Brexanolon bei postpartaler Depression

FDA lässt erstes Antidepressivum für das Wochenbett zu

Stuttgart - 28.03.2019, 07:00 Uhr

Postpartale
Depressionen – wenn einer der schönsten Lebensabschnitte zur Qual wird. Ein
neuartiger Wirkstoff könnte in Zukunft helfen: In den USA wurde Zulresso zugelassen. (s / Foto: tiagozr / stock.adobe.com)

Postpartale Depressionen – wenn einer der schönsten Lebensabschnitte zur Qual wird. Ein neuartiger Wirkstoff könnte in Zukunft helfen: In den USA wurde Zulresso zugelassen. (s / Foto: tiagozr / stock.adobe.com)


Wie wirken neuroaktive Steroide?

Die Zulassung basiere auf zwei klinischen placebokontrollierten Studien, heißt es in der Pressemitteilung der FDA vom 19. März. Innerhalb dieser Studien wurden die Patientinnen (18-45 Jahre) nach der 60-Stunden-Infusion weitere vier Wochen begleitet. Während die eine Studie Patientinnen mit schwerer PPD (postpartale Depression) einschloss (Studie 1, 138 Probanden), untersuchte die andere Frauen mit moderater PPD (Studie 2, 108 Probanden).

Eine Grafik in der Fachinformation der FDA zu Zulresso stellt dar, wie stark die verschiedenen Brexanolon-Dosen eine postparale Depression im Vergleich zu Placebo mildern können.

Bei den meisten Patientinnen (76%) hatte die PPD innerhalb von vier Wochen nach der Entbindung eingesetzt. Beim Rest hatte die PPD im dritten Trimester begonnen. Je nach Gruppe verwendeten 22 bis 30 Prozent der Probandinnen begleitend zur Brexanolon-Therapie Antidepressiva. In Studie 1 beendeten 42 Patientinnen in der Placebo-Gruppe die Studie, in Studie 2 waren es 52. In Studie 1 gab es außerdem eine Gruppe mit einer hohen Brexanolon-Dosis und eine mit einer niedrigen: 35 Patientinnen mit niedriger Brexanolon-Dosis beendeten die Studie, 36 waren es unter der hohen Dosis. In Studie 2 beendeten 48 Patientinnen die Studie unter der hohen Dosis. Auffällig an den signifikanten Verbesserungen der PPD ist der große Placebo-Effekt. 

Der Wirkmechanismus von Brexanolon

Hinter dem Markennamen Zulresso verbirgt sich der Wirkstoff Brexanolon.

Wie Brexanolon bei der Behandlung von Wochenbettdepressionen wirkt, ist laut Fachinformation der FDA noch nicht gänzlich verstanden. Man vermutet aber, dass die Wirkung mit der positiven allosterischen Modulation von GABAA-Rezeptoren in Zusammenhang steht.

Chemisch entspricht Brexanolon dem endogenen Allopregnanolon.  Allopregnanolon ist ein Metabolit von Progesteron und zählt zu den „neuroaktiven Steroiden”. Allopregnanolon gilt als potenter positiver allosterischer Modulator am GABAA-Rezeptor. Reduzierte Allopregnanolon-Spiegel werden mit Depression, Angststörung, dem Prämenstruellen Syndrom und Alzheimer in Verbindung gebracht. SSRI und andere Antidepressiva sollen Allopregnanolon-Spiegel erhöhen.

Man kennt heute beim Menschen 19 verschiedene GABAA-Untereinheiten, über welche die physiologische Aktivität des Chloridkanals bestimmt wird. Am häufigsten sind im zentralen Nervensystem GABAA-Rezeptoren aus zwei α-, zwei β- und einer γ-Untereinheit zu finden. Der natürliche Ligand des GABAA-Rezeptors ist γ-Aminobutyrat (GABA). Wenn zwei GABA-Moleküle unter Beteiligung der jeweiligen α-Untereinheit an die β-Untereinheiten binden wird der Kanal voll aktiviert.

Die bekanntesten Arzneimittel, die am GABAA-Rezeptor angreifen, sind Benzodiazepine und die Z-Substanzen (außerdem Barbiturate und Alkohol): Sie verstärken durch Bindung an die α - und γ-Untereinheit den Effekt von GABA. Benzodiazepine sind – wie vermutlich Brexanolon – also allosterische Modulatoren. Dadurch, dass sie nur die Affinität von GABA zum Chloridkanal erhöhen, entfalten sie ihre Wirkung nur, wenn auch tatsächlich GABA vorliegt.

Bei Brexanolon scheinen die Untereinheiten α1β2γ2, α4β3δ und α6β3δ eine Rolle zu spielen.

PPD kann laut der Pressemitteilung der FDA auch schon während der Schwangerschaft beginnen. Daten zur Sicherheit von Brexanolon in der Schwangerschaft gibt es jedoch noch keine. Tierstudien deuten aber darauf hin, dass sich Brexanolon negativ auf eine Schwangerschaft auswirken könnte.



Diana Moll, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (dm)
redaktion@daz.online


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