Verwaltungsgericht Chemnitz

Abspracheverbot gilt auch in der Palliativversorgung

Berlin - 10.07.2019, 12:45 Uhr

Apotheken haben noch keinen sicheren Platz in der SAPV-Versorgung. ( r / Foto: imago images / Westend61)

Apotheken haben noch keinen sicheren Platz in der SAPV-Versorgung. ( r / Foto: imago images / Westend61)


VG Chemnitz: Keine planwidrige Regelungslücke

Doch das Verwaltungsgericht Chemnitz unterstützt die Rechtsauffassung der Behörde. Deren Bescheide seien rechtmäßig ergangen. Grundsätzlich, so führen die Richter in ihrem Urteil aus, unterliegen auch Versorgungsverträge nach § 132d SGB V, die Krankenkassen zur Durchführung der SAPV mit Personen und Einrichtungen schließen, den allgemeinen apothekenrechtlichen Vorgaben und Rechtsgrundsätzen. Und damit auch dem Abspracheverbot in § 11 ApoG.

Einwilligungs- und Verzichtserklärung gehen zu weit

Konkret stört sich das Gericht an der Formblatt-Einwilligungserklärung für die SAPV-Patienten. Denn der hier verankerte Verzicht auf die freie Apothekenwahl sei gerade nicht auf die Versorgung mit Medikamenten aus der Palliativversorgung begrenzt – vielmehr gelte er für alle Arzneimittel. Damit liege – anders als die Klägerin annehme – ein Verstoß gegen das Abspracheverbot vor. Die Norm sei auch auf Ärzte in Palliativprojekten und SAPV-Kooperationsapotheken anwendbar. Andernfalls sei nicht zu erklären, dass  der Gesetzgeber eine Reihe wichtiger Tatbestände, die in der SAPV-Medikamentenversorgung von Bedeutung sind, zum Beispiel für Zytostatika und Betäubungsmittel, geregelt habe, gleichwohl in § 11 Abs. 1 ApoG die SAPV-Leistungserbringer aber nicht von dessen Anwendungsbereich ausgeschlossen habe. Auch eine (planwidrige) Regelungslücke will das Gericht nicht erkennen, was eine analoge Anwendung der Ausnahmevorschriften ermöglichen würde.

Das Gericht lässt auch nicht gelten, die Kooperationsvereinbarung zwischen den SAPV-Leistungserbringern und der Apotheke stelle eine Sicherstellungsabrede im Sinne der Krankenkasse dar. Vielmehr habe die AOK Plus in ihrem Vertrag mit dem Leistungserbringer die Verwendung eines Einwilligungsmusters empfohlen, das gerade keine Einschränkung der Apothekenwahl beinhalte – verwendet wurde dann aber in anderes.

Kurzum: Da die Absprache entgegen den in § 11 ApoG enthaltenen Grundsätzen getroffen wurde, ist sie laut Gericht gemäß § 12 ApoG im Sinne von § 134 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) nichtig.

Laut Gericht ist das Urteil noch nicht rechtskräftig, da Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt wurde. 

Urteil des Verwaltungsgericht Chemnitz vom 16. April 2019, Az.: 4 K 772/15



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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