E-Rezept-Projekt

GERDA startet (erst) im November 2019

Berlin - 11.06.2019, 14:00 Uhr

Ab November 2019 sollen in Baden-Württemberg Ärzte E-Rezepte auf einen Server hochladen können, die Apotheker sollen die Rezepte dann herunterladen und einlösen. (c / Foto: imago images)

Ab November 2019 sollen in Baden-Württemberg Ärzte E-Rezepte auf einen Server hochladen können, die Apotheker sollen die Rezepte dann herunterladen und einlösen. (c / Foto: imago images)


Eigentlich sollte das E-Rezept-Projekt GERDA in Baden-Württemberg in diesem Sommer starten. Das hatten zumindest die Apotheker (Kammer und Verband gemeinsam) so kommuniziert. Nun stellt sich aber heraus: Der wirkliche Start in den beiden Testregionen Stuttgart und Tuttlingen war, zumindest auf Fachebene, schon immer für November 2019 vorgesehen. Derzeit wird unter Hochdruck an der Fertigstellung des Servers gearbeitet.

So wie das ARMIN-Modell in Sachsen und Thüringen soll GERDA zu einem Prestigeprojekt der Apotheker werden: Denn federführend und in Zusammenarbeit mit den Ärzten (dokdirekt) und dem Unternehmen Teleclinic entwickelt die Apothekerschaft aus Baden-Württemberg erstmals ein E-Rezept, das zunächst in den beiden Testregionen Stuttgart und Tuttlingen und später im ganzen Bundesland genutzt werden soll. Im August teilten der Landesapothekerverband und die -kammer gemeinsam mit: „Die Projektentwicklung von GERDA ist auf ein gutes halbes Jahr ausgelegt. Erste Tests soll es Anfang des zweiten Quartals 2019 geben.“ Kammerpräsident Dr. Gunther Hanke erklärte erst kürzlich auf dem Hauptstadtkongress, dass er guter Dinge sei, dass das Projekt „spätestens im Juli“ starten solle.

Doch ein Start in diesem Sommer scheint derzeit unmöglich – und war auch nie so richtig vorgesehen. Nach Informationen von DAZ.online haben die für das erste Quartal 2019 angekündigten „Tests“ bislang nicht stattgefunden. Vielmehr arbeitet die ABDA-Digital-Tochter NGDA weiterhin an der Fertigstellung des Servers und der Schnittstellen. Ein Sprecher des Landesapothekerverbandes Baden-Württemberg weist darauf hin, dass es bei dem Termin Mitte 2019 immer nur um die Fertigstellung der technischen Lösungen auf Apothekerseite gegangen sei: „Wir bleiben dabei: Bis Ende Juni beziehungsweise Anfang Juli werden wir die Server- und Schnittstellentechnik fertigstellen, die gebraucht wird, um E-Rezepte vom Arzt über den Patienten bis zur Apotheke sicher zu transportieren. Dann wird es darauf ankommen, dass seitens docdirekt entsprechende E-Rezepte in das System eingegeben werden.“

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Aus Patientensicht bedeutet dies jedoch noch lange nicht, dass im Sommer auch schon die ersten E-Rezepte „versendet“ werden können. Die Stuttgarter Zeitung berichtet, dass das gesamte Projekt im November 2019 in Stuttgart und Tuttlingen starten solle, im Februar 2020 solle es dann im ganzen Bundesland losgehen. Zu einem konkreten Starttermin für das erste versendete E-Rezept wollte der LAV-Sprecher aber nichts sagen. Schließlich könne er nicht kommentieren, wann die „Ärzteschaft dazu technisch konkret in der Lage sein wird“. DAZ.online hat sich daher auch bei der Teleclinic GmbH nach dem Zeitplan für GERDA erkundigt. Zur Erinnerung: Offiziell kooperieren die Apotheker bei GERDA mit der baden-württembergischen Online-Arztpraxis „docdirekt“, die zur Kassenärztlichen Vereinigung des Landes gehört. Die gesamte Technik und die dahinter liegenden Softwarelösungen der Online-Arztpraxis stammen allerdings von Teleclinic.

Katharina Jünger, Geschäftsführerin bei Teleclinic, erklärte gegenüber DAZ.online, dass sich die für die Mediziner entwickelten Softwarelösungen erst mit dem GERDA-Server verbinden könnten, wenn die NGDA ihren „Fachdienst“ fertiggestellt habe. Wörtlich sagte sie:


Das gesamte GERDA-Projekt besteht aus zwei großen Teilen: Erstens müssen die Ärzte, die telemedizinisch über TeleClinic bzw. docdirekt beraten, in der Lage sein, E-Rezepte zu erstellen und sie auf den Fachdienst der Apotheken einzustellen. An dieser Technik arbeiten wir. Die Grundlagen sind uns auch schon bekannt, weil wir ja seit einiger Zeit schon für PKV-Patienten mit apotheken.de zusammenarbeiten – hier verordnen die teilnehmenden Ärzte ja schon elektronisch und viele der Prozesse bezüglich des elektronischen Kassenrezeptes sind mit denjenigen des elektronischen Privatrezeptes vergleichbar.

