Britische Regierung

Staatssekretär für Apotheken tritt wegen Brexit zurück

Berlin - 26.03.2019, 17:00 Uhr

Steve Brine, im britischen Gesundheitsministerium für den Apothekenmarkt zuständig, tritt von seinen Regierungsämtern zurück, weil er beim Brexit gegen die Regierung stimmte. (m / Foto: imago)

Steve Brine, im britischen Gesundheitsministerium für den Apothekenmarkt zuständig, tritt von seinen Regierungsämtern zurück, weil er beim Brexit gegen die Regierung stimmte. (m / Foto: imago)


In Großbritannien herrscht derzeit politisches Chaos: Das britische Unterhaus hat am gestrigen Montag beschlossen, dass das Parlament nun selbst über mögliche Alternativen zum Brexit abstimmen will – notfalls gegen die Regierung. Einige Regierungsmitglieder, die ein Parlamentsmandat haben, stimmten für diese Befähigung des Parlamentes und sind anschließend von ihren Ämtern zurückgetreten. Darunter ist auch der für Apotheken im Gesundheitsministerium tätige Staatssekretär Steve Brine.

Das britische Parlament wird gegen den Willen der Regierung am morgigen Mittwoch über Alternativen zum Brexit-Abkommen abstimmen. Ein entsprechender Antrag wurde am späten Montagabend in der Schlussabstimmung im Unterhaus mit einer Mehrheit von 327 zu 300 Stimmen angenommen. Für Premierministerin Theresa May ist das eine bittere Schlappe – schließlich hatte sie dieses Abkommen mit der EU ausgehandelt und zwei Mal vergeblich versucht, es im Unterhaus durchzusetzen. Doch bis heute findet sich keine Mehrheit für den von May ausgehandelten Vertrag.

Das Unterhaus stellt sich mit der Entscheidung, nun selbst Alternativen zum Brexit-Abkommen beschließen zu wollen, entschieden gegen die Regierung. Aufgrund dieses Interessenkonfliktes sind am gestrigen Montag nach der Abstimmung mehrere Parlamentarier zurückgetreten, die Ämter in Mays Regierung innehatten.

Der „Pharmacy Minister“ geht

Einer dieser Rücktritte betrifft auch das Gesundheitsministerium und den Apothekenmarkt. Denn der für die Apotheker zuständige, von den Apothekern selbst sogar „Pharmacy Minister“ genannte Konservative Steve Brine stimmte ebenfalls für die Parlamentsinitiative und trat danach von seinem Amt als Staatssekretär zurück. Brine war 2017 als Staatssekretär für die Themen öffentliche Gesundheit und Apotheken benannt worden. In seinem Rücktrittsbrief an die Ministerpräsidentin erklärt Brine, dass das Unterhaus aus seiner Sicht nun einen einheitlichen Kurs finden müsse. Er sei nicht in der Lage gewesen, gegen diese Befähigung des Parlamentes zu stimmen und halte es nun für „ehrenwürdig“, die Regierung zu verlassen.

Der Apothekerverband Englands (PSNC), der für die Honorar-Verhandlungen mit dem Ministerium zuständig ist, bedauert diese Entscheidung. Verbandschef Simon Dukes erklärte in einer Mitteilung: „In den vergangenen Jahren haben wir einen beachtlichen Fortschritt gemacht, unsere konstruktive Arbeit mit der Regierung wieder aufzubauen. Und als Staatssekretär hatte Steve Brine eine zentrale Rolle dabei. In parlamentarischen Debatten erklärte er regelmäßig seine Unterstützung für die Vor-Ort-Apotheken […].“

Entscheidung des Parlaments ist nicht bindend

Als Optionen für die Abstimmung am Mittwoch werden unter anderem eine engere Anbindung an die EU oder auch ein zweites Referendum gehandelt.
Aber auch eine direkte Abkehr vom Brexit durch Zurückziehen der Austrittserklärung ist im Gespräch. Ein Votum für eine dieser Varianten wäre für die Regierung rechtlich zwar nicht bindend, würde aber einen Hinweis darauf geben, wofür es eine Mehrheit im Parlament geben könnte.

Die Regierung sei nicht gebunden, sollten sich die Abgeordneten auf eine Alternative zum Brexit-Abkommen festlegen, stellte auch May klar. Die automatische Folge einer Ablehnung ihres Deals sei immer noch ein Austritt ohne Abkommen. Zugleich beschwichtigte sie aber: „Ein No-Deal wird nicht passieren, solange das Unterhaus dem nicht zustimmt.“ Ein Antrag, die Regierung auf dieses Versprechen festzulegen, bekam bei der Abstimmung am Abend jedoch keine Mehrheit. Es dürfe aber auch keine Abkehr vom Brexit geben, sagte May. Sie warnte zudem vor einem „langsamen“ EU-Austritt mit einer Verlängerung der Frist über den 22. Mai 2019 hinaus, womit eine Teilnahme an der Europawahl notwendig wäre, die vom 23. bis 26. Mai 2019 stattfindet.

Ursprünglich sollte Großbritannien die EU am 29. März 2019 verlassen. Die EU bot London in der vergangenen Woche eine Verschiebung des Brexits bis zum 22. Mai an. Bedingung dafür ist allerdings, dass das Unterhaus in dieser Woche dem Austrittsvertrag zustimmt. Andernfalls gilt die Verlängerung nur bis zum 12. April. In dem Fall soll London der EU vor diesem Termin sagen, wie es weitergehen soll.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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