Neue Frist im Digital-Gesetz

Apotheker sollen mehr Zeit für die TI-Anbindung erhalten

Berlin - 05.07.2019, 14:50 Uhr

Konnektor und Kartenlesegerät: Unter anderem damit sollen sich die Apotheken an die Telematikinfrastruktur anbinden. Die Frist dazu soll nun verlängert werden. (s / Foto: Schelbert)

Konnektor und Kartenlesegerät: Unter anderem damit sollen sich die Apotheken an die Telematikinfrastruktur anbinden. Die Frist dazu soll nun verlängert werden. (s / Foto: Schelbert)


Mit dem Digitale Versorgung Gesetz will die Bundesregierung mehr Tempo in die Digitalisierung des Gesundheitswesens bringen. Auch den Apothekern will Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) Druck machen: Damit sie E-Medikationspläne und E-Rezepte bearbeiten können, sollen sie sich schneller an die Telematikinfrastruktur anschließen. Im ersten Entwurf war dafür die Frist 31. März 2020 vorgegeben, diese soll aber nun um sechs Monate verlängert werden, heißt es im neuen Referentenentwurf. Verschwunden sind die Vergütungen für Apotheker in Sachen-E-Medikationsplan. Die sollen dem Vernehmen nach aber mit der geplanten Apothekenreform kommen.*

Damit sich die Apotheker mit Ärzten auf digitalem Weg über Medikationspläne ihrer Patienten austauschen und E-Rezepte empfangen können, müssen sie an die sogenannte Telematikinfrastruktur (kurz: TI) angeschlossen werden. Die TI ist sozusagen die sichere, geschützte Datenautobahn des Gesundheitswesens, die in der Gematik seit Jahren entwickelt wird. Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) will den Apothekern mit dem Digitale Versorgung Gesetz (DVG) dazu eine neue Frist setzen: Im ersten Entwurf des Gesetzes hieß es, dass sich die Pharmazeuten bis zum 31. März 2020 alle vollständig an die TI anbinden müssen.

Die ABDA hatte in einer ersten Stellungnahme zu dem Referentenentwurf allerdings erklärt, dass die Apotheker mehr Zeit für die Anbindung bräuchten. Am 31. März 2020 ist aus Sicht der Standesvertretung der Apotheker lediglich der „flächendeckende Rollout“ startbereit. Und weiter: „Auf Basis einer frühzeitigen Bereitstellung von E-Health-Konnektoren durch weitere Anbieter und der notwendigen Zeiträume für die technische Implementierung von Komponenten in den Apotheken ist eine flächendeckende Anbindung von Apotheken an die Telematikinfrastruktur zum 31. Dezember 2020 realistisch und möglich.“

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BMG: Sechs Monate mehr Zeit

Nun kommt das BMG den Apothekern etwas entgegen. In einem überarbeiteten Referentenentwurf, der DAZ.online vorliegt, heißt es nun: „Damit Apotheken die Aktualisierung des elektronischen Medikationsplans vornehmen können, werden sie mit dem in § 31a Absatz 3 neu eingefügten Satz 4 verpflichtet, sich bis zum 30. September 2020 an die Telematikinfrastruktur anzuschließen.“ Ob dieser sechsmonatige Aufschub reicht, ist unklar. DAZ.online hatte schon berichtet, dass es derzeit noch einige zu lösende Probleme gibt. So soll es erst im vierten Quartal 2019 zu einem ersten Feldtest der Konnektoren in Arztpraxen und Apotheken kommen. Und auch die Austeilung der Karten für die einzelnen Apotheker (Heilberufsausweis) sowie für die Apotheken als Einrichtung (SMC-B-Karte) ist längst nicht abgeschlossen. ABDA-IT-Chef Sören Friedrich hatte auf dem DAV-Wirtschaftsforum daher gesagt: „Wir gehen davon aus, dass die gesamte Apothekerschaft bis Mitte 2022 komplett ausgestattet ist.“

Bislang keine Sanktionen für Apotheker vorgesehen

Bemerkenswert ist aber auch, dass der DVG-Entwurf bislang keine Sanktionen für Apotheker enthält, wenn sie sich nicht rechtzeitig an die TI anbinden. Bei den Ärzten sieht das anders aus: Seit dem 1. Juli dieses Jahres müssen Mediziner, die noch nicht angeschlossen sind, ohnehin schon auf 1 Prozent ihres GKV-Honorars verzichten. Kürzlich wurde bekannt, dass etwa ein Drittel aller Niedergelassenen (etwa 60.000 Praxen) von solchen Regressen betroffen sein könnte. Mit dem DVG will Spahn die Honorarkürzungen für Ärzte sogar erhöhen, wenn die Mediziner sich längerfristig nicht anbinden.

