BfArM

Neue Zulassungsbeschränkungen für Ciprofloxacin und Co. – was ändert sich?

Berlin - 08.04.2019, 13:30 Uhr

Gibt es demnächst weniger Fluorchinolon-Rezepte? Das BfArM schränkt viele typische Hausarzt-Indikationen von Ciprofloxacin&Co wegen des Risikos für schwerwiegender Nebenwirkungen ein. ( r / Foto: Schwanenapotheke Stuttgart)

Gibt es demnächst weniger Fluorchinolon-Rezepte? Das BfArM schränkt viele typische Hausarzt-Indikationen von Ciprofloxacin&Co wegen des Risikos für schwerwiegender Nebenwirkungen ein. ( r / Foto: Schwanenapotheke Stuttgart)


Am heutigen Montag informiert ein Roter-Hand-Brief über Zulassungsbeschränkungen von fluorchinolonhaltigen Antibiotika. Hintergrund ist ein vom BfArM angestoßenes Risikobewertungsverfahren der EMA, dessen Ergebnisse nun umgesetzt werden. Betroffen sind systemisches Ciprofloxacin, Levofloxacin, Moxifloxacin, Norfloxacin und Ofloxacin. Diese Wirkstoffe stehen unter Verdacht, Sehnen, Muskeln, Gelenke und das Nervensystem irreversibel zu schädigen.

Das Sicherheitsprofil fluorchinolonhaltiger Antibiotika steht seit Jahren auf dem Prüfstand. Nun macht das BfArM ernst: Gemeinsam mit den betroffenen pharmazeutischen Unternehmen informiert die Behörde am heutigen Montag in einem Rote-Hand-Brief über die neuen Anwendungsbeschränkungen für systemisches Ciprofloxacin, Levofloxacin, Moxifloxacin, Norfloxacin oder Ofloxacin.

Viele bekannte Indikationen entfallen

Die neuen Zulassungsbeschränkungen sind das Resultat eines Risikobewertungsverfahrens für Chinolone und Fluorchinolone, das 2017 auf Initiative des BfArM gestartet und dessen Ergebnisse nun umgesetzt werden.

Unter Chinolonen und Flurochinolonen war es zu schwerwiegenden und anhaltenden Nebenwirkungen gekommen, die Sehnen, Muskeln, Gelenke und das Nervensystem betreffen. Außerdem ist es auch zu zentralnervösen Störungen gekommen wie etwa Müdigkeit, Depressionen, Gedächtnisstörungen, Schlafstörungen, Probleme beim Sehen oder Hören sowie veränderter Geschmacks- oder Geruchssinn.

Fluorchinolone

Thema: Antibiotika

Fluorchinolone

Chinolone, wie beispielsweise Cinoxacin oder Nalidixinsäure, sind in Deutschland seit geraumer Zeit nicht mehr auf dem Markt.  Für die Fluorchinolone in systemischer Form hat das BfArM zum 30. April die Zulassung bei folgenden Indikationen, die im allgemeinmedizinischen Bereich häufig vorkommen, widerrufen: 

  • Nicht schwerwiegende Infektionen, die von selbst ausheilen wie beispielsweise Pharyngitis, Tonsillitis und akute Bronchitis,
  • Prävention von Reisedurchfall oder wiederkehrende Harnwegsinfektionen,
  • leichte oder mittelschwere Infektionen wie beispielsweise unkomplizierte Blasenentzündung, Exazerbationen von COPD, akute bakterielle Mittelohr- oder Nasennebenhöhlenentzündungen – es sei denn, andere Antibiotika sind unwirksam.

    Für Patienten, die bereits eine schwere Nebenwirkung unter einem fluorchinolonhaltigem Antibiotikum erlitten haben, sind Ciprofloxacin und Co. kontraindiziert.

Kein gutes Paar: Steroide und Fluorchinolone

Patienten, die älter als 60 Jahre alt sind, Corticosteroide bekommen, unter einer eingeschränkten Nierenfunktion leiden oder eine Organtransplantation hinter sich haben, ist das Risiko für eine Sehnenschädigung erhöht. Deshalb ist bei diesen Patienten die Indikationsstellung sorgfältig zu wählen. Die Kombination von Kortikosteroiden und Fluorchinolonen sollte vermieden werden.

Bei schmerzenden Extremitäten: Ruhig stellen und Arzt kontaktieren

Patienten, die schwerwiegende Nebenwirkungen bemerken, sollten die Fluorchinolon-Einnahme unverzüglich abbrechen. Zu den Anzeichen gehören Kribbeln, Brennen, Schmerzen oder auch Taubheitsgefühle in den Extremitäten. Um einen Sehnenriss zu vermeiden, sollten die Betroffenen die schmerzende Extremität ruhig stellen. Darauf müssen Zulassungsinhaber in ihren Packmitteltexten hinweisen. 

