Corona-Forschung in Bonn

Rheinland Studie integriert groß angelegten Antikörpertest

Remagen - 23.04.2020, 15:29 Uhr

Im Rahmen der Rheinland Studie soll nun ein groß angelegter Antikörpertest auf das Coronavirus durchgeführt werden. (Symbolfoto: imago images / ZUMA)

Im Rahmen der Rheinland Studie soll nun ein groß angelegter Antikörpertest auf das Coronavirus durchgeführt werden. (Symbolfoto: imago images / ZUMA)


Das Deutschen Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) bittet die rund 5000 Teilnehmende der „Rheinland Studie“ um einen Bluttest. Die Reihenuntersuchung soll zeigen, wie viele Menschen bereits mit dem Coronavirus infiziert waren, ob sie Symptome hatten und wenn ja, welche. Zusammen mit den Daten aus der Rheinland-Studie selbst sollen damit neue Erkenntnisse über die individuelle Anfälligkeit für den Erreger und den Krankheitsverlauf gewonnen werden.

Die „Rheinland Studie“, eine Bevölkerungsstudie im Raum Bonn, hat zunächst mal nichts mit dem Coronavirus zu tun. Sie untersucht, welche Schutz- und Risikofaktoren die Gesundheit von Erwachsenen bis ins hohe Alter beeinflussen. Die Ergebnisse sollen die Basis für Maßnahmen zur Gesundheitsförderung und zur Vorbeugung von Volkskrankheiten wie etwa Alzheimer verbessern. Die Studie wird seit 2016 vom Deutschen Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen e.V. (DZNE) durchgeführt und vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) sowie dem Land NRW gefördert. Inzwischen sind rund 5000 Erwachsene daran beteiligt.

Rheinland Studie als „wahrer Schatz“ für Coronavirusforschung

Nun soll das Blut der Studienteilnehmer auf Antikörper gegen das Coronavirus getestet werden. „Wir gehen davon aus, dass es unter unseren Studienteilnehmern sowohl genesene Coronavirus-Patienten gibt, bei denen die Erkrankung seinerzeit erkannt wurde, als auch eine gewisse Dunkelziffer, die keine Symptome entwickelt hat. Über das Blut können wir herausfinden, ob Antikörper gebildet wurden und eine Infektion vorlag“, erklärt die Leiterin der Rheinland Studie Monique Breteler. „Warum manche Personen gegenüber dem Virus widerstandsfähig sind und andere nicht, ist eine offene Frage. Vorerkrankungen spielen möglicherweise eine Rolle. Im Detail ist das aber weitgehend unklar“, fügt Breteler an. Im Zuge der „Rheinland Studie“ wurden größtenteils bereits Daten über die Gesundheit, den Lebensstil und den Immunstatus der Teilnehmer erhoben. Sie könnten Aufschluss darüber geben, wie sich diverse Gesundheitsfaktoren auf die Ausprägung der Infektion auswirken. Dies könne dazu beitragen, Maßnahmen der Prävention und Therapien zu entwickeln, hofft die DZNE-Wissenschaftlerin. Für Breteler, die die Idee hatte, die bisher gesammelten Daten für die Coronavirus-Forschung einzusetzen, ist die Rheinland Studie „ein wahrer Schatz“ für ein solches Vorhaben.

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Massive Beteiligung nötig

Zu den Bluttests sind alle bisherigen Teilnehmer der Rheinland-Studie eingeladen. Breteler wünscht sich eine „massive Beteiligung“. Sämtliche Blutentnahmen sollen in den nächsten zwei bis drei Wochen durchgeführt werden. Wer den Verdacht hat, akut an COVID-19 erkrankt zu sein, sollte sich nicht anmelden, sondern unbedingt einen Arzt konsultieren. In einem halben Jahr ist eine Folgeuntersuchung geplant, mit der ermittelt werden soll, wie sich die Zahl der Personen mit Antikörpern bis dahin weiterentwickelt hat. 

Wann ist ein Antikörpertest zuverlässig?

Die „Rheinland Studie“ arbeitet bei dem Projekt eng zusammen mit dem Institut für Virologie an der Berliner Charité. Das Labor von Christian Drosten wird die in Bonn gesammelten Blutproben auf spezifische Antikörper gegen das SARS-CoV-2-Virus untersuchen. Vor kurzem hatte Drosten sich zu der sogenannten „Heinsberg-Studie“ des Virologen Hendrik Streeck von der Universität Bonn geäußert, die ebenfalls auf dem Antikörpernachweis für eine überstandene Infektion beruhte.

Die bislang verfügbaren Tests könnten Antikörper gegen das neue Coronavirus nicht sauber von Antikörpern gegen endemische Coronaviren unterscheiden, an denen in der Erkältungssaison viele Menschen erkranken, hatte Drosten in einem Press Briefing des Science Media Centers am 9. April 2020 erklärt.

Er interpretiert eine ELISA-Reaktivität in dem Euroimmuntest, den Streeck verwendet hatte, nur als Reaktivität und nicht als Diagnose. Diagnose im virologischen Labor bedeute, dass man zusätzlich einen Bestätigungstest machen müsse, zum Beispiel den Neutralisationstest.

Erst dann sei man bei geringeren Falsch-Positiv-Raten. Außerdem hätte man in der Studie angeben müssen, wie viele in der Bevölkerung sich denn dort laut PCR-Untersuchung vorher bekanntermaßen infiziert hatten. Auch dazu habe es bei Streecks Pressekonferenz keine Auskunft gegeben. Nähere Einzelheiten zu den methodischen Unwägbarkeiten und einzuhaltenden Prinzipien solcher Studien sind in dem Press Briefing des Science Media Centers nachzulesen.



Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


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