Schutz vor Corona-Infektionen

Weitere Kassen lockern Rabattverträge

Berlin - 19.03.2020, 17:29 Uhr

Weitere Kassen zeigen Entgegenkommen bei nicht vorrätigen Rabatt- und günstige Importarzneimitteln. (t/Foto: goodluz/ stock.adobe.com)

Weitere Kassen zeigen Entgegenkommen bei nicht vorrätigen Rabatt- und günstige Importarzneimitteln. (t/Foto: goodluz/ stock.adobe.com)


Immer mehr Kassen folgen dem Vorbild der AOK Rheinland/Hamburg und der Ersatzkassen: Sie lockern vorübergehend die Abgaberegelungen für Rabattarzneimittel. So auch die IKK classic. Zudem vermelden die Apothekerverbände Nordrhein und Westfalen-Lippe weitere Vereinbarungen mit Primärkassen.

Die Corona-Pandemie stellt die ganze Republik vor ungeahnte Herausforderungen – auch und besonders die Apotheken: Wenn fast alle Geschäfte schließen, werden sie weiterhin für die Menschen und die Arzneimittelversorgung da sein. Doch der Apothekenalltag war schon vor der Coronakrise nicht immer einfach – Stichwort Lieferengpässe. Jetzt aber ist es umso wichtiger, dass die Pharmazeuten und das pharmazeutische Personal nicht durch bürokratische Regelungen aufgehalten werden und vor allem der Kundenverkehr in den Apotheken möglichst gering gehalten wird, um Infektionen zu vermeiden. Der Ruf nach einer Aussetzung der Rabattverträge seitens der Apothekerschaft kam prompt – nun zeigen mehr und mehr Kassen Einsicht.

Den Anfang machte die AOK Rheinland / Hamburg, am gestrigen Mittwoch folgten mit bundesweiter Wirkung alle sechs Ersatzkassen, am heutigen Donnerstag zunächst der BKK-Landesverband Nordwest. Vorläufig können Apotheker den Versicherten dieser Krankenkassen statt eines rabattierten, aber nicht vorrätigen Arzneimittels auch ein nicht-rabattiertes ausgeben. So sollen für die Kunden unnötige Apothekenbesuche vermieden werden.

Nun meldet nun auch die IKK classic, die nach eigenen Angaben mehr als drei Millionen Menschen versichert, eine Lockerung der Rabattverträge. Die Unterstützung der Versicherten bei der Reduzierung von vermeidbaren persönlichen Kontakten habe für die IKK classic hohe Priorität, heißt es in einer Pressemitteilung. Dazu gehöre, die sozialen Kontakte beim Apothekenbesuch auf ein Minimum zu beschränken. „Deshalb haben wir uns dazu entschieden, die Abgaberegeln für Medikamente kurzfristig zu lockern“, sagt Michael Förstermann, Pressesprecher der IKK classic. Und er hat eine Bitte an die Apotheken: Um Irritationen zu vermeiden, sollten sie die Patientinnen und Patienten über den Grund des Wechsels aufklären und sie über das ihnen möglicherweise bislang unbekannte Präparat informieren.

In NRW erzielen Apothekerverbände Einigung mit allen Kassen

Indessen meldet  Apothekerverband Westfalen-Lippe, dass in Nordrhein-Westfalen nun eine Einigung mit allen Primär- und Ersatzkassen steht.*  

Laut Apothekerverband Nordrhein wurden die Regelungen entsprechend der Vereinbarung mit der AOK Rheinland/Hamburg getroffen. Sie gelte damit nun auch für die AOK Nordwest, den BKK Landesverband Nordwest, die Knappschaft und die Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG).

Der AVNR erklärt das Vorgehen in einem Sonderrundschreiben an seine Mitglieder nochmals:


Die Kennzeichnung der Nichtverfügbarkeit erfolgt wie vertraglich vorgesehen mit dem Sonderkennzeichen 02567024. Sollte es im Einzelfall bei der Versorgung eines Versicherten mit einem Arzneimittel zu der Situation kommen, dass das Rabattarzneimittel oder preisgünstige Arzneimittel und/oder preisgünstige Importarzneimittel nicht in der Apotheke vorhanden sind, kann dieses Arzneimittel substituiert und ein Folgekontakt vermieden werden. Für diesen Fall bitten wir Sie, entsprechend das oben genannte Sonderkennzeichen mit dem Faktor 5 (dringender Fall, Rabattarzneimittel nicht in der Apotheke vorrätig) oder mit dem Faktor 6 (dringender Fall, Rabattarzneimittel und eins der vier preisgünstigen Arzneimittel und/oder preisgünstige Importarzneimittel nicht in der Apotheke vorrätig) aufzudrucken. Da vertraglich vereinbart ist, dass ein handschriftlicher Vermerk im Falle der Nichtverfügbarkeit aufgetragen werden soll, bitten wir Sie, zusätzlich einen handschriftlichen Vermerk z.B. mit „Corona“ oder „Covid“ in dem Verordnungsfeld mit anzugeben.“

Sonderrundschreiben des Apothekerverbands Nordrhein vom 19. März 2020


Der Verband informiert zudem über eine weitere Entlastung der Apotheken durch die IKK classic: Die Kasse habe mitgeteilt, dass sie ab sofort auf die vertraglich vorgesehene vorherige Beantragung einer Genehmigung zur Belieferung von Verordnungen mit enteraler Ernährung (§ 8 Absatz 1 Arzneiliefervertrag NRW) verzichtet. Hilfsmittelpauschalen zur enteralen Ernährung (Anlage 5 des Hilfsmittelversorgungsvertrages mit der IKK Classic) müssen hingegen weiterhin genehmigt werden lassen.

Sämtliche Regelungen gelten vorläufig bis zum 30. April 2020. Über eine Verlängerung will man unter Berücksichtigung der weiteren Infektionsentwicklung in Deutschland entschieden.

 

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*Anmerkung der Redaktion: Der Artikel wurde am 20. März 2020 um 8:40 ergänzt um die Aussagen des AVWL, dass die Vereinbarungen in ganz NRW gelten.



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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