Wann Naproxen wieder lieferbar ist

Naproxen: Was steckt hinter dem Lieferengpass?

Stuttgart - 11.06.2020, 12:00 Uhr

Apotheken geht Dolormin für Frauen und Dolormin GS mit dem Wirkstoff Naproxen aus. Auch das OTC-Naproxen anderer Hersteller scheint wie „ausverkauft“. (x / Foto: Schelbert)

Apotheken geht Dolormin für Frauen und Dolormin GS mit dem Wirkstoff Naproxen aus. Auch das OTC-Naproxen anderer Hersteller scheint wie „ausverkauft“. (x / Foto: Schelbert)


Naproxen wird sicherlich nicht so häufig in Apotheken abgegeben wie Ibuprofen. Doch die Kunden, die nach dem Schmerzmittel fragen, möchten oft kein anderes einnehmen. Leider werden etwa Kundinnen, die Naproxen gegen Regelschmerzen einnehmen, aktuell enttäuscht. Die OTC-Präparate scheinen so gut wie ausverkauft zu sein. Warum? DAZ.online hat sich auf Spurensuche begeben.

„Was ist los mit Dolormin?“, das fragte sich bereits im Dezember 2019 Apotheker Maximilian Wilke und Gründer von „whatsinmymeds“, eine Datenbank, die dabei helfen soll, Arzneimittel entsprechend ihrer Hilfsstoffe auszusuchen. Auch wenn es in dem Blog-Beitrag zunächst vor allem um die (vergangenen) Lieferschwierigkeiten von Ibuprofen geht, weiter unten sind auch Naproxen in Dolormin für Frauen und Dolormin GS ein Thema. 

In einem Update vom Mai 2020 heißt es zu Dolormin: „Anfang des Jahres waren kurzfristig einige Packungen am Markt erhältlich, da haben wir uns in der Apotheke eingedeckt. Mittlerweile ist aber auch dieser Nachschub wieder versiegt, die Händler haben keine Dolormin-Ware mehr. Konkrete Termine für neue Lieferungen nennen uns weder Händler noch Hersteller. Es gibt aber Gerüchte, dass Dolormin sogar bis Ende des Jahres nicht lieferbar sein könnte.“

Mittlerweile seien auch Dolormin GS und Dolormin für Frauen – mit Naproxen statt Ibuprofen – nicht mehr erhältlich. Hintergrund sei die Schließung eines Produktionsstandorts in China, der bereits 2019 erfolgte. Der Hersteller Johnson & Johnson ist laut Wilke offenbar auf der Suche nach neuen Produktionsstandorten. Bis diese gefunden sind, sei die Herstellung erst einmal eingestellt.

Dieser Blog-Eintrag lässt DAZ.online aufhorchen, denn auch den in der Redaktion tätigen Apothekerinnen ist der Naproxen-Mangel in den Apotheken aufgefallen. Da eine kurze Online-Recherche nur auf Naproxen-Engpässe in Großbritannien im Januar 2019 hinwies, hat sich DAZ.online mit Anfragen selbst an die Hersteller gewandt. Diese gaben aber abweichende Auskünfte im Vergleich zu Wilkes Blogeintrag.

Hilfsstoff, Wirkstoff oder Verpackung – was fehlt?

So schrieb das Pressebüro Johnson & Johnson an DAZ.online: „Leider ist Dolormin für Frauen / Dolormin GS bis auf weiteres nicht lieferbar. Dies ist auf den Lieferengpass eines Inhaltsstoffs zurückzuführen, der für die Herstellung unserer Produkte verwendet wird. Wir arbeiten intensiv daran, den Lieferengpass zu beheben.“ Weil Johnson & Johnson nicht auf alle gestellten Fragen geantwortet hat – Gründe und Ende des Engpasses sowie warum vor allem OTC-Präparate betroffen sind –, hakte DAZ.online nochmals nach: Was steck hinter dem „Lieferengpass eines Inhaltsstoffes“? Fehlt es gar nicht am Wirkstoff sondern an einem Hilfsstoff? Die Quintessenz der nächsten Antwort – keine Antwort. Man könne lediglich bestätigen, dass der Engpass nichts mit der Coronakrise zu tun hat.

