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Kinesiologie-Tapes bei Amazon
Händler haften nicht für Kundenbewertungen
Kundenrezensionen sind keine eigene Werbung des Herstellers
Doch der Rechtsstreit ging weiter, die besagten Aussagen fanden sich nun in den Kundenrezensionen bei Amazon. So landete man zunächst vor dem Landgericht Essen. Das Gericht wies die Klage des Wettbewerbsvereins ab, weil es keinen Verstoß gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) und das Heilmittelwerbegesetz sah. Zwar seien die in den Kundenrezensionen enthaltenen gesundheitsbezogenen Angaben irreführend. Sie stellten aber keine Werbung dar. Zumindest wäre eine solche Werbung dem beklagten Händlers nicht zuzurechnen. Ein Berufungsverfahren vor dem Oberlandesgericht Hamm blieb für den klagenden Verband ebenfalls erfolglos.
Nun trafen sich der Wettbewerbsverein und der Amazon-Händler vor dem Bundesgerichtshof und dieser urteilte heute abermals im Sinne des Beklagten. Die Revision wurde zurückgewiesen. Die Urteilsgründe liegen noch nicht vor. Doch in einer Pressemitteilung lassen die Karlsruher Richter wissen, dass der Händler für Kundenbewertungen der von ihm bei Amazon angebotenen Produkte keine wettbewerbsrechtliche Haftung übernehmen muss. Die Kundenbewertungen seien zwar irreführende Äußerungen Dritter, weil die behauptete Schmerzlinderung durch Kinesiologie-Tapes medizinisch nicht gesichert nachweisbar ist. Die Beklagte hätte mit den Kundenbewertungen aber nicht geworben – weder selbst aktiv noch diese veranlasst. Die Kundenbewertungen seien vielmehr als solche gekennzeichnet, fänden sich bei Amazon getrennt vom Angebot des Händlers und würden von den Nutzern nicht dem Verkäufer zugerechnet.
Verfassungsrechtlicher Schutz
Darüber hinaus seien Kundenbewertungssysteme auf Online-Marktplätzen gesellschaftlich erwünscht und würden verfassungsrechtlichen Schutz genießen. Das Verbraucherinteresse, sich zu Produkten zu äußern und sich vor dem Kauf über Eigenschaften, Vorzüge und Nachteile eines Produkts aus verschiedenen Quellen, zu denen auch Bewertungen anderer Kunden gehören, zu informieren oder auszutauschen, wird nach Ansicht des Bundesgerichtshofs nämlich auf Grundlage der Meinungs- und Informationsfreiheit des Grundgesetzes geschützt. Von einer Gesundheitsgefährdung durch die Rezensionen gehen die Richter im Fall der Kinesiologie-Tapes nicht aus.
Das Urteil und die Begründung könnten richtungsweisend sein, wie mit Online-Marketing und Kundenbewertungen auch im Hinblick auf Arzneimittel und andere Therapieoptionen zukünftig verfahren wird.
Urteil des Bundesgerichtshofs vom 20. Februar 2020, Az.: I ZR 193/18
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