Französische Apotheken

Paracetamol und NSAID raus aus der Freiwahl

Remagen - 08.10.2019, 09:00 Uhr

In französischen Apotheken sollen Paracetamol & Co. künftig hinterm HV-Tisch stehen. (Foto: DAZ.online)

In französischen Apotheken sollen Paracetamol & Co. künftig hinterm HV-Tisch stehen. (Foto: DAZ.online)


Die französische Arzneimittelbehörde ANSM möchte, dass Paracetamol und bestimmte rezeptfreie nichtsteroidale entzündungshemmende Arzneimittel (Ibuprofen und Acetylsalicylsäure) ab Januar 2020 in den Apotheken nicht mehr in der Freiwahl zu finden sind. Derzeit läuft noch eine Widerspruchsphase für die betroffenen Firmen.

Deutsche Apothekenkunden staunen manchmal, was in französischen öffentlichen Apotheken in der Freiwahl alles zu sehen und zu kaufen ist. Darunter sind zum Beispiel einige Handelspräparate mit Paracetamol und nicht-steroidalen anti-inflammatorischen Wirkstoffen (NSAID). Die bei Erwachsenen und Kindern am häufigsten verwendeten Medikamente gegen Schmerzen und Fieber seien zwar bei sachgemäßer Anwendung sicher und wirksam, meint die französische Arzneimittelbehörde ANSM, jedoch bärgen sie Risiken bei unsachgemäßer Anwendung. Laut ANSM sind Überdosierungen von Paracetamol in Frankreich die häufigste Ursache für Arzneimittel-bedingte Lebertransplantationen.

Um die ordnungsgemäße Anwendung dieser häufig verwendeten Arzneimittel zu fördern, möchte die Behörde erreichen, dass sie alsbald allesamt hinter dem Handverkaufstisch verschwinden und damit zwar weiterhin ohne Rezept, aber nur noch nach einer fachkundigen Beratung zu bekommen sind.  

Warnhinweis wegen Leber-Toxizität

Die Agentur verweist an dieser Stelle auf die Maßnahmen, die bereits ergriffen wurden, um ihre Verwendung sicherer zu machen. So sollen die Hersteller der über 200 Paracetamol-haltigen Präparate auf dem französischen Markt in den kommenden Monaten einen gut sichtbaren zusätzlichen Warnhinweis auf den Verpackungen anbringen, um die Patienten vor den Risiken für die Leber im Falle einer Überdosierung zu warnen.

Frankreich verschärft Warnhinweise

Paracetamol: „Überdosierung = Gefahr“

Niedrig dosiert und nur kurze Zeit

Außerdem erinnert der ANSM Patienten und Angehörige von Gesundheitsberufen daran, bei der Verwendung von Paracetamol die folgenden Regeln der guten Praxis zu befolgen:

  • Nehmen Sie die niedrigste Dosis die kürzest mögliche Zeit ein. Beachten Sie die maximale Dosis pro Einzelgabe, die maximale Tagesdosis, das minimale Intervall zwischen den Dosen und die maximale empfohlene Behandlungsdauer (drei Tage bei Fieber, fünf Tage bei Schmerzen) (falls kein Rezept vorliegt).
  • Überprüfen Sie das Vorhandensein von Paracetamol in anderen Arzneimitteln (zur Behandlung von Schmerzen, Fieber, Allergien, Erkältungs- oder Grippesymptomen).
  • Warnen sie besondere Bevölkerungsgruppen (<50 kg Körpergewicht, leichte bis mittelschwere Leberinsuffizienz, schwere Niereninsuffizienz, chronischer Alkoholismus etc.).

Bei Verwendung eines NSAID hatte die ASNM im April dieses Jahres speziell vor den Risiken schwerwiegender infektiöser Komplikationen gewarnt.

Nun rät sie noch einmal dringend dazu, NSAIDs nur mit der niedrigsten wirksamen Dosis für die kürzeste Dauer zu verwenden, die Behandlung bei Fieber nicht über drei Tage und bei Schmerzen nicht über fünf Tage zu verlängern, nicht zwei NSAID-Medikamente gleichzeitig einzunehmen, die Behandlung zu beenden, sobald die Symptome verschwunden sind und NSAR bei Windpocken zu vermeiden. Außerdem erinnert die Behörde daran, dass alle NSAIDs ab dem 6. Schwangerschaftsmonat kontraindiziert sind.

Welche Medikamente sich die Apothekenkunden in Frankreich selbst aus dem Regal nehmen dürfen, legt die Arzneimittelbehörde ANSM in einer Liste fest. Sie wird regelmäßig überprüft und gegebenenfalls angepasst.



Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


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