Modellvorhaben

FDP kann sich impfende Apotheker vorstellen

Berlin - 13.05.2019, 14:00 Uhr

Die FDP-Bundestagsfraktion fordert eine konzertierte Aktion Impfen und ist gegen eine strikte Impfpflicht. (b/Foto: Imago Images)

Die FDP-Bundestagsfraktion fordert eine konzertierte Aktion Impfen und ist gegen eine strikte Impfpflicht. (b/Foto: Imago Images)


Bislang sah die FDP Impfungen in der Apotheke eher skeptisch. Der FDP-Gesundheitsexperte und Mediziner Prof. Andrew Ullmann verwies beispielsweise auf mögliche Impfreaktionen. Nun hat die Bundestagsfraktion der Liberalen aber ein Positionspapier zur geplanten Masern-Impfpflicht vorgelegt. Dort wird eine „konzertierte Aktion“ Impfen statt einer Impfpflicht gefordert. Auch Apotheker sollen im Rahmen von Modellvorhaben stärker eingebunden werden.

Das Thema Impfen liegt Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) am Herzen: Einerseits will der Minister dafür sorgen, dass Grippeschutzimpfungen im Rahmen von Modellvorhaben auch in Apotheken erfolgen können. Andererseits hat Spahn erst kürzlich einen Referentenentwurf für ein „Masernschutzgesetz“ vorgelegt, mit dem er Eltern verpflichten will, Kinder gegen Masern impfen zu lassen. Der Entwurf hat in den vergangenen Tagen für viel Aufsehen gesorgt. Spahns Koalitionspartner, die SPD, hat aber bereits Zustimmung signalisiert.

Die FDP-Bundestagsfraktion hat nun mit einem Positionspapier auf die Vorschläge des Ministers reagiert. Auch die FDP sieht dringenden Handlungsbedarf. „Im Ziel sind wir uns einig: Die Ausrottung aller mit Impfstoffen eradizierbaren Infektionskrankheiten! Deshalb muss in Deutschland auf allen politischen Ebenen mehr passieren!“, heißt es in dem Papier. Die Impfpflicht für Kinder bezeichnen die Liberalen aber als „reinen Aktionismus“ und „Verzweiflungstat“. Schließlich gebe es auch „gewaltige Impflücken“ bei Erwachsenen. „Es sind diese Impflücken, die der so wichtigen Herdenimmunität entgegenstehen. Der überwiegende Teil der Erwachsenen kennt nicht mal seinen eigenen Impfstatus“, heißt es in dem Papier.

Ebenfalls beschweren sich die Liberalen darüber, dass es „kaum niederschwellige Impfangebote“ gebe. „Ein veraltetes System mit papierenem Impfpass und umständlicher Handhabung macht es den Menschen nicht leicht, sich notwendige Impfungen zu holen und damit die Bürgerpflicht wahrzunehmen, ihren jeweiligen Teil zur Ausrottung der Krankheiten beizutragen“, heißt es weiter. Die Impfpflicht beziehe sich vermutlich auf die „elitären Impfgegner im Prenzlauer Berg“, könne aber nicht helfen bei Menschen, die aus mangelnder Bildung oder Aufklärung nicht immunisiert werden. Und so kommt die FDP-Fraktion zu dem Schluss: „Durch eine Impfpflicht nur für Kinder bis 14. Jahren werden wir die Herdenimmunität nicht erreichen und Masern werden nicht ausgerottet.“

Konzertierte Aktion Impfen gefordert

Der Gegenvorschlag der FDP: eine „konzertierte Aktion Impfen“. Die erste und zentrale Forderung dabei ist es, das Impfen niedrigschwelliger anzubieten. Und dabei können aus Sicht der Liberalen auch die Apotheker helfen. Wörtlich heißt es:


