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Apotheken-Stärkungsgesetz
Warum ein Beschluss zum Rx-Versandverbot im Bundesrat eher unwahrscheinlich ist
Die Beschlussempfehlungen aus dem Gesundheitsausschuss des Bundesrates machen derzeit vielen Apothekern Hoffnung: Ist das Rx-Versandverbot doch noch nicht politisch tot? Betrachtet man aber die Abstimmungsregeln in der Länderkammer, die Besetzung der Sozial- und Gesundheitsministerien in den Ländern sowie die Zusammensetzung der einzelnen Landesregierungen, so muss die Hoffnung allerdings gedrosselt werden. Eine politische Analyse.
Am 4. September dieses Jahres kam der Gesundheitsausschuss des Bundesrates zusammen, um erstmals über die zweigliedrige Apothekenreform zu beraten. Dabei heraus kam eine Beschlussempfehlung für das Bundesratsplenum, das am 20. September tagt. Diese Empfehlung hat es aus Apothekersicht in sich: Denn die Gesundheitsexperten der Länder empfehlen dem Plenum in seiner Stellungnahme zum Apotheken-Stärkungsgesetz das Rx-Versandverbot zu fordern. Denn die Länderexperten meinen: Das von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) favorisierte Rx-Boni-Verbot ist juristisch noch wackeliger als das Versandverbot und noch dazu ungerecht, weil es die PKV-Versicherten ausklammert.
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Aber welche Tragweite hat dieser Beschluss des Gesundheitsausschusses? Um diese Frage zu beantworten, muss man sich zunächst die Zusammensetzung des Ausschusses selbst anschauen. Denn dort sitzen die für Gesundheitsthemen zuständigen Landesminister/-innen zusammen – darunter einige Befürworter des Rx-Versandverbotes. Dass Bayerns Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) lieber das Verbot als Spahns SGB-V-Lösung hätte, ist schon länger bekannt. Die Gesundheitsministerin des Saarlands, Monika Bachmann (CDU), schrieb einst einen Brief an ihren Parteikollegen Spahn, in dem sie die Umsetzung des Versandverbotes forderte.
Auch NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann hatte sich zuletzt nochmals für das Verbot stark gemacht. Und dass die drei Linken-Sozialministerinnen Susanna Karawinskij (Brandenburg), Claudia Bernhard (Bremen) und Heike Werner (Thüringen) für das Verbot sind, ist aufgrund der Ausrichtung ihrer Partei gegenüber dem Versandhandel nicht schwer zu erraten. Und so überrascht es auch nicht, dass sich mehrere Gesundheitsministerien gegenüber DAZ.online schon im Vorfeld der Abstimmung für ein Rx-Versandverbot aussprachen, nämlich Bayern, Thüringen und Nordrhein-Westfalen.
Es ist allerdings nicht selbstverständlich, dass es auch im Plenum des Bundesrates eine so breite Front gegen den Rx-Versand gibt. Das wiederum liegt an der grundgesetzlichen Vorschrift, dass die Ländervertreter im Plenum pro Land nur einheitlich abstimmen können. Ein Urteil des Bundesverfassungsgerichtes hat dies im Jahre 2002 konkretisiert: Demnach können einzelne Mitglieder einer „Länderfraktion“ zwar der Stimmabgabe ihres Stimmführers widersprechen, dann entfallen aber gleichzeitig alle Stimmen dieses Bundeslandes. In der Praxis bedeutet das: Findet sich innerhalb einer Landesregierung keine Mehrheit zu einem Thema, enthält sich das Land in den Abstimmungen im Plenum.
Übrigens: Ein anschauliches Beispiel für diesen Mechanismus lieferten die Länder zuletzt beim Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung (GSAV): Die Gesundheitsminister empfahlen im Ausschuss, den Vermittlungsausschuss einzuberufen, unter anderem wegen der Importquote. Im Plenum fiel diese Forderung durch, das Gesetz wurde durchgewinkt.
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Solche Enthaltungen sind im Bundesratsplenum aber wie eine Nein-Stimme zu werten. Denn: Sie erschweren es, eine absolute Mehrheit zu bilden. Was das Rx-Versandverbot betrifft, würde es also nicht reichen, eine Mehrheit im Plenum zu erreichen. Vielmehr müssten mindestens 35 der 69 Stimmen für die Beschlussempfehlung aus dem Gesundheitsausschuss stimmen.
Um zu verstehen, warum ein Beschluss zum Rx-Versandverbot im Plenum unwahrscheinlich ist, muss man sich also auch die parteipolitischen Konstellationen innerhalb der Landesregierungen anschauen. Sicher scheinen dabei die sechs Stimmen aus Bayern für das Verbot – denn das Rx-Versandverbot wird von den meisten CSU-Politikern noch eingefordert, auch die Freien Wähler hatten sich dafür ausgesprochen. Sechs weitere wichtige Stimmen dürften allerdings wegfallen: Denn dass NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) seinen Koalitionspartner FDP vom Rx-Versandverbot überzeugt, scheint ausgeschlossen zu sein. Solche ähnlichen Konstellationen gibt es auch in anderen Ländern, in denen Grüne und FDP an den Regierungen beteiligt sind. Vorstellbar ist daher auch, dass die vier Stimmen aus Thüringen (rot-rot-grüne Regierung) nicht für ein Verbot zusammenkommen.
Und so könnte es durchaus passieren, dass eine Mehrheit im Gesundheitsausschuss des Bundesrates nicht unbedingt zu einem entsprechenden Beschluss im Plenum führt. Da die Stellungnahme der Gesundheitsexperten aber noch viele andere Punkte und Vorschläge zum Apotheken-Stärkungsgesetz enthält, ist es vielmehr wahrscheinlich, dass das Plenum eine neue, geänderte Stellungnahme beschließt, in der die Forderung nach einem Rx-Versandverbot nicht mehr enthalten ist.
6 Kommentare
Die Grünen verraten sich selbst
von ratatosk am 11.09.2019 um 15:17 Uhr
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@Holger
von Norbert Veicht am 11.09.2019 um 12:08 Uhr
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Realismus
von Dirk Krüger am 11.09.2019 um 11:44 Uhr
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Komödienstadel RxVV
von Roland Mückschel am 10.09.2019 um 17:00 Uhr
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Die Grünen
von Anita Peter am 10.09.2019 um 14:59 Uhr
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AW: Umweltbilanz
von Holger am 11.09.2019 um 9:31 Uhr
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