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Assistierte Selbsttötung
Suizidbegleitung: Bundesgerichtshof spricht Ärzte frei
Der Bundesgerichtshof hat ein Grundsatzurteil zur Sterbebegleitung getroffen: Ein Arzt ist nicht dazu verpflichtet, Patienten nach einem Suizidversuch das Leben zu retten. Zumindest, wenn diese zuvor ihre Entscheidung zum Sterben freiwillig und bewusst getroffen haben. Nicht berücksichtigen mussten die Bundesrichter den neuen Straftatbestand der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung, weil dieser zur Zeit der Suizide noch nicht in Kraft war.
Der Leipziger Strafsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) hat das Selbstbestimmungsrecht von Patienten gestärkt. Ärzte sind nicht verpflichtet, Patienten nach einem Suizidversuch gegen deren Willen das Leben zu retten, entschied er am gestrigen Mittwoch. Er bestätigte damit zwei Freisprüche der Landgerichte in Berlin und Hamburg. Schon die Vorinstanzen waren davon ausgegangen, dass sich die Ärzte nicht wegen Tötungsdelikten und unterlassener Hilfeleistung strafbar gemacht hatten, weil sie die Selbsttötungen unterstützten und Maßnahmen zur Rettung der bewusstlosen Suizidentinnen unterließen. Die Staatsanwaltschaft legte gegen diese Urteile Revision ein. Doch der BGH befand sie nun für rechtskräftig.
Thema
Sterbehilfe
Konkret ging es um zwei Fälle, bei denen Mediziner aus Berlin und Hamburg drei erkrankte Frauen nach der Einnahme tödlicher Medikamente bis zum Tod begleitet hatten, ohne ihnen das Leben zu retten. So hatten sich 2012 zwei ältere Frauen aus Hamburg entschlossen, aus dem Leben zu scheiden. Zwar hatten sie keine lebensbedrohliche, wohl aber ihre Lebensqualität und persönlichen Handlungsmöglichkeiten zunehmend einschränkende Krankheiten. Der heute 67-jährige Arzt war dabei, als sie die tödlichen Medikamente einnahmen und begleitete ihr Sterben. Zuvor hatte er ihnen eine uneingeschränkte Einsichts- und Urteilsfähigkeit attestiert. Im Berliner Fall ging es um eine chronisch kranke 44-Jährige, die schon mehrere Suizidversuche hinter sich hatte, bevor sie 2013 ihr Leben tatsächlich beendete. Ihr heute 70 Jahre alter Hausarzt hatte ihr ein starkes Schlafmittel verschrieben. Davon nahm sie eine mehrfach tödliche Dosis. Dann informierte sie den Arzt, der nach der komatösen Frau sah, aber keine Rettungsmaßnahmen ergriff.
Bundesverwaltungsgericht
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„Entscheidend ist die Freiverantwortlichkeit des Selbsttötungsentschlusses“, begründete der Vorsitzende Richter am BGH Norbert Mutzbauer die Entscheidung. „Die Tatherrschaft lag bei ihr“. Die Patientinnen hätten ihre Entscheidungen eigenverantwortlich getroffen. „Ein Arzt kann nicht verpflichtet werden, gegen den Willen des Suizidenten zu handeln“, so der Vorsitzende Richter. Das Selbstbestimmungsrecht überlagert demnach auch die Garantenpflicht, die ein Hausarzt seinem Patienten gegenüber hat, also die Pflicht ihn aktiv zu schützen. Damit erleichterte das Gericht die Durchführung von Patientenverfügungen, die seit 2009 im Zivilrecht vorgesehen sind. Und es lockerte seine seit 1984 rigide und als überholt geltende Rechtsprechung zum Umgang von Ärzten mit sterbewilligen Patienten.
Am Straftatbestand der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung (§ 217 StGB) war das Verhalten der Angeklagten wegen des strafrechtlichen Rückwirkungsverbotes nicht zu messen. Denn dieser erst 2015 eingeführte Paragraf war zur Zeit der Suizide noch nicht in Kraft. Das neue Verbot zielt auf Sterbehilfe als Geschäftsmodell organisierter Vereine. Dagegen klagen derzeit schwerkranke Menschen, Ärzte und Sterbehilfe-Vereine beim Bundesverfassungsgericht. Eine Entscheidung in Karlsruhe wird im Herbst erwartet.
Urteile des Bundesgerichtshofs vom 3. Juli 2019, Az.: 5 StR 132/18 und 5 StR 393/18
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