Impfangebote niedrigschwelliger auszugestalten. So sollen alle Ärztinnen und Ärzte in Deutschland impfen und dies auch zu Lasten der Krankenversicherungen abrechnen dürfen. Zudem wollen wir Modellprojekte initiieren, in deren Rahmen Angehörige anderer Heilberufe mit staatlich geregelter Heilberufeausbildung (Pflegefachkräfte, Hebammen und Entbindungspfleger, Apothekerinnen und Apotheker) nach erfolgter Fortbildung und Prüfung ebenfalls beschränkt auf inaktivierte Impfstoffe bzw. sog. Totimpfstoffe impfen dürfen.“

FDP-Positionspapier


Ullmann und Aschenberg-Dugnus eher skeptisch

Diese Positionierung überrascht etwas. Denn erst im vergangenen Jahr hatte sich der FDP-Bundestagsabgeordnete Prof. Andrew Ullmann gegen Impfungen in der Apotheke ausgesprochen. Ullmann wies darauf hin, dass es beim Impfen zu Reaktionen kommen könne, mit denen nur ein Arzt umzugehen wisse. Beim DAV-Wirtschaftsforum in der vergangenen Woche äußerte sich auch Christine Aschenberg-Dugnus, gesundheitspolitische Sprecherin der FDP-Fraktion skeptisch dazu. Sie sagte, dass es grundsätzlich zu begrüßen sei, dass die Impfquoten mithilfe der Apotheker verbessert werden sollen. Allerdings wies sie die Pharmazeuten auch auf viele neue, bürokratische Anforderungen hin: „Sie müssen die Haftungsfrage klären, brauchen dann eventuell eine neue Versicherung, haben zusätzliche Bürokratie und einen Mehraufwand in der Apotheke. Sie sollten sich gut überlegen, ob Sie das möchten“, sagte Aschenberg-Dugnus in Richtung Apotheker.

FDP: Impfpflicht nur Ultima Ratio

Des Weiteren ist die Rede von einem flächendeckenden, digitalen Impfpass, damit der Impfstatus von Kindern und Erwachsenen jederzeit aufgerufen werden kann. Im Rahmen dieses E-Impfpasses sollten die Bürgerinnen und Bürger auch automatisch an Impfungen erinnert werden. Außerdem, so die FDP, müssten die Länder und Kommunen mehr Geld und Personal in die Prävention von Infektionskrankheiten stecken. Zudem dürften sich die Impfkommissionen nicht widersprechen: Die Liberalen verwiesen hier darauf, dass sich STIKO und die Sächsische Impfkommission widersprächen. Nur wenn all diese Maßnahmen weiterhin erfolglos blieben, sei eine „umfassende Impfpflicht Ultima Ratio“.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


Diesen Artikel teilen:


Das könnte Sie auch interessieren

Positionspapier sieht stärkere Einbindung in das Thema Impfen vor

FDP ändert Meinung zu impfenden Apothekern

Vorsorgeuntersuchungen

FDP Berlin fordert Impfpflicht

Antrag wird derzeit im Berliner Abgeordnetenhaus diskutiert

FDP will Impfpflicht durchsetzen

Arzt übernimmt von Aschenberg-Dugnus

Ullmann ist neuer Sprecher

Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung

Masern-Impflücken vor Kita-Start schließen

Masern-Ausbruch und Todesfall in der Hauptstadt entfachen Diskussion neu

Vorerst keine Impfpflicht

1 Kommentar

unqualifizierte Behauptungen von Prof.Dr.med.Ullmann

von Christoph am 21.05.2019 um 13:30 Uhr

mit unbewiesenen Behauptungen des FDP Gesundheitsexperten Prof. Dr.med. Andrew Ullmann schadet dieser nur der FDP insgesamt. Wer den Ärztemangel in ländlichen Gebieten z.B. anzweifelt, bundesweit die ärztliche Versorgung der ländlichen Bevölkerung durch Schließung von Krankenhäusern das Wort redet handelt Patientenfeindlich ! gegen alle vorhandenen belastbaren Daten der Bundesregierung.
Die FDP Gesundheitsexpertin Christine Aschenberg-Dugnus ( FDP) sollte dem Professor mal Nachhilfe in Sachen Gesundheitsfaktencheck geben, jetzt !

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.