DAV zum E-Rezept-Projekt von DocMorris

„Start-Ups und Großkonzerne wollen sich unter Beweis stellen“

Berlin - 23.10.2019, 17:55 Uhr

Der EU-Versender DocMorris kooperiert mit Haus- und Fachärzten beim E-Rezept. Der DAV gibt sich gelassen. (c / Foto: kritchanut / stock.adobe.com)

Der EU-Versender DocMorris kooperiert mit Haus- und Fachärzten beim E-Rezept. Der DAV gibt sich gelassen. (c / Foto: kritchanut / stock.adobe.com)


Der niederländische Versandkonzern DocMorris hat für sein E-Rezept-Projekt nun also nicht nur die Fach-, sondern auch die Hausärzte mit an Bord. Für den Plan der ABDA, dass es für das E-Rezept künftig einen werbe-, kosten- und diskriminierungsfreien Verordnungsweg geben soll, klingt das zunächst wie eine Bedrohung. Doch auf Nachfrage von DAZ.online gibt sich ein Sprecher des Deutschen Apothekerverbandes (DAV) gelassen. Das DocMorris-Projekt sei nur einer von vielen Versuchen einiger „Start-ups und Großkonzerne“, sich unter Beweis zu stellen.

Nach dem Spitzenverband der Fachärzte (SpiFa) hat sich der EU-Versender DocMorris jetzt auch die Hausärzte für ein Pilotprojekt an Bord geholt: In Westfalen-Lippe sollen schon im November einige Hausärzte bereits digital verordnen können. Das gaben DocMorris und eine Dienstleistungsgesellschaft des Deutschen Hausärzteverbandes am heutigen Mittwoch bekannt. Die E-Rezepte aus dem Projekt sollen sowohl in deutschen Vor-Ort-Apotheken als auch bei DocMorris eingelöst werden können.

Wie viele Apotheken DocMorris bereits von seinem Projekt überzeugen konnte, ist ungewiss. In einem Zeitungsbericht war schon vor einigen Wochen von „etlichen“ teilnehmenden Apotheken die Rede. Ähnlich wie den anderen bislang bekannten Projekten sollen die teilnehmenden Patienten einen QR-Code aufs Handy bekommen und sich dann entscheiden, ob sie ihr Rezept an DocMorris oder eine teilnehmende Apotheke weiterleiten. Erneut kündigte der niederländische Konzern auch an, ein AMTS-Modul in sein Versorgungsmodell mit einbauen zu wollen.

Den Apothekern dürfte das aus mehreren Gründen nicht schmecken. Erstens ist die E-Rezept-Idee der ABDA eine andere: Nach den Wünschen der Pharmazeuten soll die vom DAV entworfene Web-App der einzige Verordnungsweg werden, weil die Patienten diesen kosten-, werbe- und diskriminierungsfrei nutzen können. Zweitens benötigen die Apotheker für die Konzeption des „richtigen“, also des flächendeckenden, E-Rezeptes, das irgendwann bundesweit kommen soll, auch die Kooperation der Ärzte. Denn in der Gematik sind nicht nur die Apotheker am „Bau“ des E-Rezeptes beteiligt, sondern auch die Kassenärztliche Bundesvereinigung und andere wichtige Player.

DAV: Gematik-Spezifikationen werden entscheidend sein

Doch der DAV gibt sich gelassen. Auf Nachfrage von DAZ.online signalisierte ein DAV-Sprecher, dass man dem DocMorris-Projekt im Vergleich zu den anderen E-Rezept-Modellen keine besondere Aufmerksamkeit widmet. Der Sprecher wörtlich:


Derzeit gibt es viele ‚Versuchsballons‘ zum E-Rezept, bei denen Start-ups und Großkonzerne ihre Zukunftsvisionen und Marktpositionen unter Beweis stellen wollen. Aus Sicht der Apothekerschaft ist jedoch entscheidend, dass das E-Rezept den Gematik-Spezifikationen entspricht und in die Telematikinfrastruktur eingebunden ist. Für die Patienten muss die freie Apothekenwahl erhalten bleiben, und es darf auch kein unüberschaubarer Flickenteppich entstehen, wo jeder Arzt, jede Krankenkasse und jede Apotheke dem Patienten eine eigene technische Lösung aufdrängt. Der Deutsche Apothekerverband entwickelt deshalb mit Hochdruck eine Patienten-App für das E-Rezept, die bundeseinheitlich, kostenfrei und leicht bedienbar ist, aber trotzdem allen Anforderungen an modernen Datenschutz und -sicherheit genügt.“

DAV-Sprecher


Der DAV-Sprecher liefert hier ein weiteres wichtiges Argument: Die Spezifikation für das flächendeckende E-Rezept sind noch längst nicht entworfen und werden in der Gematik derzeit noch definiert. Heißt konkret: Alle Versorgungsprojekte zum E-Rezept arbeiten unter technischen und konzeptionellen Voraussetzungen, die nach den Gematik-Festlegungen wertlos sein könnten. Das E-Rezept-Modellprojekt der Apotheker GERDA in Baden-Württemberg hat hier einen kleinen Vorteil: Denn die Apotheker sind innerhalb der Gematik für das Thema E-Rezept verantwortlich – ihr Modellprojekt dürfte also am nächsten an der späteren Versorgungspraxis dran sein.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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1 Kommentar

Ja

von Christiane Patzelt am 23.10.2019 um 23:41 Uhr

ich erinner mich auch an den total entspannten Lutz Tisch vor dem EuGH-Urteil...diese Arroganz vom DAV ist unfassbar...
ich sag nur: das Auto ist nichts für Jedermann
und:
nicht jede Person braucht einen Computer...

dass Apotheker so unintelligent sein können?

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