Auswirkungen der Epidemie

Apotheken und Corona: Erst leichte Umsatzsteigerung, dann Absatzeinbruch

Berlin - 22.04.2020, 09:45 Uhr

Laut dem Statistischen Bundesamt sind die Apotheken-Umsätze im Februar leicht angestiegen, die Absätze brachen nach dem Kontaktverbot aber sofort ein. (s / Foto: imago images / Westend 61)

Laut dem Statistischen Bundesamt sind die Apotheken-Umsätze im Februar leicht angestiegen, die Absätze brachen nach dem Kontaktverbot aber sofort ein. (s / Foto: imago images / Westend 61)


Im Februar starteten wegen der beginnenden Corrona-Epidemie in Deutschland in den Apotheken die Hamsterkäufe. Besonders gefragt: Desinfektionsmittel und Atemschutzmasken. Einer Mitteilung des Statistischen Bundesamtes (Destatis) zufolge merkt man diese erste Kaufwelle auch in den Umsatzzahlen des Apothekenmarktes. Demnach setzten die Apotheken im Februar dieses Jahres 6 Prozent mehr um als im Februar 2019. Nach dem eingeführten Kontaktverbot brachen die Absätze in den Apotheken aber ein.

Im Januar dieses Jahres wurden hierzulande erstmals „mysteriöse Infektionen in China“ bekannt, an denen insbesondere viele ältere Menschen verstarben. Schon Ende Januar war das neuartige Coronavirus auf der ganzen Welt verteilt, die WHO sprach eine internationale Notlage aus. Zeitgleich meldeten Apotheken erste Ausverkäufe: Aufgrund der Berichte aus China kauften viele Menschen OTC-Präparate und Desinfektionsmittel auf Vorrat, insbesondere Masken waren in den Apotheken schnell vergriffen. Mitte Februar meldeten die Großhändler hierzulande, dass sie keine Atemschutzmasken mehr nachbestellen können.

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Laut Destatis konnte im Februar beobachtet werden, dass im gesamten Einzelhandel die Nachfrage nach bestimmten Gütern des täglichen Bedarfs, dazu zählen auch Waren aus Apotheken, angestiegen ist. In Apotheken stieg der Monatsumsatz demnach (preisbereinigt) um 6,0 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat. Im Durchschnitt der letzten fünf Jahre lag die Veränderungsrate bei 2,6 Prozent. Damit haben die Apotheken laut Destatis im Februar ein ähnliches Umsatz-Plus wie der Einzelhandel insgesamt in diesem Zeitraum (plus 6,4 Prozent) aufweisen können.

Destatis: OTC-Preise in den vergangenen Jahren gestiegen

Destatis teilt zudem mit, dass in den vergangenen Jahren ein Preisanstieg bei Arzneimitteln zu beobachten sei (Rx und OTC). Rezeptfreie Medikamente haben sich demnach im Zeitraum von März 2015 bis März 2020 mit 11,1 Prozent am stärksten verteuert. Die Preise für rezeptpflichtige Medikamente entwickelten sich mit einem Anstieg von 2,7 Prozent in diesem Zeitraum wesentlich schwächer. Die unterschiedliche Preisentwicklung lässt sich laut Destatis damit begründen, „dass Preise für rezeptfreie Medikamente von Apotheken frei kalkuliert werden können, während die Preise für rezeptpflichtige Medikamente und die gesetzliche Zuzahlung, staatlich reguliert sind.“ Allerdings fügt das Bundesamt hinzu, dass sich der Umsatzanstieg infolge der Corona-Pandemie bislang nicht in gleichermaßen gestiegenen Preisen zeige.

Insight Health: Apotheken-Absatz bricht ein nach Kontaktverbot

Was in der Pressemitteilung von Destatis allerdings nicht erwähnt wird, sind die Umsatzeinbrüche in vielen Apotheken im März und im noch laufenden April. Zur Erinnerung: Am 22. März hatten Länder und Bundesregierung ein strenges Kontaktverbot beschlossen. Apotheken gehören zu den wenigen Ladengeschäften, die seitdem noch geöffnet haben dürfen. Trotzdem änderte sich die Kundenfrequenz in den Apotheken, schließlich war das öffentliche Leben nach dem 22. März so gut wie ausgestorben. Einkaufscenter schlossen zumeist komplett, was einige Center-Apotheken ebenfalls zum Schließen brachte.

(Statistik: Insight Health)

Zahlen des Marktforschungsunternehmens Insight Health, die DAZ.online vorliegen, belegen, wie heftig die Umsatzeinbußen in den Apotheken seitdem waren – sowohl im OTC als auch im Rx-Bereich. Insight Health gewinnt seine Daten aus anonymisierten Abverkaufsdaten in Apotheken und erstellt dann Marktstatistiken, etwa das wöchentliche Format „APO weekly“. Demnach folgte in der Kalenderwoche nach dem eingeführten Kontaktverbot (ab dem 23. März) im Rx-Bereich ein Absatzrückgang im Rx-Bereich von Minus 19,5 Prozent. In der Kalenderwoche nach dem 30. März folgte ein weiterer Absatzrückgang um Minus 8,4 Prozent. Und in der Woche nach dem 6. April sanken die Rx-Absätze dann sogar um mehr als 49 Prozent.

Ähnlich verhielten sich die Zahlen im OTC-Bereich. In der ersten Woche mit Kontaktsperre sank der OTC-Absatz laut Insight Health um 23,3 Prozent, In den darauffolgenden Wochen kamen erneute Rückgänge um etwa 20 und 40 Prozent hinzu.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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