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Abmahnungen und Urteile
Mit welchen Aussagen dürfen Kunden gelockt werden?
Um Patienten und Verbraucher zu sich zu locken, wenden manche Krankenkassen, Pharmahersteller oder Ärzte und Apotheker zweifelhafte Tricks an. Teils müssen Gerichte entscheiden – ob etwa ein Aufdruck „geänderte Rezeptur“ auf einer Arzneimittelschachtel verbotene Werbung darstellt.
Um gegen problematische Heilmittelwerbung und andere Formen des Kundenfangs vorzugehen, mahnen Verbände wie die Wettbewerbszentrale regelmäßig Firmen ab – oder sie ziehen vor Gericht. So auch beispielsweise bei der Frage, inwiefern Arzneimittelhersteller auf Verpackungen werben dürfen. Das Landgericht München II muss demnächst die Frage klären, ob die Aussage „geänderte Rezeptur“ noch als Information erlaubt ist – oder ob es sich um verbotene Werbung handelt (Az. 2 HKO 513/19). Dies wäre der Fall, wenn Patienten es im Sinne der Aussage „verbesserte Rezeptur“ verstehen: Denn nach § 10 des Arzneimittelgesetzes sind auf Arzneimittelpackungen über die gesetzlich geregelten Angaben hinaus nur Aussagen erlaubt, die mit der Anwendung des Arzneimittels im Zusammenhang stehen und für die gesundheitliche Aufklärung der Patienten wichtig sind.
Einen anderen Fall hat das Landgericht Dortmund vor einem guten halben Jahr entschieden: Eine Firma hatte geworben, ihre „Fett-weg-Spritze“ sei „die Lösung für Problemzonen“, mit der störende Fettdepots „einfach und sicher per Injektion“ aufgelöst werden könnten. Nach einer Klage der Wettbewerbszentrale urteilten die Richter, dass es sich hierbei nicht um ein Medizinprodukt handele, sondern dass das Präparat mit dem Wirkstoff Natriumdesoxycholat einer strengeren arzneimittelrechtlichen Zulassung bedürfe (Az. 25 O 254/14).
„Immun.gegen.Krebs“ oder „rauchfrei in einer Stunde“
Relativ klar war auch ein Fall, bei der ein Geschäftsmann mit der Aussage „Immun.gegen.Krebs“ geworben hatte: Er hatte auf obskure Weise Schlafzimmer in Bezug auf magnetische Felder untersucht – und den Eindruck erweckt, dies könne die Verbraucher vor Krebs schützen. Wie auch eine Werbeaussage „rauchfrei in einer Stunde“ unterband die Wettbewerbszentrale dieses Versprechen mit einer Abmahnung. Ein anderer Fall betraf einen Friseur, der sich als Haarausfalls-Experte ausgab und seinen Kunden eine „Kopfhautdiagnose“ anbot – obwohl nur Ärzte und Heilpraktiker medizinisch tätig werden dürfen.
„Im Gesundheitsbereich verbietet der Gesetzgeber die Werbung mit pauschalen Erfolgsaussagen, weil die Heilung oder Linderung von Krankheiten immer von zahlreichen Faktoren abhängig ist“, sagt Rechtsanwältin Christiane Köber, Mitglied der Geschäftsführung der Wettbewerbszentrale. Immer wieder versuchten Geschäftemacher, leichtgläubige Verbraucher mit Versprechen zu locken, erklärt sie gegenüber DAZ.online.
Auch Ärzte, Apotheker und Krankenkassen im Visier
Die Wettbewerbszentrale versuche dies wie auch Wettbewerbsverzerrungen zu verhindern. So auch im Fall eines Arztes, der seine Praxis samt angeschlossenes Kosmetikstudio als „medical beauty lounge“ bezeichnet hatte. Das Landgericht Frankfurt verbot ihm dies in einem noch nicht rechtskräftigen Urteil – wie auch seine Fachangestellten als „Medizinkosmetikerinnen“ zu bezeichnen (Az. 3-06 O 102/18).
Apotheker stehen gleichfalls immer wieder im Visier der Wettbewerbszentrale – so im Verfahren um Rx-Werbegutscheine, die der Bundesgerichtshof kürzlich verboten hat. Krankenkassen bekommen gleichfalls immer wieder einen Dämpfer. Derzeit anhängig ist eine im Mai beim Landgericht Bremen eingereichte Klage gegen eine Betriebskrankenkasse, die mit einem Zusatzbeitrag von 0,22 Prozent geworben hatte – obwohl es sich dabei nur um den Arbeitnehmeranteil handelt, der eigentliche Zusatzbeitrag beläuft sich auf 0,44 Prozent. Seit Anfang des Jahres wird dieser Beitrag zwar wieder zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer aufgeteilt – doch handelt es sich bei der Werbeaussage nach Ansicht der Wettbewerbszentrale um Irreführung (Az. 12 O 78/19).
Offen ist derzeit außerdem noch ein Streit um eine Werbeaussage des privaten Versicherers Ottonova: Dieser hatte damit geworben, dass Versicherte per App krankschreiben lassen können, wie auch die „Welt“ berichtet hatte. Zwar seien Fernbehandlungen mittlerweile teils erlaubt, Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen dürften aber nicht über Telefon oder Internet erfolgen, sondern nur nach persönlicher Rücksprache mit einem Arzt. Der Rechtsrahmen ist nach Ansicht Köbers hier bisher nicht richtig durchdacht. Im Juli startet in München ein Musterverfahren, das Klärung bringen soll.
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