Nutzen-Risiko-Verhältnis der Importförderung

Die Klausel, die vor Inkrafttreten des AMNOG im Jahr 2011 noch das einzige Preisdämpfungsinstrument für patentgeschützte Arzneimittel war, hat aus Sicht der Länder inzwischen ausgedient. „Nach Berechnungen des Deutschen Arzneiprüfungsinstituts liegen die im Jahr 2017 erzielten Einsparungen durch Importarzneimittel bei lediglich 120 Millionen Euro. Dem gegenüber stehen für den gleichen Zeitraum Einsparungen von rund vier Milliarden Euro durch Rabattvereinbarungen“, heißt es in der Begründung zur Beschlussempfehlung des BR-Gesundheitsausschusses.

Außerdem sind die Länder der Auffassung, dass durch die Importförderung Risiken für die Patientensicherheit bestehen. „Der durch komplexe Vertriebswege gekennzeichnete Parallelhandel ist nach Beobachtungen der Strafverfolgungsbehörden sowie der für die Arzneimittelüberwachung zuständigen Behörden von einer zunehmenden Zahl von Arzneimittelfälschungsfällen betroffen.“

Arzneimittelfälschungen strenger verfolgen

Die komplexen Vertriebswege und deren schwere Nachvollziehbarkeit stellen für den BR-Gesundheitsausschuss offenbar Sollbruchstellen für die Arzneimittelsicherheit dar. Um Arzneimittelfälschungen effektiver einzudämmen, gibt das Gremium noch zwei weitere ergänzende Empfehlungen zur Abstimmung am 15. März: Zum einen, wie DAZ.online bereits berichtet hatte, wollen die Bundesländer erreichen, dass Apotheker keine namensgleichen Großhandlungen mehr betreiben. Zum anderen fordern die Länder die Bundesregierung dazu auf, die gesetzlichen Strafverfolgungsmöglichkeiten betreffend Arzneimittelfälschungen zu erweitern. Dabei sollen sich die Gesetzesänderungen an Regelungen im Betäubungsmittelgesetz orientieren.

Biosimilars: Bundesregierung soll nach 2 Jahren Bilanz ziehen

Um Patientensicherheit geht es noch bei einem weiteren Themenkomplex im GSAV, zu dem der Gesundheitsausschuss Änderungsvorschläge hat – und zwar bei den Biosimilars. Das GSAV sieht vor, dass Biosimilars drei Jahre nach dem Inkrafttreten auch in Apotheken austauschbar sein sollen. Welche Präparate dabei aut-idem-fähig sein sollen, solle der G-BA festlegen.

Der BR-Gesundheitssauschuss hat Bedenken für die Patientensicherheit, wenn Biosimilars in der Apotheke ausgetauscht würden. Das Gremium empfiehlt, dass die Bundesregierung zwei Jahre nach Inkrafttreten des GSAV die Auswirkungen der gesetzlichen Änderung auf die Therapiesicherheit zu bewerten habe. Ein gleichlautender Antrag dazu kam nach Informationen von DAZ.online aus Schleswig-Holstein.

Wirtschaftlich notwendig?

Im Gegensatz zu Generika sind Biosimilars dem Originalpräparat nur ähnlich, jedoch nicht wirkungsgleich, heißt es in der Begründung. Deshalb würden sie sich nicht für den Austausch in der Apotheke eignen.

Außerdem würde eine Aut-idem-Regelung den Zulassungsinhabern und Ärzten erschweren, den Risikomanagementplan von Biosimilars einzuhalten. Nebenwirkungsmeldungen könne der Arzt nur noch dann eindeutig zuordnen, wenn er wüsste, ob und gegen welches Präparat seine Verordnung ausgetauscht wurde.

Außerdem sei aus Sicht der Länder fraglich, auf welcher Datenbasis der G-BA über die Austauschbarkeit von Biosimilars entscheiden könne. Und es sei unklar, ob die geplante Austauschregelung wirtschaftlich überhaupt notwendig sei, da für alle Biosimilars Rabattverträge bestünden.



Dr. Bettina Jung, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online
redaktion@daz.online


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