Apothekenmonitor 2019

Schweiz: Apotheken-Services kommen gut an, Versender legen trotzdem zu

Remagen - 22.05.2019, 09:00 Uhr

Die Schweizer schätzen ihre Apotheken. (c / Foto: imago images / Geisser)

Die Schweizer schätzen ihre Apotheken. (c / Foto: imago images / Geisser)


Die Schweizer sind mit der Stärkung der Apotheker im Gesundheitswesen offenbar auf dem richtigen Weg. Die Bevölkerung schätzt das Angebot an Beratungen und Dienstleistungen der Apotheken. Aber der Berufsstand muss am Ball bleiben, denn der Konkurrent Online-Handel legt ebenfalls zu. Das geht aus dem Apothekenmonitor 2019 hervor.

Seit dem Jahr 2014 erstellt das Forschungsinstitut GFS Bern im Auftrag von pharmaSuisse jedes Jahr den „Apothekenmonitor“, um den Stellenwert der Apotheken im Gesundheitssystem fortlaufend im Auge zu behalten. Rund 1000 erwachsene Schweizer wurden hierzu Anfang 2019 befragt.

Die aktuelle Untersuchung konzentriert sich besonders auf die Wahrnehmung der Rolle der Apotheker und das Vertrauen in sie, die Messung der Servicequalität der Apotheken und das Interesse an Angeboten und Dienstleistungen. In diesem Zusammenhang ist von Bedeutung, dass die Stellung der Schweizer Apotheken mit der letzten Revision des Heilmittelgesetzes und des Medizinalberufgesetzes aufgewertet wurde.  

Kompetente und unkomplizierte Beratung

Die repräsentative Umfrage zeigt, dass das Vertrauen der Kunden in die Schweizer Apotheken weiterhin hoch ist. Die Bevölkerung schätze die kompetente und unkomplizierte Beratung und Betreuung, die sie dort erhält, resümiert pharmSuisse den klaren Befund der diesjährigen Umfrage in einer Medienmitteilung.

Diejenigen, die bei leichteren Gesundheitsstörungen wie Erkältungen oder Kopfschmerzen eine Beratung wünschen, wenden sich am ehesten an Apotheker (22 Prozent) oder an Ärzte (19 Prozent). Die restlichen Befragten lassen sich entweder von Freunden, Bekannten und Verwandten oder in der Drogerie beraten. Das Internet gilt als wenig verlässlich. Lediglich knapp über 20 Prozent informieren sich hier, deutlich weniger als noch 2017. Fast die Hälfte der Befragten verzichtet nach der Erhebung bei leichten Gesundheitsstörungen ganz auf eine Beratung.

Interesse an Dienstleistungen nimmt zu

Das Interesse an verschiedensten Apotheken-Dienstleistungen wächst nach der Analyse von GFS Bern ungebrochen. Besonders neuere Angebote wie die Durchführung und Kontrolle von Impfungen (+14 Prozent), genetische Untersuchungen zur Medikamentenauswahl, der Abgleich aktueller Medikamente (beide +11 Prozent), Darmkrebs-Tests (+9 Prozent), die Abgabe verschreibungspflichtiger Medikamente (+8 Prozent) und Netcare (+7 Prozent), das die die Beratung in der Apotheke mit der Möglichkeit einer Telekonsultation mit einem Arzt verbindet, kommen bei den Kunden immer besser an. Damit sei die Neupositionierung der Apotheken im Gang, meint GFS Bern. Das volle Potential dieser Leistungen sei jedoch noch nicht ausgeschöpft.

Im Übrigen wollen die Apotheker das Service-Spektrum noch weiter ausbauen. Ein neues Positionspapier des Schweizerischen Apothekerverbandes zu „Chronic Care in der Apotheke“ zeigt auf, welche umfassenden Aufgaben das Apothekenteam bei der Begleitung und Betreuung von chronischen Patienten künftig einnehmen könnte und welche Voraussetzungen dafür notwendig sind.

Zufriedenheit mit Service und Preis/Leistung

Auch die Zufriedenheit der Bevölkerung mit dem Service der Apotheken ist nach dem Apothekenmonitor 2019 grundsätzlich sehr hoch. Über 90 Prozent sagen, sie seien damit sehr oder eher zufrieden. Die Zufriedenheit in Bezug auf das Preis/Leistungsverhältnis, die im Jahr 2017 sichtbar eingebrochen war, hat sich sowohl in 2018 als auch in diesem Jahr wieder gebessert. 69 Prozent finden das Preis-/Leistungsverhältnis 2019 sehr bzw. eher gut.

Beratungszuschlag ist „Abzocke“

Es gibt aber auch weniger positive Einschätzungen. So hat der Anteil der Befragten, die meinen, dass Apotheken an teuren Medikamenten verdienen, im Vergleich zum letzten Jahr wieder stark zugenommen. Außerdem wird der Beratungszuschlag von mehr als der Hälfte als „Abzockerei“ verstanden. Fast zwei Drittel sind der Auffassung, dass dieser bei verschreibungspflichtigen Medikamenten in den Apotheken nicht verlangt werden dürfte. Weiterhin bewerten rund 50 Prozent den Bezug von Medikamenten bei Ärzten als sicherer und einfacher.

Konkurrenz droht zudem von anderer Seite, nämlich aus dem Internet. Laut GFS Bern finden derzeit knapp 30 Prozent den Online-Bezug von Medikamenten praktischer als den Gang in die Apotheke. Der Trend zum Internet-Kauf steigt seit 2014 kontinuierlich an. Er wird überdurchschnittlich stark gepusht durch die jüngste und auch internetaffinste Altersgruppe (18–39-Jährige).  

Petition „Auch morgen medizinisch gut umsorgt“

PharmaSuisse nutzt die Ergebnisse des Apothekenmonitors 2019 auch als Argumentation gegen die aktuellen Pläne des Schweizer Bundesrates. Aus Sicht des Apothekerverbandes gefährdet dieser „mit unkoordinierten Abbaumaßnahmen“ die Existenz vieler Apotheken und setzt die wohnortnahe medizinische Grundversorgung leichtfertig aufs Spiel. Bis Ende Mai sammeln Apothekenteams deswegen Unterschriften für eine Petition mit dem Titel „Auch morgen medizinisch gut umsorgt“.

Damit wollen die Apotheker den Bundesrat an seine verfassungsrechtliche Verpflichtung erinnern, für eine medizinische Grundversorgung zu sorgen, die für alle einfach zugänglich, sicher und von hoher Qualität ist. PharmaSuisse freut sich über das „gewaltige Echo“ der Bevölkerung. Rund 150.000 Personen sollen die Petition bereits unterschrieben haben.



Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


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