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An die zweite Masernimpfung denken!
Impfschutz bei Schulanfängern nicht ausreichend
Das Bundesgesundheitsministerium, die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung und das Robert Koch-Institut (RKI) mahnen gemeinsam: Die Impfquoten bei Schulanfängern sind weiterhin zu niedrig. Nach den neuen Daten des RKI waren 2017 zwar gut 93 Prozent der Schulanfänger zweimal gegen Masern geimpft – doch das ist zu wenig und die Impfquoten gegen Diphtherie, Tetanus, Keuchhusten oder Kinderlähmung nehmen demnach bereits im dritten Jahr in Folge bei den Schulanfängern sogar ab.
„Trotz aller Aufklärungskampagnen sind die Impfquoten in den vergangenen Jahren nicht entscheidend gestiegen. Deshalb muss die Masern-Impfung in Kindergärten und Schule verpflichtend werden“, das fordert Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) in einer Pressemitteilung des Robert Koch-Instituts (RKI) vom 2. Mai, anlässlich des neu erschienen Epidemiologischen Bulletin. Darin wird nämlich über die Impfquoten, die im Rahmen der jährlichen Schuleingangsuntersuchungen 2017 erhoben wurden, berichtet.
Hervorgehoben – wie aktuell in den Medien – wird dabei das Thema Masern. Dem RKI sind demnach für 2018 insgesamt 543 Masernerkrankungen übermittelt worden, im laufenden Jahr 2019 sind es jedoch bereits mehr als 300 Fälle. Aktuell wird weltweit über steigende Masernzahlen berichtet, auch in Ländern wie den USA, die sich im Jahr 2000 eigentlich als „masernfrei“ erklärt hatten (dort zählt man bereits über 700 Fälle).
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Die Masern-Impfquoten sind laut RKI bei den Schuleingangsuntersuchungen zwar zu Beginn der letzten 10 Jahre vor allem hinsichtlich der zweiten Impfung deutlich angestiegen. In den letzten beiden Jahren stagnierten die Impfquoten jedoch für beide Masern-Dosen. Gerade die Impfquote bei der zweiten Masern-Impfung müsse aber weiter erhöht werden, um die Elimination der Masern in Deutschland weiter voranzutreiben – dazu brauche es eine Impfquote von mindestens 95 Prozent mit zwei Masern-Dosen in allen Bundesländern. Bis auf Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern hat dieses Ziel offenbar bislang kein Bundesland erreicht. Mit einer Impfquote von nur 89,1 Prozent bildet Baden-Württemberg das Schlusslicht.
Insgesamt steigende Impfquoten zeigt zumindest
der anhand der Impfdokumente ermittelte Impfstatus bei den in den letzten 15 Jahren eingeführten Impfungen (Varizellen, Meningokokken C,
Pneumokokken) bei Kindern zum Zeitpunkt des Schuleintritts. Auf Bundesebene liegen laut Statistik jedoch auch dort die Impfquoten alle unter 90 Prozent, in
einigen Bundesländern sogar deutlich unter 80 Prozent. Impfquoten lange etablierter
Kinder-Standardimpfungen sollen hingegen in den letzten zehn Jahren mit über
90 Prozent zwar auf hohem Niveau liegen. Allerdings ist bereits im dritten Jahr in
Folge ein Rückgang der Impfquoten bei Diphtherie, Tetanus, Pertussis, Hib, Poliomyelitis
und Hepatitis B zu verzeichnen. Das müsse jedoch kein Zeichen für eine nachlassende Impfbereitschaft sein, heißt es.
Keine nachlassende Impfbereitschaft?
Vermutlich ist eine Anpassung der Definitionen für eine abgeschlossene Grundimmunisierung im Erhebungsbogen und nicht eine nachlassende Impfbereitschaft für die sinkenden Zahlen der letzten drei Jahre verantwortlich, vermutet das RKI. So waren für Diphtherie, Tetanus, Hib, Poliomyelitis und Hepatitis B zunächst nur jeweils drei Impfungen als abgeschlossene Grundimmunisierung definiert. Aufgrund der zunehmenden Nutzung von Kombinationsimpfstoffen mit Pertussis-Komponente waren dann aber vier Impfungen erforderlich.