Liefertermine schwanken: Juni, Juli oder August?

Bei der Sandoz-Pressestelle für Hexal und 1A-Pharma war man schließlich etwas auskunftsfreudiger, die große Erkenntnis brachte die Antwort aber auch nicht: „Bei Naproxen 500 mg HEXAL N2 (50 Stück) sind wir leider bis voraussichtlich Ende Juni nicht lieferfähig“, hieß es. „Alle Packungsgrößen von Naproxen 250 mg HEXAL Tabletten sowie Naproxen – 1 A Pharma 250 mg bei Regelschmerzen sind leider derzeit nicht lieferbar und ab voraussichtlich Mitte/Ende Juli wieder verfügbar.“ Hintergrund seien „Kapazitätsengpässe“.

Auch hier hakte DAZ.online nochmals nach: Kapazitätsengpässe? Etwa bei einem Hilfsstoff? Nein: „Es handelt sich bei uns um einen Kapazitätsengpass in der Verpackung in unserem Werk in Barleben“, so die Antwort der Sandoz-Pressestelle.

Nächster Versuch: Wie steht es um Naproxen von Ratiopharm? Bei der Teva-Pressestelle heißt es, dass man nach aktuellem Stand mit Naproxen OTC voraussichtlich im August wieder lieferfähig sei. Auch hier wurden beim ersten Versuch nicht alle Fragen beantwortet, im zweiten Versuch hieß es: „Bei uns handelt es sich um einen Wirkstoff-Engpass.“

Und verschreibungspflichtiges Naproxen?

Warum so geheimnisvoll? Und wo liegt nun die Wurzel des Problems? Wilke meint in seinem Blogeintrag – auf den DAZ.online erst nach seinen Anfragen bei den Pressestellen stieß – zumindest eine gute Nachricht zu haben: „Verschreibungspflichtige Naproxen-Präparate sind trotz des Naproxen-Engpasses weiterhin gut verfügbar. Denn auf Rezept wird Naproxen relativ selten verordnet, deshalb ist die Nachfrage nach diesen Produkten relativ gering und die Lager bei den Händlern noch voll.“ DAZ.online hatte man auf die Frage, warum es bei der Lieferfähigkeit einen Unterschied zwischen OTC und verschreibungspflichtigen Präparaten gibt, nicht geantwortet. Wilke meint, dass auch bei diesen Präparten es mittelfristig Probleme geben wird, „denn die Produktion hakt auch hier…“.



Diana Moll, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (dm)
redaktion@daz.online


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2 Kommentare

Naproxenengpass

von Silke am 16.06.2020 um 11:31 Uhr

Danke, dass ihr nachgefragt habt. Es scheint ja sonst niemanden zu interessieren, obwohl es doch viele Konsumentinnen gibt. Ich bin sehr auf das Medikament angewiesen und habe nur noch Vorrat für den nächsten Monat. Werde wohl damnächst mal nach Tschechien fahren müssen, weil es das Medikament dort angeblich noch gibt.

Was mich aber skeptisch macht: Warum widersprechen sich die Hersteller so?

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Naproxenengpass

von Gregor uesmann am 11.06.2020 um 18:24 Uhr

Warum lassen wir uns so verarschen? Mal kein Wirkstoff, mal die Verpackung. Wir werden doch nach Strich und Faden belogen. So geht es doch bei allen "Nichtlieferfähigkeiten". Wir als DIE Arzneimittelfachleute werden nicht über die Hintergründe informiert und lassen uns das gefallen. Wir müssen an die Öffentlkichkeit und berichten wie wir belogen werden. Wir müssaen die Firmen im HV boykottieren (böses Wort), Die Krankenkassen müssen den Firmen die Rabattverträge entziehen. Hat das die ABDA schon mal gefordert? Mir reicht es. Was sagen denn eigentlich unsere Kolleginnen und Kollegen in der Pharmaindustrie? Die sind doch letztendlich verantwortlich als Herstellungsleiter. Sendepause!

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