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Eradikationstherapie
Helicobacter: „In Deutschland können Sie Metronidazol vergessen“
Am vorletzten Pharmacon-Tag ging es um Infektionen des Gastrointestinaltrakts. Unter anderem war die Therapie des Magenkeims Helicobacter pylori ein Thema. Wie therapiert man ihn und muss man tatsächlich jeden Patienten mit einem positiven Erregernachweis behandeln? PD Dr. Hans-Jörg Epple aus Berlin gab Antworten.
Man geht davon aus, dass weltweit mehr als 50 Prozent aller Menschen mit Helicobacter pylori infiziert sind. Die Prävalenz hängt mit dem sozioökonomischen Niveau der sozialen Gemeinschaft zusammen, in Deutschland beträgt sie etwa 30 Prozent. Die Infektion erfolgt meist im Kindesalter und der Erreger persistiert dann ein Leben lang. Erwachsene hingegen scheinen resistent. Eine Infektion mit H. pylori führt eigentlich immer zu einer akuten Gastritis. Das liegt an den von dem Erreger hervorgerufenen zytotoxischen Effekten und der daraus resultierenden Entzündungsreaktion.
5 Prozent der Patienten entwickeln infolge der akuten Gastritis eine chronische Gastritis mit Hyperazidität. Bei etwa 0,3 Prozent kommt es zu einer chronischen Gastritis mit Atrophie und in deren Folge zu einem Karzinom. Das relative Risiko für ein Karzinom erhöht sich durch eine Infektion mit H. pylori um den Faktor zwei bis acht. Eine weitere mögliche Folge ist die Entwicklung eines MALT-Lymphoms bedingt durch die chronische Antigenstimulation, bei 0,04 Prozent der Patienten ist das der Fall. Zudem leiden 20 Prozent der H.-pylori-Patienten an Refluxbeschwerden. Der Pathomechanismus dahinter ist aber unbekannt.
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Laut europäischer Leitlinie soll jeder Patient mit einem positiven Erregernachweis therapiert werden. In Deutschland geht man differenzierter vor. PD Dr. Hans-Jörg Epple aus Berlin stellte die Behandlungsindikationen vor, die man in drei Kategorien unterteilen kann.
- Kausalität und therapeutischer Effekt sind belegt
- Therapeutischer Nutzen wurde gezeigt, die Kausalität konnte aber nicht belegt werden
- weder ein therapeutischer Nutzen, noch die Kausalität sind belegt.
In die erste Gruppe gehören beispielsweise Patienten mit MALT-Lymphom, Ulcus oder funktionaler Dyspepsie. Sie profitieren, wenn eine Infektion mit H. pylori vorliegt, erwiesenermaßen von einer Eradikation und sollten daher auf jeden Fall therapiert werden. Dasselbe gibt aber auch für Patienten, die dauerhaft PPI oder NSAR – dazu gehört auch niedrig dosierte ASS – einnehmen. In die zweite Gruppe sortiert man beispielsweise Patienten mit einer Eisenmangelanämie, Vitamin-B12- Mangel sowie jeder mit klinischen Symptomen. Andere Grunderkrankungen, wie Stoffwechselerkrankungen, neurologischen Erkrankungen und viele andere Leiden, finden sich dann in Gruppe drei. Hat der Patient keine klinischen Symptome, besteht in diesen Fällen also auch keine Behandlungsindikation.
Welche Wirkstoffe, wie lange?
Wie behandelt man aber nun? Dazu gibt eine S2k-Leitlinie Auskunft. So kommt bei Patienten mit einem geringen Risiko für eine Clarithromycin-Resistenz die Standard-Tripletherapie zum Einsatz. Die gibt es in zwei „Nationalitäten“ – die französische bestehend aus PPI, Clarithromycin und Amoxicillin sowie die italienische, wo statt Amoxicillin Metronidazol zum Einsatz kommt. Zur italienischen Triple-Therapie hat Epple aber eine klare Meinung: „Können Sie in Deutschland vergessen.“
Hintergrund dieser Aussage ist die hohe Resistenzrate. Liegt die nämlich bei über 20 Prozent, ergibt laut Epple eine kalkulierte Therapie, also eine Therapie ohne Resistenztestung keinen Sinn mehr. Eine weitere First-Line-Therapieoption ist die sogenannte Bismut -Quadruple-Therapie bestehend aus einem PPI, einem Bismut-Kalium-Salz, Tetrazyklin und Metronidazol. Bei Nichtansprechen empfiehlt die Leitlinie entweder letztere – natürlich nur wenn zuerst eine Triple-Therapie durchgeführt wurde – oder eine Dreifach-Fluorchinolontherapie. Ist auch das nicht von Erfolg gekrönt, soll auf Resistenzen getestet und basierend auf der Testung zu behandelt werden.
Und bei Clarithromycin-Resistenz?
Besteht hingegen ein hohes Risiko für eine Clarithromycin-Resistenz – das Makrolid ist laut dem Mediziner die Schlüsselsubstanz in der Helicobacter-Therapie – geht man anders vor. Solche Risikofaktoren sind beispielsweise das Herkunftsland, aber auch erfolglose Eradikationsversuche in der Vergangenheit. Ist das Resistenz Risiko also hoch empfiehlt die als Erstlinientherapie die Bismut-Quadruple-Therapie oder die kombinierte Quadrupletherapie aus einem PPI, Amoxicillin, Clarithromycin und Metronidazol, die trotz Clarithromycin-Resistenz wirksam sein kann. Bei Therapieversagen kommen auch hier die Dreifach-Fluorchinolone zum Einsatz. Wird man auch damit den Erreger nicht los, bleibt die Resistenztestung.
Nach der Wahl der passenden Wirkstoffkombination stellt sich die Frage: Wie lange das Ganze? Bei den Vierfachtherapien macht die Leitlinie klare Ansagen: sieben Tage für die kombinierte, 10 für die bismutbasierte. Bei den Tripletherapien gibt es mehr Ermessenspielraum – sieben bis 14 Tage so die Empfehlung. Doch auch hier hat Epple eine klare Meinung: Länger ist besser, also lieber zehn bis 14 als sieben Tage. Zudem sollte laut dem Mediziner immer vier Wochen nach Ende der Therapie das Anschlagen überprüft werden, weil allein die Symptomverbesserung keine Aussage über das Ansprechen zuließe. Oft würden die Beschwerden nämlich initial besser auch ohne erfolgreiche Eradikation, kehrten dann aber zurück.
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