Sicherheit von Atomkraftwerken

Belgier holen Iodtabletten für den Notfall nicht ab

Remagen - 20.03.2019, 10:15 Uhr

Auch im grenznahen Aachen wurden Iodtabletten verteilt. (c / Foto: imago)

Auch im grenznahen Aachen wurden Iodtabletten verteilt. (c / Foto: imago)


Nur vier Prozent der Familien haben die Tabletten geholt

Anläßlich der Vorstellung des neuen Plans sollen die Gesundheitsministerin Maggie De Block (Open VLD) und der damalige für nukleare Sicherheit zuständige Innenminister Jan Jambon (N-VA) Behauptungen zurückgewiesen haben, mit der Maßnahme auf erhöhte Gefahren zu reagieren, die von belgischen Kernkraftanlagen ausgingen. Vielmehr handele es sich um einen langen geplanten Schritt, um den in die Jahre gekommenen Noteinsatzplan zu aktualisieren, hatten die Politiker stattdessen beteuert.

Vielleicht ist diese Botschaft bei den Bürgern deutlicher angekommen, als die Regierung sich das vorgestellt hat. Jedenfalls will die Tabletten offensichtlich kaum jemand haben. Dies teilt das „Grenzecho“ unter Berufung auf die flämische Tageszeitung „Het Nieuwsblad“ mit. 

Lediglich 600.000 Packungen seien bislang verteilt worden, habe diese berichtet. Rund 431.000 Packungen sollen an Schulen, Krippen und andere Institutionen ausgegeben worden sein und etwa 215.000 an Privatpersonen. „Das sind nur knapp vier Prozent aller Familien“, mahnt der Kammerabgeordnete Kristof Calvo von den flämischen Grünen (Groen), der die Zahlen beim Ministerium angefragt hatte. Das sei nicht nur wenig, moniert der Oppositionspolitiker. Es zeige auch, dass der nukleare Notfallplan nicht gut funktioniere. Die Grünen hätten es lieber gesehen, wenn die Tabletten in ganz Belgien von Haus zu Haus verteilt worden wären, aber davon habe der damalige Innenminister Jan Jambon nichts wissen wollen. Sein Nachfolger Pieter De Crem müsse jetzt „einen Zahn zulegen oder den Plan komplett ändern, so seine klare Forderung. Die verteilten Iodtabletten sind zehn Jahre haltbar. „Wir sind also vorbereitet für die kommenden Jahre“, wurde ein Sprecher des Krisenzentrums in der Zeitung zitiert, für den Fall, dass der Run auf die Iodtabletten doch noch einsetzen sollte. 

Warum die Iod-Einnahme?

Bei einem nuklearen Unfall kann freigesetztes radioaktives Iod durch die Atemwege oder kontaminierte Nahrung in den Körper gelangen. Die Schilddrüse nimmt es auf, was zu einer Bestrahlung „von innen“ führt und das Risiko von Krebserkrankungen stark erhöht. Durch die Einnahme von stabilem (nicht radioaktivem Iod) zum richtigen Zeitpunkt wird die Schilddrüse schon vorab mit Iod gesättigt. Damit bleibt das radioaktive Iod außen vor.



Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


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