Langjähriger RetaxStreit

Apothekerin setzt sich gegen DAK durch

Berlin - 18.04.2019, 16:45 Uhr

Auf die Lauertaxe sollten Apotheker sich verlassen können. (Foto: wavebreakmedia / stock.adobe.com)

Auf die Lauertaxe sollten Apotheker sich verlassen können. (Foto: wavebreakmedia / stock.adobe.com)


Die DAK muss einer Apothekerin aus Brandenburg wegen einer zu Unrecht erfolgten Retaxation mehr als 9000 Euro zuzüglich Zinsen seit 2012 zurückzahlen. Die Kasse verwehrte der Pharmazeutin die Vergütung für Oxybutynin-Fertigspritzeninstillationssets, die keine Zulassung hatten und somit aus Sicht der DAK nicht verordnungsfähig waren. Für die Apothekerin war dies aber nicht zu erkennen. Darum sprach ihr das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg im Februar 2018 den Vergütungsanspruch zu. Nun hat das Bundessozialgericht die Nichtzulassungsbeschwerde der DAK gegen dieses Urteil zurückgewiesen.

Es ist das Ende eines langen Rechtsstreits, in dem sich der lange Atem einer Apothekerin aus Küstriner Vorland (Brandenburg) ausgezahlt hat. Sie hat mit dem nun rechtskräftigen Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 22. Februar 2018 zumindest einen Vollstreckungstitel gegen die DAK in der Hand.

Bis zum Schluss hat die Kasse ihre Rechnungskürzungen verteidigt. Es ging um die Vergütung von zehn Fertigspritzeninstillationssets, die die klagende Apothekerin in den Jahren 2009 und 2010 abgegeben hatte – ein Kinderarzt hatte Oxybutynin® 0,1% à 10 ml zur Injektion verordnet. Diese Sets hatte eine andere Apotheke hergestellt; sie waren nach damaligem Arzneimittelrecht als Rezepturarzneimittel bereits am 5. September 2005 im Verkehr gewesen. Am 26. August 2008 war für sie beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte ein Zulassungsantrag gestellt worden, der allerdings erst 2013 abschlägig beschieden wurde – die vorgelegten Unterlagen waren aus konzeptionellen Gründen als nicht geeignet eingestuft worden.

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Retax nach Belieferung mit Fertigspritzensets

Apotheke muss Verordnungsausschluss erkennen können

Die Apothekerin vertrat die Auffassung, bei dem Präparat handele es sich um ein gelistetes, verschreibungspflichtiges Fertigarzneimittel einer bestimmten Apotheke, die über die Herstellerlaubnis nach § 13 Arzneimittelgesetz (AMG) verfüge. Das Präparat könne ausschließlich über diesen Hersteller bezogen werden. Seit März 2007 sei das Fertigarzneimittel in der Lauer-Taxe als ordentliches Arzneimittel mit der offiziellen PZN 1915747 und dem Status verschreibungspflichtig gelistet. Die Kasse entgegnete, das Arzneimittel sei nicht zugelassen – damit sei es auch nicht vom GKV-Leistungskatalog erfasst und werde nicht bezahlt. Sie verwies dazu auf den Arzneilieferungsvertrag (ALV) zwischen dem Deutschen Apothekerverband (DAV) und dem Verband der Angestelltenkrankenkassen sowie dem Rahmenvertrag nach § 129 SGB V. 

Doch gerade mit Verweis auf den ALV entschied das Landessozialgericht – wie schon die Vorinstanz –, dass die Retaxierung nicht hätte erfolgen dürfen. In allen Fällen hätten ordnungsgemäße ärztliche Verordnungen entsprechend dem ALV vorgelegen. Zum Zeitpunkt der Belieferung seien die Fertigspritzen in der großen deutschen Spezialitätentaxe (Lauer-Taxe) unstreitig nicht als „nichtabgabefähiges“ Produkt gekennzeichnet gewesen. Für die Apothekerin sei der von der DAK angenommene Verordnungsausschluss daher nicht zu erkennen gewesen. Im Übrigen sei auch ansonsten kein Pflichtenverstoß gegen das Arzneimittelgesetz oder gegen weitere Vorschriften des Apothekenbetriebsrechtes ersichtlich gewesen. 

Bundessozialgericht: DAK-Beschwerde genügt nicht der Form

Da das Landessozialgericht die Revision nicht zugelassen hatte, legte die Krankenkasse Nichtzulassungsbeschwerde ein. Doch diese hat das Bundessozialgericht nun zurückgewiesen. Die Beschwerde sei unzulässig, weil die geltend gemachten Zulassungsgründe nicht ordnungsgemäß dargetan wurden. Eine Revision ist nämlich nur aus ganz bestimmten gesetzlich vorgegebenen Gründen möglich: Die Rechtssache muss grundsätzliche Bedeutung haben oder es muss eine Abweichung von der Rechtsprechung oder ein Verfahrensmangel vorliegen.

Nichts davon sah das Bundessozialgericht genügend dargetan. Zwar hatte die Kasse, die aus ihrer Sicht relevante Rechtsfrage formuliert – nämlich: Ist die Krankenkasse berechtigt, die Abrechnung der Vergütung einer Apotheke für die Abgabe eines Arzneimittels, dessen Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit nicht in einem Zulassungsverfahren festgestellt worden sind und das sich lediglich aufgrund einer arzneimittelrechtlichen Übergangsregelung im Verkehr befindet, in voller Höhe zu retaxieren?

Aber dann? Formfehler! Die Kasse habe den Sachverhalt nur unzureichend dargestellt, so dass es der Revisionsinstanz nicht möglich gewesen sei, die Entscheidungserheblichkeit der Frage abschließend zu beurteilen. Auch eine Rechtssprechungsabweichung habe die Kasse nicht aufgezeigt.

Nun muss die Kasse 9.254,30 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12. März 2012 zahlen – und überdies die Kosten des gesamten Rechtsstreits.

Beschluss des Bundessozialgerichts vom 26. März 2019, Az.: B 3 KR 23/18 B



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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1 Kommentar

DAK als Risikokasse

von ratatosk am 18.04.2019 um 18:57 Uhr

Teure Rezepte für DAK Kunden werden hier als Hochrisiko angesehen, da die DAK vor keinem winkeladvokatischen Versuch zurückschreckt, sich hier auf Kosten anderer zu bedienen. Da Kunden immer öfter fragen, konnten wir auch schon viele Kunden abhalten zur DAK zu gehen oder sie ermutigen zu anderen Kassen zu wechseln. Natürlich sind unsere sehr negativen Erfahrungen mit der DAK nicht genau statistisch belegbar, aber sie fallen extrem auf. Gerade die Ersatzkassen sind in der Wahrnehmung vieler Kunden geradezu abgestürzt.
Durch die politische Rückendeckung, können die aber meist machen was sie wollen, sind eben wohl doch die unantastbaren, mit kleinen, wie hier beschriebenen Ausnahmen.

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