„Plusminus“

ARD: Apotheker und Ärzte machen Kasse mit Bioscannern

Berlin - 20.06.2019, 17:00 Uhr

Die ARD-Sendung „Plusminus“  hat sich mit der umstrittenen Bioscan-Methode befasst, die in Apotheken und Arztpraxen angeboten wird. (Screenshot: DAZ.online)

Die ARD-Sendung „Plusminus“  hat sich mit der umstrittenen Bioscan-Methode befasst, die in Apotheken und Arztpraxen angeboten wird. (Screenshot: DAZ.online)


Die ARD-Sendung „Plusminus“ hat sich am gestrigen Mittwochabend mit umstrittenen Scan-Verfahren befasst, die derzeit in einigen Apotheken und Arztpraxen angeboten werden. Konkret geht es um sogenannte „Bioscanner“, die man kurz in der Hand halten muss, um dann Aussagen über die eigene Gesundheit zu erhalten. In dem Beitrag kommen ein Mediziner, eine Medizinstudentin und ein Techniker zu Wort. Alle drei Experten halten die Messmethode für absoluten Unfug.

Unter dem Titel „Abzocke mit Bioscannern in der Apotheke“ lief am gestrigen Mittwochabend ein etwa 10-minütiger Beitrag in der ARD-Sendung „Plusminus“. Der TV-Redakteur ging dabei in zwei Apotheken und eine Arztpraxis, in denen unterschiedliche elektronische Messverfahren zum Einsatz kamen. Bei allen Verfahren musste die Testperson etwa eine Minute lang einen Messstab festhalten, um dann Werte über seinen Gesundheitszustand zu erhalten. Darunter beispielsweise Eisen-, Zink- und Vitaminwerte. Sowohl in den Apotheken als auch in der Arztpraxis wurden dem TV-Redakteur anschließend teils kostspielige Nahrungsergänzungsmittel angeboten und verkauft.

In der ersten Testapotheke wurde die Testperson nach Gewicht, Größe und Geschlecht gefragt. Ob es sich bei der „Beraterin“ um eine Apothekenangestellte (Apothekerin, PKA, PTA) handelte, wurde nicht erläutert. Die Beraterin wird in dem Beitrag mit den Worten zitiert: „Wir messen in den Zellen. Wir können so im Frühstadium Krankheiten erkennen, bevor das in einer Blutuntersuchung gesehen werden kann.“

Der Test kostete den TV-Redakteur etwa 30 Euro, im Anschluss wurden ihm – aufgrund eines angeblich festgestellten Vitamin- und Zinkmangels – zwei verschiedene Vitamin-Präparate empfohlen. Insgesamt habe die Rechnung 145 Euro betragen. Auf die Frage, ob es so gut sei, wenn man die für Vitamin C empfohlene Tagesdosis so deutlich überschreite, soll die Beraterin geantwortet haben: „Nehmen Sie ruhig mal beide Präparate. Was der Körper nicht braucht, scheidet er wieder aus.“ 

Mediziner: Das ist totale Willkür!

Die TV-Redaktion fragte anschließend beim Apothekenbesitzer nach, der dann zugab, dass die Methode schulmedizinisch nicht anerkannt sei. Trotzdem wende er sie mit „positiven Rückmeldungen“ an. Der Ernährungsmediziner Dr. Matthias Riedl begutachtete das Verfahren und den anschließenden Verkauf in der Apotheke aus medizinischer Sicht. Sein Urteil: „Totale Willkür, extrem dubios, nicht empfehlenswert, medizinisch unsinnig.“

Mit einer Medizinstudentin betrat der TV-Redakteur dann noch eine zweite Apotheke und eine Arztpraxis. In der Apotheke wurde ein ähnliches Verfahren einer anderen Firma angewendet. Auch hier kam es wieder zu Verkaufsempfehlungen über Nahrungsergänzungsmittel in Höhe von etwa 130 Euro. In diesem Fall machte die Apothekerin selbst die Messung, heißt es in dem Beitrag. Aufgrund eines angeblich festgestellten Eisenmangels empfahl die Apothekerin die Einnahme von Eisenpräparaten. Der Mediziner dazu: „Das ist ein Kunstfehler.“ Denn mittlerweile zeigte ein umfassender Bluttest, dass der Test-Patient unter gar keiner Mangelerscheinung litt. In der Arztpraxis wurde den Testern direkt ein Bestell-Dokument vorgelegt, auf der mehrere Nahrungsergänzungsmittel zur Auswahl standen. Laut „Plusminus“ ist das ein Verstoß gegen die ärztliche Berufsordnung.

Die ARD-Redaktion bat zudem einen IT-Techniker um Hilfe, der das Gerät auseinander baute, um sich die Einzelteile anzuschauen. Und auch der Techniker kommt zu dem Schluss, dass das Gerät keine körperlichen Daten messen kann. Um dies zu beweisen, schloss er das Gerät an eine Glühbirne. Auch hier zeigte das Gerät dann Daten über den Zustand einzelner menschlicher Organe an. Die Redaktion fragte bei den Herstellern der Geräte Institut Dr. Rilling und Firma MSCmedX an. Beide wollten sich nicht äußern. Wie viele Apotheken und Arztpraxen solche Tests anbieten, wird in dem Beitrag nicht erklärt.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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