Außerdem muss in Fach- und Gebrauchsinformation künftig stehen, dass die Nebenwirkungen auch erst 48 Stunden nach Behandlungsbeginn oder sogar mehrere Monate nach dem Absetzen auftreten, lang anhaltend oder gar für immer bleiben können.

Oktober 2018: Rote-Hand-Brief wegen Aortenaneurysmen

Der Rote-Hand-Brief des heutigen Montags ist nicht der einzige, den Heilberufe wegen Fluorchinolonen in den vergangenen Monaten erhalten hatten. So warnte das BfArM Ende Oktober 2018, dass systemisch und inhalativ angewendete Fluorchinolone das Risiko für Aortenaneurysmen und -dissektionen erhöhen können, insbesondere bei älteren Personen. Bei Patienten mit einem Risiko für Aortenaneurysmen und -dissektionen sollten Fluorchinolone nur nach sorgfältiger Nutzen-Risiko-Abwägung und Berücksichtigung anderer Therapiemöglichkeiten angewendet werden. 


Dr. Bettina Jung, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online
redaktion@daz.online


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4 Kommentare

Cipro

von Nicole am 02.10.2019 um 8:41 Uhr

Hallo Zusammen,
ich habe letztes Jahr im Juni Cipro verschrieben bekommen, habe es genommen und leide nun unter einem Leaky Gut, kann weder Obst noch Fleisch, noch Brot, Nudeln, etc zu mir nehmen. Gibt es hier weitere Patienten, die nach der Einnahme unter Schäden am Darm bzw. Verdauungsaparat leiden?
Lieben Gruß.

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Endlich passiert was - für mich leider zu spät

von Stefanie am 11.04.2019 um 16:11 Uhr

Ich bin froh, dass endlich was passiert. Hatte letztes Jahr September eine akute Blasenentzündung und habe Cipro bekommen. Vier Tage später konnte ich nicht mehr laufen, akute Plantar- und Achillessehnenentzündung, vier Wochen krank geschrieben, laufen nur an Krücken möglich, 6 Monate kein Lauftraining mehr. Hatte vorher nie Probleme. Der Arzt hat bestätigt, dass das Antibiotikum schuld war, zwar kann ich langsam wieder mit joggen anfangen, aber nicht mehr in der Intensität wie vorher. Spätfolgen unklar. Daher kann ich allen nur zur Vorsicht raten.

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Ab cibrofloxacin

von Sissi Malcharek am 11.04.2019 um 9:55 Uhr

Leider gibt es viele Ärzte, die den Patienten als Dummchen hinstellen möchten. Aber Gott sei Dank ist es so, das sich viele Patienten informieren, weil sie ja von den Ärzten keine oder ungenügende Antworten bekommen. Du bist trotz Aufgeklärtheit immer noch vielen "ausgeliefert". Ich muss immer wieder diese unschöne Erfahrung machen, weil ich chronisch krank bin, und darauf angewiesen bin, mal zum Arzt zu gehen. Es gibt trotz allem ein paar, die sich den Menschen annehmen, Hut ab. Aber leider sind die mächtig überlaufen. In diesem Sinne, passt auf euch auf, und lasst eure Gesundheit nicht aus den Augen.

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Ciprofloxacin

von Birgit Klein am 11.04.2019 um 9:28 Uhr

Endlich, wurde auch Zeit, damit die Ärzte mal Bescheid wissen. Bin seit Nov. 2017 durch Ciprofloxacin geschädigt. Habe mich mühsam wieder einigermaßen durchgekämpft und habe immer noch Spätschäden. Weiß nicht wie lange das noch dauert und besser wird oder überhaupt nicht mehr anders wird. So wie früher kann ich nicht mehr arbeiten. Das ist vorbei. Niemand hat mir das bestätigt, dass diese Probleme vom AB gekommen sind. Kein Arzt. Immer nur abgewunken. Ciprofloxacin ist doch ein hervorragendes AB, das kann man mit gutem Gewissen einnehmen, hilft gut und schnell. Ja, wegen einer Blasenentzündung, die ich halt leider nicht mit verschiedenen Hausmittelchen wegbekommen habe. So, gegen diese Ärzte hätte ich gerne mal was unternommen. Aber wer hilft einem hierbei. KEINER!!! Die sind immer am längeren Hebel.

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