Honorar für E-Medikationsplan gestrichen?

Doch der neue Entwurf des DVG enthält noch eine weitere Überraschung für die Pharmazeuten. Konkret geht es um die Aufwände der Apotheker beim E-Medikationsplan. Anders als bei der Papierversion des Planes sollten die Apotheker dem ersten Entwurf zufolge für ihre Leistungen zum elektronischen Medikationsplan honoriert werden. Konkret war geplant, dass die Vergütung für E-Medikationspläne eine der neuen pharmazeutischen Dienstleistungen wird, die das BMG mit dem Apotheken-Stärkungsgesetz einführen will. Das BMG rechnete diesbezüglich mit einem mittleren Arbeitsaufwand von 6 bis 7 Minuten und sich daraus ergebenden Personalkosten von 5,33 bis 6,22 Euro.

Doch dieser Passus ist aus dem zweiten, aktualisierten Entwurf nun ganz verschwunden. Aus Regierungskreisen hieß es aber, dass die Regelung nicht verloren ist. Vielmehr soll die Vergütung für die E-Medikationspläne mit dem geplanten Apotheken-Stärkungsgesetz geregelt werden.*

Ansonsten enthält das DVG unter anderem die folgenden Regelungen:

Die Zulassung von Gesundheits-Apps, die Ärzte künftig auf Rezept verordnen können sollen. Diese Anwendungen sollen in einem beschleunigten Zwei-Schritt-Verfahren durch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) zugelassen werden. Wie viel Geld die Hersteller für die Nutzung ihrer Apps bekommen, sollen diese direkt mit dem GKV-Spitzenverband verhandeln. Innerhalb von zwölf Monaten nach der Zulassung muss der App-Hersteller dem BfArM gegenüber belegen, dass seine Anwendung positive Effekte bringt.

Außerdem sollen mit dem DVG digitale Innovationen stärker gefördert werden. So will das BMG den Innovationsfonds bis 2024 verlängern. Krankenkassen sollen sich künftig mit Kapital an der Entwicklung digitaler Innovationen beteiligen können.

Das DVG sieht auch eine Lockerung des Werbeverbotes zur Fernbehandlung vor: Bieten Arztpraxen Videosprechstunden an, sollen sie künftig auf ihrer Internetseite darüber informieren dürfen.

Eigentlich wollte das BMG auch neue Regelungen zur Nutzung der elektronischen Patientenakte (ePA) mit dem DVG einführen. Versicherte sollten laut dem ersten Entwurf ab dem 1. Januar 2021 Anspruch auf Speicherung ihrer medizinischen Daten aus der vertragsärztlichen Versorgung in der ePA haben. Die Gematik sollte zudem verpflichtet werden, bis zum 31. März 2021 die technischen Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass der Impfausweis, der Mutterpass, das Untersuchungsheft für Kinder sowie das Zahn-Bonusheft Bestandteil der ePA werden. Doch auch diese Pläne sind nicht mehr im neuen DVG-Entwurf enthalten. Vielmehr wird auf ein „zeitnah folgendes Gesetz“ verwiesen.

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*Anmerkung der Redaktion: Wir haben den Text mit der Information aus Regierungskreisen ergänzt, dass das Honorar für die E-Medikationspläne mit dem geplanten Apotheken-Stärkungsgesetz geregelt werden soll. 



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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3 Kommentare

Verschiebebahnhof Dienstleistungen, wie schon erwartet.

von Heiko Barz am 06.07.2019 um 11:20 Uhr

„Vielmehr wird auf ein -zeitnah folgendes Gesetz - verwiesen“
Wieder wird ein im Voraus angekündigter und auch erforderlicher Leistungsanspruch der Apotheker auf eine terminlich unsichere Zukunft verschoben.
Ja,ja, und die Erde ist eine Scheibe !

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Finanzielle Beteiligung?

von Reinhard Rokitta am 05.07.2019 um 15:48 Uhr

"Krankenkassen sollen sich künftig mit Kapital an der Entwicklung digitaler Innovationen beteiligen können." Eine weitere Veruntreuung von Mitgliedsbeiträgen? Wer haftet, wenn was in die bekannte Hose geht? Investitionen in Innovationen von (ausländischen) Aktiengesellschaften? Herr Spahn denkt mit...

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ABDA wird nicht für voll genommen

von Karl Friedrich Müller am 05.07.2019 um 15:20 Uhr

Das sind die "honorierten Dienstleistungen" der ABDA.
Ich lach mich tot
Ein Schuß in den Ofen nach dem anderen.
Wann genau wird zurückgetreten?

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