Der zweite Bereich dreht sich um den Empfang und die Verarbeitung des E-Rezeptes in der Apotheke. An das E-Rezept für GKV-Patienten sind deutlich mehr Bedingungen geknüpft als an das E-Rezept für Privatversicherte. Beispielsweise muss sichergestellt sein, dass rein theoretisch jede Apotheke jedes E-Rezept empfangen kann. Die ABDA-Tochter NGDA hat zugesichert, bis Juli ihren Fachdienst dafür fertigzustellen, also den Server aufzubauen, auf den die teilnehmenden Apotheken dann zugreifen. Nach unseren Informationen liegt die NGDA auch im Plan. Aber erst wenn deren Fachdienst fertig ist, können wir damit anfangen, unsere Softwarelösungen mit dem Server zu verbinden. Daher ist November ein realistischer Termin für den Start des Projektes in den beiden Regionen. Dieser Projektplan wurde auf Fachebene so frühzeitig abgestimmt und ist in unseren Augen auch realistisch."

Katharina Jünger, Geschäftsführerin bei Teleclinic


Weitere Themen: Verträge und Apotheken-Software

Dem Vernehmen nach gibt es aber nicht nur technische Probleme, die bis dahin gelöst werden müssen. Denn noch müssen Arzneimittel-Verordnungen ausschließlich in Papierform vorliegen – das besagen mehrere Verträge zwischen Apothekern und Kassen, die für alle Bundesländer gelten. Um GERDA trotzdem starten zu können, müssen also für Baden-Württemberg spezifische, neue Verträge zwischen Kassen und Apothekern ausgehandelt werden. Und auch diese sind laut LAV noch nicht abgeschlossen. Der Sprecher dazu: „Wir sind seit Monaten mit den Landesverbänden der Krankenkassen im Gespräch, um hier eine Regelung für die Nutzung des E-Rezeptes im Rahmen eines Modellprojektes zu finden – dazu müssen neue Verträge geschrieben werden. Auch hier haben sich Themen ergeben, die vor der Planung des Projektes nicht absehbar waren: Für die Krankenkassen ist es beispielsweise eine wichtige Frage, inwiefern die E-Rezepte im Risikostrukturausgleich berücksichtigt werden. Wir befinden uns hier aber auf einem guten Weg, um zu einem Vertragsabschluss zu kommen.“

Verhandeln müssen die Apotheker auch mit den Softwarehäusern: Denn es reicht nicht, wenn es für die teilnehmenden Pharmazeuten technisch möglicht wird, ein GERDA-E-Rezept vom Server zu laden. Die Verordnungen sollten praktischerweise über die Apotheken-Software abgerufen werden können – und von dort aus auch digital an die Kassen weitergeleitet werden können, wegen der Abrechnung. Auch hier wird dem Vernehmen nach weiterhin verhandelt. Immerhin: Sowohl der LAV-Sprecher als auch Katharina Jünger von Teleclinic bestätigten, dass das Projekt möglichst schnell auf Landesebene ausgerollt werden soll. Der LAV-Sprecher dazu: „Natürlich haben wir GERDA so geplant, dass irgendwann auch Patienten in ganz Baden-Württemberg davon profitieren können. Auch hier möchte ich aber keine Starttermine für einen landesweiten Rollout kommentieren, denn wichtig ist es, dass wir das Projekt erst einmal in den beiden Pilotregionen Stuttgart und Tuttlingen ins Rollen bringen. Unser grundsätzliches Ziel mit GERDA ist es sogar, dass hier gewonnene Erfahrungen für die bundesweite Einführung des E-Rezeptes genutzt werden können. Denn es bringt nichts, wenn Apotheker und Ärzte in ganz Deutschland unterschiedliche Verfahren nutzen, um das E-Rezept zu verwenden.“

So soll „GERDA“ funktionieren

Schon seit dem vergangenen Jahr steht Patienten in Baden-Württemberg die Online-Arztberatungen bei „docdirekt“ zur Verfügung. Medienberichten zufolge gibt es schon mehr als 4.000 Baden-Württemberger, die das Portal nutzen. Die Technik dahinter stammt von Teleclinic. Der Patient legt in einer Online-Anwendung, die natürlich auch auf Smartphones läuft, ein Nutzerprofil an. Mit diesem Profil kann er an Online-Beratungen teilnehmen. Privatversicherte Patienten können dabei heute schon E-Rezepte in ihre Anwendung laden und sie dann in einer der etwa 7.000 apotheken.de-Apotheken einlösen. Künftig sollen auch GKV-Patienten in der docdirekt-App E-Rezepte nutzen können. Der Arzt verordnet das Rezept und lädt es verschlüsselt auf den GERDA-Server. Der Patient kann es sich in seine App laden und eine von ihm ausgewählte Apotheke mit der Abgabe beauftragen. Zur Anmeldung und Legitimation der Apotheker auf dem Rezeptserver nutzt die NGDA für die Apotheker das sogenannte N-ident-Verfahren, mit dem sich die Apotheken bereits beim Securpharm-System legitimieren. Mit Hilfe dieser „digitalen Identität“ sollen sie sich auch am Rezeptspeicher anmelden. Über die Apotheken-Software soll der Pharmazeut die Verordnung einsehen und nach der Abgabe das E-Rezept dann zwecks Abrechnung weiter zur Kasse schicken.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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