Dennoch: Der bundesweite Anteil von Kindern gänzlich ohne
Diphtherie-, Tetanus-, Pertussis-, Poliomyelitis-, Hib- oder
Hepatitis-B-Impfung ist nach dem Untersuchungsjahr 2014 aber leicht und
kontinuierlich gestiegen. Die Ursachen für diese Zunahme könnten mit den
vorliegenden Daten nicht erklärt werden und doch auf eine nachlassende
Impfbereitschaft oder auf Barrieren im Impfsystem hindeuten, so das RKI.
Auch Faktoren wie Zuwanderung
und verkürzte (von der STIKO bislang nicht empfohlene) 2+1-Impfschemata werden genannt. Sie könnten
die Zahlen an vollständigen Grundimmunisierungen senken, heißt es.
Gleichzeitig sollen die auf der Basis der vorgelegten Impfausweise berechneten Impfquoten vermutlich eine leichte Überschätzung der erzielten Impfquoten darstellen. Daten zum Impfstatus von Kindern ohne Impfausweis liegen nämlich nicht bundesweit vor.
Der Präsident des RKI Lothar H. Wieler zeigt laut Pressemitteilung überzeugt, dass die Impfquoten steigen werden, wenn fachübergreifendes Impfen unabhängig von Bundesland und Krankenkasse Normalität sei, Betriebsärzten das Impfen erleichtert wird, automatisierte Impferinnerungen Standard sind und zudem niederschwellig Impfungen aktiv angeboten werden. Laut RKI ist aber auch die Qualität der Surveillance wichtig, um Krankheitsgeschehen schnell erkennen und unterbrechen zu können.
Nach 1970 geboren? MMR-Impfstoff sinnvoll
Doch so wichtig die Impfungen bei den Schulanfängern sind, ein weiterer wichtiger Punkt wird immer wieder betont: „Fast die Hälfte der Erkrankten sind junge Erwachsene, das weist auf die großen Impflücken in diesen Altersgruppen hin“, wird Wieler in der Pressemitteilung zitiert. Speziell für die nach 1970 Geborenen empfiehlt die Ständige Impfkommission (STIKO), die Impfung nachzuholen, wenn im Impfpass keine oder nur eine Masernimpfung aus der Kindheit vermerkt ist oder der Impfstatus unklar ist. Denn Personen, die vor 1970 geboren wurden, hätten mit hoher Wahrscheinlichkeit die Masern bereits durchgemacht – in der „Vorimpfära“ sollen 95 bis 98 Prozent der Kinder bis zum 10. Lebensjahr eine Immunität gegen Masern aufgewiesen haben. Wer vor 1970 geboren ist und nicht genau wisse, ob eine Maserninfektion durchgemacht wurde oder ob geimpft wurde, sollte sich dennoch auch impfen lassen.
USA / Los Angeles
Masern: Rund 1000 Menschen in Quarantäne
Wer Kontakt zu Masernerkrankten hatte und gar nicht, nur einmal gegen Masern geimpft wurde oder dessen Impfstatus unklar ist, sollte postexpositionell einmalig „vorzugsweise mit MMR-Impfstoff“ geimpft werden – und das innerhalb von 3 Tagen nach Kontakt zu Masernerkrankten. Wie die Deutsche Presse-Agentur (dpa) berichtet, weisen auch Kinderärzte derzeit darauf hin, dass es besser wäre, nicht nur eine Impfpflicht gegen Masern einzuführen, sondern gleich gegen Masern, Mumps und Röteln (MMR). Denn „es wäre nicht sinnvoll, im Zuge einer Masern-Impfpflicht wieder zu Einfachimpfstoffen zurückzukehren“, warnte der Präsident des Bundesverbands der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) Thomas Fischbach in den Funke-Medien.
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