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Bottroper Zyto-Skandal
Insolvenzverwalter klagt mit Millionenforderung gegen Mutter von Peter S.
Der in erster Instanz zu zwölf Jahren Haft verurteilte Zyto-Apotheker Peter S. ist insolvent – rund 120 Millionen Euro Forderungen wurden bislang zur Insolvenztabelle angemeldet. Darunter: Ungefähr 30 Millionen Euro von seiner Mutter. Der Insolvenzverwalter klagt nun gegen diese, um Vermögensübertragungen rückgängig zu machen.
Im Insolvenzverfahren gegen den Bottroper Apotheker Peter S. kamen bislang gut 120 Millionen Euro Forderungen zusammen – inwiefern diese berechtigt sind, ist größtenteils noch offen. Seine Mutter Doris S. macht dabei rund 30 Millionen Euro Ansprüche geltend, wie aus einer Klageschrift gegen sie hervorgeht. Der Insolvenzverwalter Klaus Siemon hat diese beim Landgericht Essen gegen die Apothekerin eingereicht, wie zuerst bei „Zeit Online“ berichtet. Mit der Klage versucht Siemon, Vermögensübertragungen von Peter S. auf seine Mutter rückgängig zu machen – mit einem geschätzten Streitwert von gut 9 Millionen Euro.
Doris S. hatte bis 2009 die frühere „Alte Apotheke“ geführt, nach einer Pacht übertrug sie diese 2012 ihrem Sohn. Kurz nach dessen Verhaftung Ende 2016 ging die Apotheke zurück an die Mutter: Im Übertragungsvertrag war laut Klageschrift geregelt worden, dass Doris S. sie zurückfordern kann, falls Peter S. sie verkaufen will, ohne dass sie ihre Zustimmung gegeben hat. Angeblich habe er konkrete Verkaufsbemühungen entfaltet, heißt es laut einer notariellen Urkunde, die während seiner Haftzeit erstellt wurde. So forderte Doris S. die Apotheke samt des Inventars und Betriebsvermögens zurück, was der Insolvenzverwalter nun anficht. Da die Apothekerin Anfang 2017 auch Rechnungen – beispielsweise von einem Großhändler in Höhe von mehr als zwei Millionen Euro – über Konten ihres Sohnes beglich, fordert Siemon auch diese Gelder zurück.
Die Mutter erwirkte Vollstreckungsbescheide gegen Peter S.
Die Mutter machte nicht nur erhebliche Forderungen gegen ihren Sohn geltend, sie erwirkte auch „ohne jeden Widerstand“ von Peter S. mehrere Vollstreckungsbescheide gegen ihn, heißt es in der Klageschrift. „Aufgrund der Vollstreckungsbescheide gelang es der Beklagten, teilweise noch vor der Staatsanwaltschaft, auf erhebliche Vermögenswerte des Schuldners zuzugreifen.“ Im Besitz der Eltern von Peter S. seien auch wertvolle Kunstwerke etwa des britischen Künstlers Damien Hirst. Der Insolvenzverwalter will mit der Klage „insbesondere die Rückgewähr der so zu Gunsten der Beklagten erfolgten Vermögensabflüsse“ geltend machen.
Auch soll Doris S. der Klageschrift zufolge ihrem Sohn vor rund zehn Jahren über zwei Darlehensverträge zugesichert haben, bei Bedarf jeweils mindestens 2 Millionen Euro zur Verfügung zu stellen. Sie nutzte diese Verträge, um Zwangsvollstreckungsmaßnahmen durchzuführen, als ihr Sohn in Untersuchungshaft saß, heißt es in der Klage. Siemon bestreitet in der Klageschrift einerseits, dass das Darlehen überhaupt ausgezahlt wurden. Andererseits wichen Unterschriften des Apothekers „nicht unerheblich“ voneinander ab, heißt es in der Klageschrift.
Insolvenzverwalter: Geschäftsbetrieb der Apotheke hatte einen Wert von knapp 100 Millionen Euro
Aufgrund einer Rückforderung sei Peter S. schon im Dezember 2016 zahlungsunfähig gewesen, schreibt Siemon. Die Staatsanwaltschaft hatte damals mit rund 2,5 Millionen Euro nur vergleichsweise wenig Vermögen gesichert. Laut dem Insolvenzverwalter hat der Geschäftsbetrieb der Apotheke Anfang 2018 einen Unternehmenswert von knapp 100 Millionen Euro gehabt. Gemindert werden müsse dieser Betrag allerdings aufgrund der strafrechtlichen Vorwürfe gegen den Zyto-Apotheker, „da die generierten Gewinne zu einem nicht unerheblichen Teil aus unrechtmäßig erworbenen Forderungen stammen dürften und der Ruf Schaden genommen haben dürfte“.
Nach Ansicht von Siemon haben Mutter und Sohn „offensichtlich kollusiv zusammengewirkt“: Der Apotheker habe Gläubiger schädigen wollen und die Mutter habe hiervon gewusst, sodass sie nun das Vermögen zurückgewähren müsse.
Doris S. habe die Anfechtung ihm gegenüber zurückgewiesen, erklärt der Insolvenzverwalter in seiner Klageschrift. Ihr Anwalt ließ Fragen unbeantwortet – ein Anwalt ihres Sohnes erklärte, ihm seien der Inhalt der Klageschrift und die Vorwürfe nicht bekannt.
Staatsanwaltschaft prüft Anfangsverdacht
Im Zuge der Klageschrift des Insolvenzverwalters hat die Staatsanwaltschaft Essen laut deren Pressesprecherin nun einen Vorgang angelegt. „Um zu prüfen, ob ein Anfangsverdacht hinsichtlich einer Straftat bei der Rückübertragung der ‚Alten Apotheke‘ vorliegt“, erklärt sie gegenüber DAZ.online.
Nachdem der Bundesgerichtshof im April Revisionen von 21 Nebenklägern verworfen hatte, standen zuletzt noch Entscheidungen zu Revisionsanträgen der Verteidiger von Peter S. sowie von zwei Nebenklägern aus. Mehrere Zivilprozesse ruhen derzeit aufgrund des eingeleiteten Insolvenzverfahrens. Ob die Insolvenzmasse am Ende ausreicht, um zumindest einen Teil der angemeldeten Ansprüche möglicher Opfer von Peter S. auszugleichen, dürfte zu einem erheblichen Teil auch vom Ausgang der Klage des Insolvenzverwalters abhängen.
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