Delegiertenversammlung der Apothekerkammer Westfalen-Lippe

Institut für Versorgungsforschung soll Dienstleistungen beflügeln

Münster - 05.12.2019, 14:30 Uhr

Gabriele Regina Overwiening, Kammerpräsidentin in Westfalen-Lippe, hätte sich gewünscht, dass Bundesgesundheitsminister Jens Spahn das Makelverbot für E-Rezepte und die pharmazeutischen Dienstleistungen aus der Apothekenreform ausgliedert und separat umsetzt. (c / Foto: AKWL)

Gabriele Regina Overwiening, Kammerpräsidentin in Westfalen-Lippe, hätte sich gewünscht, dass Bundesgesundheitsminister Jens Spahn das Makelverbot für E-Rezepte und die pharmazeutischen Dienstleistungen aus der Apothekenreform ausgliedert und separat umsetzt. (c / Foto: AKWL)


„Noch nie lagen Chancen und Risiken für den Berufsstand der Apotheker so dicht beieinander, Chancen, die es zu nutzen und Risiken die es abzuwehren gilt. Lasst uns die Chancen nutzen!“ Mit dieser Botschaft wandte sich Gabriele Regina Overwiening, Präsidentin der Apothekerkammer Westfalen-Lippe, an ihre Kammerversammlung, die am 4. Dezember in Münster zur traditionellen Herbsttagung zusammengekommen war. Ihre Hoffnung ruht auf dem im Apotheken-Stärkungsgesetz vorgesehenen Makelverbot für E-Rezepte und den pharmazeutischen Dienstleistungen. Um die Implementierung der Dienstleistungen voranzutreiben, gab die Kammerversammlung grünes Licht für die Gründung eines kammereigenen Instituts für Versorgungsforschung.

Overwiening eröffnete die Kammerversammlung mit einem Rückblick auf die Themen, die die Kammer in dem nun zu Ende gehenden Jahr beschäftigt haben. Einen Schwerpunkt bildeten Aktivitäten rund um die Gesetzesinitiativen von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) und das bislang noch nicht verabschiedete Apotheken-Stärkungsgesetz.

So hatte die Kammerpräsidentin im Sommer die Gelegenheit, Karl-Josef Laumann (CDU), Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen, in ihrer Apotheke zu begrüßen und ihm die Sorgen und Nöte der Apotheken vor Ort näher zu bringen. Der enge Austausch habe sich dann wohl auch in der Stellungnahme des Bundesrats zur Gleichpreisigkeit widergespiegelt, der Wortlaut soll aus dem Haus Laumann stammen, so Overwiening. Der Bundesrat hatte sich klar für ein Rx-Versandverbot zur Wiederherstellung der Gleichpreisigkeit ausgesprochen.

Overwiening: Kritik am Apothekertag

In Sachen Deutscher Apothekertag griff Overwiening die immer wieder geäußerte Kritik auf, nach der dieser als Tiger begonnen und als Bettvorleger gelandet sei. Denn der am Anfang des Apothekertags mit Nachdruck gestellten Forderung, am Rx-Versandverbot festzuhalten und den Bundesratsbeschluss zu unterstützen, wurde letztlich nicht nachgekommen. In diesem Zusammenhang bezeichnete Overwiening den Auftritt Spahns beim DAT und seine Reaktion auf den Bundesratsbeschluss („Wenn ihr meint der Bundesrat kann es besser, dann stoppe ich alle meine Vorhaben!“) als irritierend.

Nach wie vor steht die Antwort der EU auf die Frage aus, ob die Verankerung des Rx-Boni-Verbots im Sozialgesetzbuch europarechtskonform ist. Damit ruht das Apotheken-Stärkungsgesetz. Vor dem Hintergrund dieser Hängepartie hatte Overwiening mit Spahn Kontakt aufgenommen und ihm vorgeschlagen, das ebenfalls im Entwurf des Gesetzes vorgesehene Makelverbot für E-Rezepte und die pharmazeutischen Dienstleitungen aus dem Paket herauszunehmen und getrennt schnellstmöglich auf den Weg zu bringen. Das habe Spahn mit der Begründung abgelehnt, dass er ein Paket für die Sicherung der Versorgung in der Fläche geschnürt habe. Dafür wolle er das Okay der EU-Kommission haben, das Makelverbot und die Dienstleistungen benötige er für seine Argumentationsschiene. Allerdings: Die Modellvorhaben zu Grippeimpfungen in Apotheken und die Wiederholungsrezepte hatte Spahn beide aus der Apothekenreform herausgelöst, um sie schneller auf den Weg zu bringen.

Die Kammerpräsidentin hofft nun, dass es in Sachen VOASG spätestens im Januar weitergeht und zeigt sich zuversichtlich: „Wenn Makelverbot und pharmazeutische Dienstleistungen gelingen, ist viel gewonnen!“

Werben für DAV-App

Die Zeit drängt, das E-Rezept soll Mitte 2020 kommen. Die Begehrlichkeiten sind groß, entsprechend warb Overwiening vehement für die DAV-App, die keine monetären Interessen verfolge, keine Steuerung der Patienten zulasse, keine Apotheken diskriminiere, frei von Werbung sei und kein Makeln erlaube. Sie sei universell verfügbar, ein Herunterladen aus dem App-Store nicht notwendig, Overwiening forderte ihre Kollegen eindringlich auf, sich einzuschreiben. Ziel sei  eine einheitliche „Bundes-App“ für den Rezepttransport. Ein Modellprojekt zur Anwendung der DAV-App läuft bereits in Berlin, es soll auf Brandenburg und wohl auch auf Westfalen-Lippe ausgeweitet werden, in Westfalen-Lippe soll die Einbindung in die Telematik-Infrastruktur getestet werden.

„Plädoyer für Versorgungsforschung

Ein besonderes Herzensthema hatte sich Overwiening für den Schluss ihrer Rede aufgehoben: die Versorgungsforschung und die pharmazeutischen Dienstleistungen. Dienstleistungen müssten der Gesellschaft dienlich sein und das müsse nachgewiesen werden. Dazu sei eine strukturierte Erforschung notwendig, Stichwort Versorgungsforschung. Hier würde es schon einige Initiativen geben, federführend vorangetrieben von Isabel Waltering, Dr. Olaf Rose und Dr. Oliver Schwalbe. Doch Overwiening möchte die Kräfte bündeln und die Versorgungsforschung systematisch ausbauen. 

Dazu wolle man in der Apothekerkammer Westfalen-Lippe ein wissenschaftliches Institut für Versorgungsforschung gründen. Leiten soll es Dr. Oliver Schwalbe (20 Prozent-Stelle), unterstützt von einem/einer Mitarbeiter/in (50 Prozent-Stelle). Die Protagonisten des Projektes, Dr. Olaf Rose und Dr. Oliver Schwalbe, hatten im Anschluss die Gelegenheit, dafür zu werben. Mit Erfolg: Nach intensiven, zum Teil emotional geführten Diskussionen wurde der Antrag auf Gründung des Wissenschaftlichen Instituts für Versorgungsforschung in Apotheken (WIVA) mit großer Mehrheit angenommen.



Dr. Doris Uhl (du), Apothekerin
Chefredaktion DAZ

redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


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