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Streit zwischen Apothekern und Ärzten
Gezerre um Aut-idem in Österreich
In Österreich haben die Probleme mit den Lieferengpässen die Diskussion um die Aut-idem-Regelung wiederaufleben lassen. Die Apotheker wollen die Wirkstoffverschreibung, die Ärzte mauern massiv und werfen den Apothekern Eigeninteressen vor.
Auch die österreichischen öffentlichen Apotheken stöhnen unter der Last der Lieferengpässe. Die Präsidentin der Apothekerkammer Ulrike Mursch-Edlmayr und der niederösterreichische Patientenanwalt Gerald Bachinger nutzen diese Gelegenheit, um ihre Forderung nach einer Aut-idem-Erlaubnis für die Apotheker Nachdruck zu verleihen.
Seit dem Auftauchen zahlreicher Generika-Hersteller hätten die Apotheken ohnehin nicht mehr alle verschiedenen Präparate eines Medikaments vorrätig, so dass derzeit bereits mit einer „kalten“ Aut-idem-Regelung zu rechnen sei, so ihre Argumentation.
„Kein Zustand“
Auch der Verband der angestellten Apotheker Österreichs hatte zu dem Thema Mitte Juli mächtig „Wind gemacht“. Es sei kein Zustand, dass die Apotheker immer mehr Zeit dafür aufwenden müssten, den Präparaten „nachzurennen“ und alle Hebel in Bewegung zu setzen, um die teils lebensnotwendigen Arzneimittel doch noch zu besorgen. „Die Situation ist untragbar“, wetterte der Vizepräsident der österreichischen Apothekerkammer Raimund Podroschko. Mit einer Erlaubnis der Generikasubstitution für die Apotheker, zumindest bei Lieferengpässen, sowie durch die Wirkstoffverschreibung seitens des Arztes ließe sich die Situation seiner Meinung nach wesentlich entschärfen.
Ärzte kontern
Der Präsident der Österreichischen Ärztekammer Thomas Szekeres bezeichnet den Vorstoß der Apothekerkammer und des niederösterreichischen Patientenanwalts indes als „scheinheilig“ und unterstellt den Apothekern, dass es ihnen nur um finanzielle Vorteile gehe. „Lagerhaltungen sind mit Kosten verbunden, und Apotheker ersparen sich viel Geld, wenn sie nicht mehr alle Arzneimittel lagernd haben, sondern eben nur mehr einzelne Generika“, meint der Ärztekammerpräsident. Ginge es den Apothekern tatsächlich nur um die Interessen der Patienten, so würde seiner Meinung nach ein kurzer Anruf beim verschreibenden Arzt ausreichen, um im Falle nicht verfügbarer Präparate rasch eine medizinisch vertretbare Lösung zu finden.
Mehr ärztliche Hausapotheken sollen helfen
Die Ärzte haben aber noch eine weitere geniale Idee, um die Apotheker aus ihrer misslichen Situation herauszuholen. „Sollten die Apotheken keine flächendeckende Versorgung mehr garantieren können, bringt sich die Ärztekammer gerne mit Vorschlägen zur Problemlösung ein“, kartet Johannes Steinhart, Vizepräsident der Österreichischen Ärztekammer (ÖÄK) in den jüngsten Diskussionen rund um die Aut-idem-Regelung nach.
„Beispielsweise würde eine Ausweitung der Hausapotheken schlagartig die patientennahe Versorgung und das Patientenservice verbessern“, so Steinharts Überzeugung. „Gleichzeitig würde dies eine Erleichterung für die anscheinend überlasteten Apotheken bedeuten.“ Mehr Hausapotheken könnten im Übrigen dafür sorgen, dass wieder vermehrt potenzielle Wahlärzte doch in den Kassenbereich gingen. Dann brauche Patientenanwalt Gerald Bachinger nicht mehr „obskuren Ideen über Zwangsdienste von Medizinern nachzuhängen“ und auch nicht mehr die Interessen „bestimmter merkantil orientierter Apothekerkreise“ zu vertreten, sondern könne sich wieder für das Wohl der Patienten einsetzen, glaubt der Ärztekammer-Vize.
Generikahersteller sind auch gegen „Aut-idem“
Der österreichische Generikaverband (OeGV) kann sich mit der Aut-idem-Regelung ebenfalls nicht recht anfreunden. Im September 2017 hatte der Verband „mit Überraschung“ auf einen Vorstoß des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger registriert, über die Wirkstoffverschreibung de facto eine Aut-idem-Regelung einzuführen. „Damit wird die Qualität der Patientenversorgung zugunsten eines fraglichen Einsparungseffektes aufs Spiel gesetzt“, hatte OeGV Präsident Wolfgang Andiel zu bedenken gegeben. Der OeGV spreche sich aus folgenden Gründen klar gegen die Erlaubnis zur Substitution aus: Bei jeder Rezepteinlösung bekomme der Patient unter Umständen ein anderes Präparat ausgehändigt. Darunter leide die Therapietreue. Außerdem entfalle das „vertrauensbildende ärztliche Gespräch“ bei der Umstellung auf Generika. Lehne der Patient das „neue“ Medikament ab, so müsse er wohl entweder aufzahlen oder die Einnahmetreue sei gefährdet.
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